Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 12 Okt 2017

Schmalkalden/Marburg (medio). Mit zwei großen Festgottesdiensten in Marburg und in Schmalkalden feierte die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck den 500. Reformationstag.

Am 29. Oktober (Sonntag) beging die  Landeskirche mit der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) einen zentralen evangelischen Gottesdienst für das Bundesland Hessen in der Marburger Elisabethkirche (siehe Bericht weiter unten). Am Reformationstag selbst (31.10.) wurde der zentrale ökumenische Festgottesdienst für den Freistaat Thüringen in der Stadtkirche St. Georg in Schmalkalden gefeiert.

Am 31. Oktober in Schmalkalden
Ökumenischer Gottesdienst am Reformationstag

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Am Reformationstag (31.10.) stand ganz Schmalkalden im Zeichen des Reformationsjubiläums. In der thüringischen Stadt, die zur Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck gehört, bot der «Thüringer Reformationstag 2017» ein vielfältiges Programm, in dessen Mittelpunkt der ökumenische Festgottesdienst mit Bischof Dr. Martin Hein (Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck) und Bischof Dr. Ulrich Neymeyr (Bistum Erfurt) stand.

Bischof Neymeyr: Gemeinsamer Gottesdienst «Frucht eines ökumenischen Dialogs»

In seiner geistlichen Einführung machte Bischof Dr. Ulrich Neymeyr (Bistum Erfurt) deutlich, dass es etwas Besonderes sei, dass er als katholischer Bischof in einem Gottesdienst zum Reformationsjubiläum spreche. Dies sei «die Frucht eines jahrzehntelangen, intensiven und vertrauensvollen ökumenischen Dialogs». Dieser Dialog habe dazu geführt, dass man sich auf die Aufgaben besinne, die sich beiden Konfessionen heute gemeinsam stellten: «Das Evangelium zu verkünden, den Menschen die Heilige Schrift als Buch des Lebens deutlich zu erschließen, an die Verantwortung aller Christinnen und Christen für den nahen und fernen Nächsten zu erinnern, das gemeinsame Zeugnis der Kirchen im politischen Gemeinwesen zu stärken und in allem den dreieinigen Gott als Quelle und Ziel allen Lebens zu loben.» So könne man heute das Reformationsjahr in Deutschland und Thüringen als gemeinsames Christusfest begehen, so Neymeyr.


Bischof Hein: Einigkeit über den Kern des Glaubens

In seiner Predigt erinnerte Bischof Prof. Dr. Martin Hein (EKKW) an die 95 Thesen, die Luther auf den Tag genau vor 500 Jahren veröffentlicht hatte. Sie gingen u. a. der Frage nach: «Wie kriege ich einen gnädigen Gott?» Die Antwort, die Luther darauf gab, sei genauso einfach wie revolutionär gewesen: Der Mensch könne nichts tun, um Gott gnädig zu stimmen, und er müsse es auch nicht. Das Evangelium befreie den Menschen vom Zwang der frommen Leistungen, weil es auf Jesus Christus verweise und auf die Erlösung, die den Menschen durch ihn geschenkt sei. Dieser reformatorische Gedanke habe ein «ausgeklügeltes religiöses System» ins Wanken gebracht und in der Folgezeit seien zwei unterschiedliche, sich befehdende Kirchen entstanden. Hein stellte fest: «Es hat viele Jahrhunderte gebraucht, um die Gräben, die damals aufgerissen wurden, zu überwinden!»

 

Heute lebten allerdings evangelische und katholische Christen in «einem Zeitalter der Ökumene», denn sie hätten erkannt, dass «wir uns im Kern dessen, was unseren Glauben ausmacht, einig sind». Der Bischof räumte ein, dass es noch offen sei, wie eine versöhnten Einheit bei unterschiedlicher Gestalt aussehen könne. Aber man arbeite daran: «Was uns trennt, muss überwunden werden. Was uns unterscheidet, macht uns zu dem, was wir sind. Am stärksten aber ist, was wir gemeinsam haben: den Glauben an Jesus Christus.» Der Bischof betonte, dass nicht nur die Einsicht in das gemeinsame Erbe der Reformation die beiden Konfessionen einander näher gebracht habe: «Es sind die vielen Erfahrungen, die unsere Gemeinden und die Menschen, die in ihnen leben, miteinander machen. Ökumene muss nicht erst verordnet werden, was auch gar nicht geht: sie wird wie selbstverständlich gelebt!»


Viele Beteiligte am Gottesdienst

Zum Gelingen des Gottesdienstes trugen viele Beteiligte bei: Pröpstin Kristina Kühnbaum-Schmidt (Evangelische Kirche in Mitteldeutschland), Dechant Bernhard Bock (Bad Salzungen), Dekan Ralf Gebauer (Kirchenkreis Schmalkalden), Dr. Anne Rademacher (Seelsorgeamt im Bistum Erfurt), Pfarrer Wolfgang Kallies (Referent Catholica der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck) sowie Vertreter der katholischen und evangelischen Kirchengemeinde Schmalkalden. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst durch den Bezirksposaunenchor unter der Leitung von Kantorin Dorothea Krüger und durch Bezirkskantor Andreas Conrad an der Orgel.

Begegnung mit Ministerpräsident und Bischöfen auf dem Altmarkt

Im Anschluss an den ökumenischen Gottesdienst baten die Thüringer Staatskanzlei, die Stadt Schmalkalden und der Kirchenkreis gemeinsam auf den Altmarkt. Ministerpräsident Ramelow, Bischof Hein und Bischof Neymeyr stellten sich in einem Talk der Frage: «Wo stehen wir heute, am Ende des Reformationsjubiläums?» Dabei wurde das heutige Verhältnis zwischen Staat und Kirche in den Blick genommen. Die Frage nach den ökumenischen Schritten, die zu gehen seien, wurde aufgeworfen. Auch persönliche Erfahrungen mit der Person Martin Luthers und dem Glauben in schwieriger Zeit wurden laut. Bereits vor dem Gottesdienst trugen sich u.a. Ministerpräsident Ramelow, Bischof Hein und Bischof Neymeyr in das Goldene Buch der Stadt Schmalkalden ein.

Impressionen finden Sie in unseren Fotogalerien:

Ökumenischer Gottesdienst in der Stastkriche St. Georg

 

Fest zum Reformationstag in Schmalkalden

 

Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Schmalkalden

 

Am 29. Oktober in Marburg
TV-Gottesdienst «Reformation. Macht stark.»

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Die Aufzeichnung des Gottesdienstes in der Elisabethkirche in Marburg ist in der Mediathek des Hessischen Rundfunks abrufbar.

«Reformation. Macht stark» – unter diesem Motto haben am Sonntagnachmittag (29.10.) die beiden evangelischen Kirchen in Hessen den zentralen Festgottesdienst zum Reformationsjubiläum in der Elisabethkirche in Marburg für das Bundesland begangen. In dem Gottesdienst, der im hr-Fernsehen live ausgestrahlt wurde, predigten Bischof Prof. Dr. Martin Hein und Kirchenpräsident Dr. Volker Jung (EKHN).

Bischof Hein: Glaube ist ein Fundament, aber er macht nicht fundamentalistisch

In seiner Predigt warf Bischof Hein seinen Blick zurück auf die Zeit der Reformation und das Handeln der historischen Akteure Landgraf Philipp und Martin Luther. Auffallend bei Philipp seien für den Bischof seine Überzeugungskraft, sein Durchsetzungsvermögen und sein Selbstbewusstsein gewesen. Doch was habe ihn und auch Luther stark gemacht? Heins Antwort: Ein Selbstbewusstsein, das aus einem tiefen Glauben lebte: «Es war ein Selbstbewusstsein aus Gottvertrauen.» Beide wussten sich von Gott mit all ihren Irrtümern und Brüchen, mit ihrer Schuld angenommen und geliebt. Diese in der Reformation gewonnene Erkenntnis befreite die Menschen von einengenden Traditionen und kirchlichen Konventionen: «Der Glaube überwindet die Angst. Er schenkt Vertrauen und Mut.»

Auch heute noch verleihe der Glaube Menschen eine innere Stärke: «Deshalb sind wir Persönlichkeiten, die für das einstehen, wovon wir überzeugt sind – Menschen, die Gott vertrauen, von seiner Liebe erzählen, nach seinem Willen fragen und so ihr Leben gestalten.» Dazu gehöre es auch, «nicht mit Gewalt, sondern durch das Wort» überzeugen zu wollen und sich für Meinungsfreiheit und einen Dialog der Religionen einzusetzen: «Der Glaube ist ein Fundament, aber er macht nicht fundamentalistisch.» 

Kirchenpräsident Jung: Wir brauchen immer wieder Reformation, die stark macht

Nach Worten des Kirchenpräsidenten der EKHN, Volker Jung, hat sich Martin Luther den mächtigsten Institutionen seiner Zeit entgegengestellt und so nicht nur reformatorisch, sondern auch «revolutionär» gehandelt. Gleichzeitig seien ihm immer auch die menschlichen Grenzen bewusst gewesen. Luther habe Gott stets um Stärke und Kraft gebeten. «Wirklich stark werden wir als Menschen, wenn wir auch unsere Grenzen erkennen», folgerte Jung. Menschen blieben dabei auf die Barmherzigkeit Gottes angewiesen und lernten dadurch auch, andere barmherzig zu behandeln.

Christinnen und Christen könnten deshalb nicht schweigen, wenn Menschen «verachtet, erniedrigt, diskriminiert» würden oder Hass auf Fremde geschürt werde. Eine der zentralen Grundfragen bliebe bis heute, was getan werden müsse, damit möglichst viele Menschen ein gutes Leben haben. Jung: «In diesem Sinn brauchen wir immer wieder Reformation – Reformation, die stark macht!»

«Landgraf Philipp» und weitere Beteiligte am Gottesdienst

Zum Gelingen des Gottesdienstes trugen zahlreiche Beteiligte bei: Der Schauspieler Stefan Piskorz verkörperte Landgraf Philipp; liturgisch in den Gottesdienst eingebunden waren u.a. die beiden hessischen Reformationsbotschafter der Evangelischen Kirche in Deutschland, Anke Sevenich und Christopher Posch. Durch die Liturgie führte Pfarrerin Dr. Anna-Karena Müller aus Marburg.

Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von Mitgliedern der kurhessischen Kantorei und des Kinderchors der Elisabethkirche, einer Instrumentalcombo, Matthias Siegel, Jazzposaune und Nils Kuppe an der Orgel. Die musikalische Gesamtleitung lag bei Landeskirchenmusikdirektor Uwe Maibaum.

Im Anschluss an den Festgottesdienst fand in der Alten Universität in Marburg ein Empfang statt. In einer Talkrunde stellte sich neben  Kirchenvertretern auch politischen Repräsentanten den Fragen des früheren ARD-Börsenexperten Frank Lehmann. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen ein Rückblick auf das große Festjahr sowie die Perspektiven, die sich aus dem Reformationsjubiläum ergeben.

Impressionen finden Sie in unseren Fotogalerien:

TV-Gottesdienst in der Marburger Elisabethkirche

 

Empfang der Landeskirchen in der Alten Universität Marburg

 

TV-Gottesdienst: Hinter den Kulissen

 

Stichwort: Reformationstag und ökumenische Gottesdienste

Vor 500 Jahren, am 31. Oktober 1517, veröffentlichte Martin Luther (1483-1546) in Wittenberg seine 95 Thesen gegen die kirchlichen Missstände seiner Zeit. Ob er sie tatsächlich an die Tür der Wittenberger Schlosskirche schlug, ist historisch nicht gesichert. Das Datum gilt als Beginn der Reformation, die weitreichende religiöse, politische, gesellschaftliche und kulturelle Folgen hatte. Der Reformationstag ist im Jubiläumsjahr bundesweit ein Feiertag.

Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck hatte sich im Jubiläumsjahr 2017 zum Ziel gesetzt, mit allen katholischen Bistümern ökumenische Gottesdienste zu feiern, mit denen die Landeskirche Gebiete teilt. Nach Gottesdiensten mit den Bistümern Paderborn und Fulda schließt der ökumenische Gottesdienst am Reformationstag in Schmalkalden den Kreis. (25.10.2017)

Fotos aus Schmalkalden:

Hier finden Sie Foto-Impressionen vom ökumenischen Gottesdienst und Reformationsfest in Schmalkalden:

Fotos aus Marburg:

Hier finden Sie Foto-Impressionen vom TV-Gottesdienst und vom Empfang der Landeskrichen in Marburg:

TV-Tipp:

In der HR-Sendung «Engel fragt» ging es am Reformationstag um das Thema «500 Jahre Reformation – Was bleibt vom Lutherjahr?». Dazu befragte Moderator Philipp Engel Bischof Martin Hein und Kirchenpräsident Volker Jung von der EKHN:

Anschauen...

Zum Reformationsfest:

Grüße zum Reformationsfest von Bischof Georg Bätzing vom Bistum Limburg:

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Zum Reformationsfest:

Grüße zum Reformationsfest von Ilana Katz, Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Kassel:

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Zum Reformationsfest:

Grüße zum Reformationsfest von Bilal Farouk El-Zayat, Vorsitzender der islamischen Gemeinde in Marburg:

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Umfrage:

In unserer aktuellen Umfrage «Trend in Prozent» fragen wir Sie: Wie haben Sie den Reformationstag verbracht, der in diesem Jahr bundesweit gesetzlicher Feiertag war?

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