Bischof Hein beim Neujahrsempfang des Evangelischen Kirchenkreises Eschwege in der Eschweger Marktkirche. (Foto: medio.tv/Arnold)

Bischof Hein beim Neujahrsempfang des Evangelischen Kirchenkreises Eschwege in der Eschweger Marktkirche. (Foto: medio.tv/Arnold)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 18 Jan 2019

Eschwege/Lohfelden (epd/medio). In vielen Regionen der Landeskirche kommen in den Kirchenkreisen und Gemeinden engagierte Menschen aus den kirchlichen Arbeitsbereichen, der Politik, den Schulen, Verbänden, Vereinen und der Ökumene zum Jahresauftakt zu Neujahrsempfängen zusammen. So konnte z.B. der Präses der Kreissynode des Evangelischen Kirchenkreises Eschwege, Ludger Arnold, rund 200 Gäste aus der Region Werra-Meißner am Mittwoch (16.1.) in der Marktkirche zu Eschwege begrüßen, teilte Dekan Martin Arnold vom Kirchenkreis mit. Besonderer Gast des Empfangs war der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein.

Bischof Hein rief in seiner Ansprache zu einer Kultur der Besonnenheit in öffentlichen Auseinandersetzungen auf. Die Herabwürdigung von Einzelnen oder Institutionen, öffentliche Brandmarkung und Bloßstellung von Menschen, rassistische, nationalistische oder sexistische Äußerungen seien unchristlich, sagte Hein. «Wer schreit, muss nicht Unrecht haben, aber er setzt sich von vornherein ins Unrecht», mahnte er einen respektvollen Umgang miteinander an.

In der erweiterten Öffentlichkeit, die sich durch die moderne Kommunikation entwickelt habe, entstünden Räume der Selbstverstärkung von radikalen Einstellungen, Lügen, Falschaussagen, grotesken Verschwörungsmythen und politischen Hirngespinsten, die Menschen mobilisierten. «Es ist ein vertrackter Kreislauf des Aufschaukelns, den man mit gutem Recht einen Teufelskreis nennen kann, an dessen Ende Gewalt und Zivilisationsbrüche stehen», warnte Hein. Zwar gebe es durchaus Gründe zur Empörung wie etwa das Verhalten der Automobilkonzerne in der Abgasfrage oder das der Banken in der Finanzkrise. Doch müsse diese Empörung durch behutsames, umsichtiges und kompetentes Nachforschen, Nachdenken und Überprüfen abgesichert und begründet sein.

Die Antwort des christlichen Glaubens in Zeiten des «öffentlichen Geschreis» sei das Gebet, wies Hein auf den Auftrag der Kirche hin. Das Gegenteil von Geschrei sei nicht schweigen und verstummen, sondern das besonnene Hören und Reden. Dies sei ein Beitrag zur Befriedung der Gesellschaft, zur Ermutigung für die Ängstlichen und zum Trost für die Traurigen. «Das Gebet ist unser wirksamstes Gegenmittel gegen das Geschrei», sagte Hein.

Fragen nach dem Leben Thema beim Neujahrsempfang in Lohfelden

Bereits am Sonntag (13.1.) sprach Hein beim Neujahrsempfang der Evangelischen Kirchengemeinde Lohfelden im Kirchenkreis Kaufungen. Sein Thema bei diesem Empfang war die Frage danach, was Leben ist. In seinem Vortrag ging er auf die wissenschaftliche und die Glaubensperspektive dieser Frage ein. Der Bischof stellte fest, dass naturwissenschaftliche Aussagen bei allen Erkenntnissen doch Beschreibungen bleiben. Die Wissenschaft könne inzwischen die Bedingungen für die Entstehung von Leben sehr genau benennen. Wie es aber tatsächlich zu Leben kommt, sei immer noch ein Rätsel.

Der Bischof zeigte sich überzeugt davon, dass sich die Frage nach dem Leben nicht allein mit Hilfe der Naturwissenschaften beantworten lasse. Diese könnten höchstens das «Wie», aber nicht das «Woher» beschreiben. An dieser Stelle komme Gott ins Spiel. Hein warnte allerdings davor, Gott zu einem «Lückenfüller» für das zu machen, was man nicht weiß. Damit werde ein Gegensatz von Naturwissenschaft und Glaube aufgebaut, der töricht sei: «Gott ist nicht die Erklärung für Unerklärliches, sondern für Wunderbares! Und das ist ein großer Unterschied.» Glaube und Naturwissenschaft seien keine Gegensätze sondern zwei unterschiedliche Weisen, die Welt zu beschreiben, so der Bischof.

Das Unerklärliche hätten die Menschen in den letzten Jahrhunderten weitgehend aufgeklärt: «Wir verstehen immer mehr Dinge und Sachverhalte, die früher unerklärlich waren. Aber das Wunderbare daran wird eher noch größer.» Die Aussage, dass das Leben geschaffen sei, sei keine naturwissenschaftliche, sondern eine religiöse Aussage, so Hein. «Wer 'Schöpfung' sagt, der sagt auch Gott, oder zumindest so etwas wie 'göttliche Kraft'». Das Geheimnis des Lebens werde ein Geheimnis bleiben, weil es das Geheimnis Gottes sei. Und genau das mache die Würde von allem Lebendigen aus. «In allem, was lebt, ist der Geist Gottes wirksam. Er ist der Ursprung des Lebens.»

In diesem Zusammenhang hob Bischof Hein den Beitrag der christlichen Kirchen zur Debatte um die Würde menschlichen Lebens hervor: «Leben ist schützenswert, weil es eine Würde hat, die nicht wir ihm erst geben, sondern die es empfangen hat und unverlierbar behält.». Darum seien die Christen so sensibel gegen jeden Versuch, diese Würde des Lebens anzutasten und engagierten sich in der Frage von Abtreibung und Embryonenforschung, von Sterbehilfe und Intensivmedizin so stark. «Hier geht es um die Grenzen des Lebens, die unserem Zugriff so weit wie möglich entzogen sein sollten», so Hein. (17.01.2019)

Im Wortlaut:

Lesen Sie hier den Vortrag von Bischof Martin Hein beim Neujahrsempfang des Kirchenkreises Eschwege am 16.01.2019 zum Thema «Besonnenheit in Zeiten des Geschreis.» im Wortlaut:

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Im Wortlaut:

Lesen Sie hier den Vortrag von Bischof Martin Hein beim Neujahrsempfang der Gemeinde Lohfelden am 13. Januar 2019 zum Thema: «Was ist Leben? Über die Grundlagen der menschlichen Würde» im Wortlaut:

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