Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 22 Mär 2016

Kassel (medio). Nach den Terroranschlägen in Brüssel hat der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, in einem Interview mit der Medienagentur «medio» Stellung genommen.

Zu den Ereignissen sagte Hein: «Ich spüre, dass die Welle der Attentate wieder näher rückt, sozusagen ins Zentrum von Europa. Und das zeigt mir, wie schutzlos wir solchen Attentaten ausgeliefert sind.» Hein fordert eine stärkere Vernetzung der europäischen Sicherheitsorgane und ein gesamteuropäisches System zur Erfassung von Menschen, die zu uns kommen und eine genaue Überprüfung der Personen. Wir dokumentieren das Interview im Wortlaut:

medio: Wie war Ihre erste Empfindung, als Sie von den Anschlägen in Brüssel erfahren haben?

Bischof Hein: Die erste Empfindung war große Bestürzung. Das war schon bei dem Attentat in Istanbul so und jetzt spüre ich, dass die Welle der Attentate wieder näher rückt, sozusagen ins Zentrum von Europa. Und das zeigt mir, wie schutzlos wir solchen Attentaten ausgeliefert sind.

medio: Wie beurteilen Sie im Moment die deutsche Sicherheitslage?

Bischof: Das können Sicherheitsexperten sicher besser einschätzen als ich. Aber mich irritiert sehr stark, dass alle Sicherheitsorgane nur auf nationaler Ebene arbeiten, dass eine Vernetzung im europäischen Zusammenhang scheinbar gar nicht möglich ist und das hier auf Sonderrechten der einzelnen Nationen gepocht wird. Das lässt sich angesichts der Bedrohung überhaupt nicht mehr rechtfertigen.

medio: Was würden Sie fordern?

Bischof Hein: Ein gesamteuropäisches System der Erfassung von Menschen, die zu uns kommen und dann auch eine genaue Überprüfung der Personen. Wenn man mitbekommt, dass einer der Attentäter aus Paris sich über Monate hin frei bewegen konnte, obwohl er im Visier der Ermittlungsbehörden stand, so ist das für normaldenkende Menschen kaum noch nachzuvollziehen.

medio: Was möchten Sie als Bischof aus der christlichen Perspektive heraus den Menschen in Hessen sagen?

Bischof Hein: Die Attentate wurden in der Karwoche verübt und das Christentum ist eine Religion, die sehr stark mit dem Leiden der Menschen zu tun hat, weil im Zeichen unseres Glaubens der gekreuzigte Christus steht. Theologisch gesagt heißt das: Unser Leben ist, ganz gleich wie bedroht es ist, stets in Gottes Hand. Das wird diejenigen, die betroffen sind als Hinterbliebene zunächst einmal wenig trösten. Nichtsdestotrotz glaube ich aber, dass dies der entscheidende Satz ist, den wir sagen könnten. Und der zweite Satz lautet: «Wer seine Hand gegen andere erhebt, tut Unrecht.» Wir müssen auch den Menschen, die in der Gefahr stehen, von diesen Extremisten berührt zu werden, deutlich sagen: Das verstößt gegen das Gebot der Liebe, ganz gleich auf welche Religion man sich beruft.
(22.03.2016)