Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 01 Dez 2016

Wiesbaden (epd). Bischöfe der christlichen Kirchen haben zum 70-jährigen Bestehen des Landes Hessen für ein angemessenes Verhältnis von Staat und Religion im Umgang miteinander plädiert. Bei einem Ökumenischen Gottesdienst in der Wiesbadener Marktkirche aus Anlass des Landesgeburtstags äußerten sich am Donnerstag (1.12.) sowohl der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, als auch der katholische Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen zu diesem Thema.

An dem Gottesdienst unmittelbar vor dem offiziellen Festakt zur Gründung des Landes Hessen vor 70 Jahren nahmen auch Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und weitere Kabinettsmitglieder sowie Landtagspräsident Norbert Kartmann (CDU) und Abgeordnete der Parlamentsfraktionen teil.

Bischof Hein stellte seiner Predigt den Ausspruch von Jesus Christus vor den Pharisäern aus dem Markus-Evangelium voran: «Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.» Geblieben sei aus der Zeit des Herodes vor 2000 Jahren neben den Steuern auch die Frage, wie Staat und Religion zueinander stehen. Der evangelische Geistliche verwies auf die Bestimmung in der vor 70 Jahren bei einer Volksabstimmung gebilligten hessischen Verfassung: «Die Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften haben sich, wie der Staat, jeder Einmischung in die Angelegenheiten des anderen Teils zu enthalten.» Wie den Verfassungsvätern beim demokratischen Neuanfang nach der nationalsozialistischen Diktatur sei es auch Jesus unter der Okkupation der Römer darum gegangen, «der Verwechslung und Vermischung von Staat und Religion zu wehren».

«Er verkündigte nicht den Gottesstaat», sagte Hein. Staatliche Ordnung sei nicht dazu da, sich um das Heil zu kümmern. Sonst werde sie totalitär, wie gerade die deutsche Geschichte zeige. Die Kirchen betrachteten die ihnen von der demokratischen Verfassung geschenkte Freiheit als «Verpflichtung, unseren Beitrag für die Gestaltung unseres Gemeinwesens zu leisten». Hein erinnerte an Diakonie und Caritas, kirchliche Kindertageseinrichtungen, Jugend- und Seniorenarbeit sowie das hohe Engagement bei der Aufnahme geflüchteter Menschen. Dass die Kirchen manchmal auch Kritik übten, führte Hein auf ihre «Leidenschaft für unser Bundesland» zurück.

Der Fuldaer Bischof Algermissen zeigte sich dankbar für vieles in den letzten sieben Jahrzehnten Erreichte, vor allem für 70 Jahre ohne Krieg. Die christliche Botschaft der Hoffnung treffe aber auf eine Gesellschaft und Menschen, die ihrerseits belastet, irritiert, suchend und fragend oder auch kategorisch jedweder Botschaft ablehnend gegenüberstünden. «Angst aber bedeutet Sinnverlust», warnte der katholische Geistliche.

«Dieser Befund macht mich unruhig und offenbart, dass unser Land Hessen sein achtes Jahrzehnt in turbulenten Zeiten beginnt», fuhr Algermissen fort. Daraus erwachse für die Christinnen und Christen die Verpflichtung, Zeugen für eine lebensbestimmende Hoffnung zu sein, die weder Illusion noch billige Vertröstung sei.

Der Bischof sagte, der Glaube an Jesus Christus und sein Evangelium mit politischen Konsequenzen habe die Wertewelt dieses Landes geprägt. Bei allem Streit, in Krisen und Konflikten sei die Hoffnung auf Versöhnung und Vergebung nie aufgegeben worden. An den Christen sei es, begründete Hoffnung auf Zukunft zu geben. «Ohne sie ginge es uns wie einer Lunge ohne Sauerstoff», fügte Algermissen hinzu. (01.12.2016)

Im Wortlaut:

Lesen Sie hier die Predigt von Bischof Martin Hein im Festgottesdienst im Wortlaut:

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Nachgefragt:

Bischof Martin Hein im medio-Interview darüber, warum dieses Jubiläum für ihn wichtig ist und was ihn ganz persönlich mit Hessen verbindet: