In einer adventlichen Andacht übergibt Landespolizeipfarrer Kurt Grützner (r.) den Staffelstab an seinen Amtsnachfolger Ulrich Briesewitz. (Video: Medienhaus der EKKW)
Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 30 Nov 2020

Kassel (medio/epd). Nach über drei Jahrzehnten als Polizeiseelsorger tritt Kurt Grützner (65) am 1. Dezember in den Ruhestand. Grützner ist der erste hauptamtliche Polizeipfarrer der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) gewesen, teilte die Landeskirche mit. Sein Nachfolger wird Ulrich Briesewitz (51), der zuletzt Landkreisbeauftragter für Polizei- und Notfallseelsorge im Main-Kinzig-Kreis war.

Grützner hat die Polizeiseelsorge maßgeblich geprägt und bereichert, würdigte Bischöfin Beate Hofmann die Arbeit des Geistlichen. Grützner hatte ab 1975 Theologie in Bethel, Göttingen und Marburg studiert. 1983 startete er sein Vikariat, gefolgt von einer Pfarrstelle in Spangenberg. 1987 trat er eine halbe Pfarrstelle in Schauenburg-Hoof an, mit der anderen Hälfte wurde er Polizeipfarrer. 1994 wurde daraus eine hauptamtliche Pfarrstelle für Polizeiseelsorge, 2006 erfolgte Grützners Ernennung zum Landespolizeipfarrer. In dieser Tätigkeit lehrte er auch der an der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung das Fach Berufsethik.

In den 30 Jahren hat Kurt Grützner viele Polizeieinsätze begleitet, ungezählte seelsorgliche Gespräche geführt und geholfen, Erlebtes zu verarbeiten und hob die Fähigkeit, hilfreiche Gespräche führen zu können und das Beichtgeheimnis als besondere Eigenschaften für einen Polizeipfarrer hervor. Jede Form von seelsorglicher Zuwendung sei auch eine ethische Reflexion der eigenen Tätigkeit, so Pfarrer Grützner. 

Eine Begebenheit sei ihm in seinem Dienst in besonderer Erinnerung geblieben: Bei einer Festnahme durch Zivilbeamte war ein Täter zu Boden gebracht worden, schildert Grützner. «Die Beamten halfen ihm, wieder aufzustehen. Und einer der Polizisten setzte dem Täter seine Brille wieder auf die Nase“ – eine Geste, die ihn sehr beeindruckt habe. Polizistinnen und Polizisten, davon ist Grützner überzeugt, «brauchen ein gerütteltes Maß an Menschenfreundlichkeit».

Kurt Grützner (l.) übergibt das Amt des Polizeipfarrers an Ulrich Briesewitz (Fotos: medio.tv/Schauderna und privat)

Kurt Grützner (l.) übergibt das Amt des Polizeipfarrers an Ulrich Briesewitz (Fotos: medio.tv/Schauderna und privat)

Nachfolger wird langjähriger Polizei- und Notfallseelsorge Ulrich Briesewitz

Für Grützners Nachfolger ist diese Aufgabe kein unbekanntes Terrain: Ulrich Briesewitz war zuletzt Landkreisbeauftragter für Polizei- und Notfallseelsorge im Main-Kinzig-Kreis. Zudem leitete er dort ein Pilotprojekt zur Ausbildung von Ehrenamtlichen in der Notfallseelsorge. Fast zwanzig Jahre war der gebürtige Offenbacher, der in Frankfurt und Bochum Theologie studierte und sein Vikariat in der Kasseler Südstadt absolvierte, Gemeindepfarrer im Kirchenkreis Gelnhausen und hat dort auch die Notfallseelsorge koordiniert. Er freue sich, den Themenbereich Polizeiseelsorge weiter begleiten zu können, sagte Briesewitz – und darauf, in einem Feld zu arbeiten, «wo Kirche und Gesellschaft ganz besondere Schnittmengen bilden». 
 
Zunächst wird der 51-Jährige laut Mitteilung der Landeskirche zwischen dem Dienstort Kassel und seiner Familie – seine Frau ist Pfarrerin in Hasselroth-Niedermittlau – im südhessischen Freigericht pendeln. Wie sein Vorgänger wird Briesewitz unterrichten und Fortbildungen leiten, Polizistinnen und Polizisten im Dienst begleiten, Hilfe nach belastenden Einsätzen anbieten und zu Gottesdiensten einladen. Einen seiner schwersten Einsätze hatte der künftige Landespolizeipfarrer im Februar dieses Jahres: Als bei dem Anschlag in Hanau zehn Menschen ermordet wurde, war er in der Nacht als koordinierender Notfallseelsorger im Einsatz und leistete «Erste Hilfe für die Seele». 

Stichwort:  Polizei- und Notfallseelsorge

Die Polizei- und Notfallseelsorge orientiert sich mit ihrem Angebot an der staatlichen Struktur. Pro Landkreis gibt es einen beauftragten Pfarrer für Polizei- und Notfallseelsorge. Den Beauftragten zur Seite steht jeweils ein Polizeibeamter, der die entsprechende Polizeidirektion im Polizeiseelsorgebeirat vertritt. Die EKKW ist in 14 Kirchenkreise gegliedert und berührt damit acht Landkreise in Hessen und einen in Thüringen. (01.12.2020)