Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 10 Apr 2008

Kassel (medio). Mehr Glaubwürdigkeit in der Politik und eine besondere Verantwortung der Eliten im Umgang mit Macht und Geld hat der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Dr. Martin Hein, im «Bischofschat» auf dem landeskirchlichen Internetserver www.ekkw.de angemahnt. Gegenüber mehr als 50 Chattern plädierte der Bischof am Donnerstagabend so zu leben, dass Reden und Tun übereinstimmen: «Ich muss mich auf andere verlassen können. Das halte ich für einen ungemein hohen Wert im Leben», sagte der Bischof.

Bischof Hein hatte unter dem Motto «Ethik am Ende - Wer rettet die Moral?» zu der Diskussion eingeladen und beantwortete die Fragen der Chatter im Sekundentakt: «Was sagen Sie zu einem möglichen Boykott der olympischen Spiele in China? Wie sehen Sie die politische Lage in Hessen nach der Wahl?» wollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wissen und der Bischof antwortete ganz offen: «Ich kann verstehen, das manche einen Boykott der Spiele fordern. Aber alle wussten doch vorher, dass China kein demokratisches Land ist. Trotzdem wollen viele weiter dort Geschäfte machen. Das nenne ich Doppelmoral!» Er empfahl statt eines Boykotts öffentliche Kritik und Formen des Protests, wie zum Beispiel das Fernbleiben bei der Eröffnungsfeier.

Glaubwürdigkeitsdefizit nach der Wahl in Hessen

In Hessen beklagte Hein ein Glaubwürdigkeitsdefizit nach der Wahl: «Wir sollten uns auf das verlassen können, was vor der Wahl versprochen wurde. Inzwischen muss man damit rechnen, dass hinterher alles anders ist. Das trägt nicht zur Glaubwürdigkeit bei und betrifft nicht nur die SPD...», sagte Bischof Hein im Chat. Die Leute hätten das permanente Taktieren satt. Die beiden letzten Monate in Hessen hätten der Politik insgesamt sehr geschadet. Sein Rat an die Politiker in Hessen: «Ehrlich miteinander umgehen!»

Scharfe Kritik an Steuerhinterziehung - Suche nach glaubwürdigen Vorbildern

Breiten Raum nahm im Chat auch die Diskussion um Steuerhinterziehung und Vorbilder ein. Scharfe Kritik übte der Bischof an Bürgern, die auf der einen Seite die Vorteile Deutschlands ausnutzten aber mit dem eigenen Geld aus der Solidargemeinschaft ausscherten. «Die Segnungen dieses Staates nutzen, aber sich persönlich nicht daran beteiligen zu wollen, etwa durch Steuerhinterziehung, ist unmoralisch», so Hein.

Allgemein bedauert wurde im Chat, dass es immer weniger Vorbilder gebe. Viele Teilnehmer nannten dann aber doch ihre persönlichen Vorbilder für ihren Glauben und Ihre moralischen Grundsätze. Ob Oma, Pfarrer oder Lehrer - zum Schluss des Chats erzählten die Teilnehmer offen über ihre persönlichen Vorbilder. Und auch der Bischof bekannte: «Von meinen Eltern habe ich Verlässlichkeit gelernt und den sorgfältigen Umgang mit dem, was wir haben.» (10.04.2008)