Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 11 Apr 2008

Berlin/Kassel (medio). Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, hat die Entscheidung des Deutschen Bundestages, die Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen zu erleichtern, mit Bedauern zur Kenntnis genommen. «Ich bedauere diese Entscheidung, aber ich muss Sie als Demokrat akzeptieren», sagte Hein gegenüber der landeskirchlichen Medienagentur «medio!» in Kassel unmittelbar nach der Entscheidung am Freitag (11.4.).
Im Bundestag hatte zuvor eine Mehrheit der Abgeordneten für eine einmalige Verschiebung des Stichtags für zur Forschung freigegebene Stammzellen auf den 1. Mai 2007 votiert. Das Ergebnis sei für die Befürworter der Stichtagsverlagerung kein Sieg «auf der ganzen Linie», erklärte Hein, da immerhin zwei Fünftel der Abgeordneten es bei der bisherigen Regelung belassen wollten. Dennoch befürchtet der Bischof mit der Entscheidung für die Stichtagsverlagerung einen Dammbruch.

Lesen Sie hier das Interview im Wortlaut:

medio: Herr Bischof, Sie waren gegen eine Verschiebung des Stichtages, jetzt hat der Bundestag anders entschieden. Was sagen Sie zu dieser Entscheidung?

Bischof Hein: Ich bedauere diese Entscheidung, aber ich muss Sie als Demokrat akzeptieren. Es hat eine lange Vordiskussion gegeben, die Argumente sind allgemein ausgetauscht worden. Der Vorschlag, es bei der bisherigen Regelung zu belassen, hat leider keine Mehrheit gefunden. Aber immerhin haben doch etwa zwei Fünftel aller Bundestagsabgeordneten diesem Antrag zugestimmt. Das Ergebnis jetzt ist also kein Sieg auf der ganzen Linie.

medio: Werfen wir einen Blick in die Zukunft. Welche Gefahren sehen Sie jetzt? Was ist Ihre größte Befürchtung?

Bischof Hein: Meine Befürchtung ist, dass in fünf Jahren erneut um die Verlagerung des Stichtages gekämpft wird, und dass sich die Argumente erneut wiederholen werden. Ich betrachte diese Entscheidung als einen Dammbruch.

medio: Auch in der evangelischen Kirche wurde kontrovers über eine Verlängerung des Stichtages diskutiert. Wie geht die Kirche jetzt mit dieser Entscheidung um?

Bischof Hein: Auch in der evangelischen Kirche gibt es keine Annäherung hinsichtlich der Positionen. Ich habe die Stellungnahmen, die für eine Verlagerung des Stichtages plädiert haben, mit Bedauern zur Kenntnis genommen. Wir werden damit leben müssen, dass es in grundlegenden ethischen Fragen in der evangelischen Kirche unterschiedliche Positionen gibt. Das ist aber prinzipiell kein Nachteil, sondern Ausdruck einer gewissenhaften Urteilsfindung, und letzten Endes auch einer gewissenhaften Entscheidung. Ich kann den Bundestagsabgeordneten, die für eine einmalige Verschiebung plädiert haben und sich entsprechend entschieden haben, nicht unterstellen, dass Sie gewissenlos gehandelt haben.

Die Fragen stellte medio-Redaktionsleiter Christian Fischer. (11.04.2008)