Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 10 Mär 2010

Kassel (medio). Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, hat dazu aufgerufen, «deutlich für den Sonntag als arbeitsfreien Tag einzutreten» und ihm eine «attraktive Gestaltung, eine Kultur» zu geben. Wie die Pressestelle der Landeskirche mitteilte, äußerte sich Hein während einer Veranstaltung der Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit im Rahmen der «Woche der Brüderlichkeit» am Dienstagabend in Kassel.

«Nicht Arbeit allein macht das Menschsein aus, sondern auch Ruhe und Muße»

In einer jüdisch-christlichen «Doppelschriftauslegung» zum Sabbatgebot und zur Sonntagsheiligung verwies Hein darauf, dass die christliche Sonntagsheiligung die spezifische Aufnahme des Sabbatgebotes sei. Zugleich könne man als christlicher Theologe vom Sabbat nur reden, wenn man auch vom Sonntag spreche. Im Protestantismus werde das Gebot durch Luthers Katechismus und die Formulierung «Du sollst den Feiertag heiligen» artikuliert. Die biblische Erzählung, dass Gott am siebten Tag der Schöpfung ruhe, sei Zeichen der «Freiheit Gottes». Der Mensch werde dazu aufgefordert, sich auch diese Freiheit zu nehmen. Dies habe für das biblische Menschenbild die konkrete Folge: «Nicht die Arbeit allein macht das Menschsein aus, sondern auch die Ruhe und die Muße. Wir verdanken uns nicht einer permanenten Arbeitsleistung!», erläuterte Bischof Hein.

Für das Christentum habe der Sonntag die Bedeutung durch die Auferstehung Jesu gewonnen, die nach den biblischen Osterberichten am «ersten Tag der Woche» stattgefunden hat. Gingen die Gläubigen am Sonntag zunächst ihrer Arbeit nach und feierten frühmorgens oder abends Gottesdienst, so wurde ab dem 4. Jahrhundert der Sonntag auch als Tag der Arbeitsruhe begangen. Für Luther wurde die Feier des Gottesdienstes für den Sonntag entscheidend; den Sonntag als arbeitsfreien Tag zu begehen, sei eher eine praktische soziale Erwägung, so Hein. Es ging um eine angemessene Art und Weise, den freien Tag zu gestalten und ihn dadurch zu «heiligen».

«Die Heiligung des Feiertages beginnt bei uns selbst»

Hein wies darauf hin, dass sich die Art und Weise, wie der Sonntag begangen wird, in den letzten Jahrzehnten massiv verändert habe. Dass gelte nicht zuletzt für die Versuche, den gesetzlichen Schutz der Sonn- und Feiertage auszuhöhlen und den Unterschied von Sonntag und Alltag einzuebnen. Die bloße Forderung nach dem Schutz des Sonntags helfe hier nicht weiter. Gefragt seien «vielmehr ansteckende Beispiele für eine Sonntagskultur, die gemeinsame Feier und das gemeinsame Erleben ermöglicht», betonte Hein.

«Die Heiligung des Feiertages fängt nicht bei den anderen, sondern zu allererst bei uns selbst an.» Dem Sonntag um Gottes und unser selbst Willen sein Recht zurückzugeben, habe unter den Bedingungen der Zweckorientierung etwas «Subversives». Die glatten Abläufe würden von denen unterbrochen, die sich nicht «dem Sog von Arbeitsökonomie und Freizeitökonomie hingeben», so der Bischof weiter. In der sonntäglichen Spannung von Feier und Ruhe stecke eine «Widerspenstigkeit gegen alle Verrechnungen. Diese Widerspenstigkeit sollten wir nicht aufgeben», erklärte Hein. (10.03.2010)

Download:

Lesen Sie hier «Verlorene Maßstäbe – Doppelschriftauslegung zu "Das Sabbatgebot und die Sonntagsheiligung"
(2. Mose 20,8-11)» von Bischof Martin Hein im Wortlaut:

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Linktipp:

Weitere Informationen zur Woche der Brüderlichkeit finden Sie im Internet unter:

deutscher-koordinierungsrat.de/