Medienhausleiter Pfarrer Christian Fischer (l.) überreichte Bischof Hein eine Fotocollage mit Motiven aus 39 Chats, verbunden mit dem Dank für «39 bewegende, bisweilen aufregende, immer aber unterhaltsame Online-Gespräche». (Foto: medio.tv/Schauderna)

Medienhausleiter Pfarrer Christian Fischer (l.) überreichte Bischof Hein eine Fotocollage mit Motiven aus 39 Chats, verbunden mit dem Dank für «39 bewegende, bisweilen aufregende, immer aber unterhaltsame Online-Gespräche». (Foto: medio.tv/Schauderna)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 30 Apr 2019

Kassel (medio). «Ich bin froh, in Europa zu leben!», sagte Bischof Prof. Dr. Martin Hein im einstündigen «Bischofschat» mit rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Donnerstagabend (02.05.) auf www.ekkw.de. Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck chattete zum Thema «Europa vor der Wahl - Zerbricht Europa?». Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten angeregt mit dem Bischof über ihre persönlichen Erlebnisse mit Europa, ihre Ängste und Sorgen und darüber, wie politisch Kirche sein darf.

«Bei jungen Menschen steht Europa überhaupt nicht in Frage!», stellte Bischof Martin Hein zu Beginn des Chats fest und wurde dabei von der Chatterin «MonaLisa» bestätigt. Sie schrieb: «Ich bin Europäerin, ganz klar. Und ich kenne viele junge Menschen, die ganz genauso denken und fühlen. Ich glaube und hoffe, dass es den meisten jungen Menschen so geht.» Mit Europa konnten die Chatterinnen und Chatter ganz unterschiedliche Erfahrungen verbinden. Während der Chatter «Red» bei Europa an freies Reisen, das Erleben von Menschen verschiedener Nationalitäten als Teil eines größeren Ganzen denkt, verbindet «poldi» den Eurovision Song Contest mit Europa.

«Europa braucht euer Engagement»

Einige Chatter äußerten auch wachsende Sorge um Europa. So schrieb «Heinrich», dass er bei Europa an «Populismus, Brexit, Unsicherheit und Flüchtlingskrise» denke. «Kant» wiederum kritisierte, dass «Europa nicht in der Lage ist die komplexe Bürokratie für die EU-Bürger*innen näher zu bringen» und dass Europa noch demokratischer sein könnte. Viele zeigten sich außerdem beunruhigt vor dem Erstarken der rechten Parteien. «Red» schrieb: «Es gibt so viel, was derzeit für Europa auf der Kippe steht ... Populistische Parteien erstarken in den meisten europäischen Ländern, der Klimaschutz wird nicht konsequent verfolgt, Menschen ertrinken an den Außengrenzen...». «Heinrich» erklärte: «In Zeiten von Fake-News wollen Menschen eine klare Kante und klare Grenzen. 'Du Freund, der da Feind' ist ein einfaches Modell um sich in der Welt zurechtzufinden...». Bischof Hein ermutigte die Chatterinnen und Chatter auf diese Entwicklungen zu reagieren: «Deshalb braucht es euer Engagement für Europa!»

«Jeder Gottesdienst dient dem Frieden»

Auf die Frage, die unter anderem «eurolover» stellte, was die Kirche tun könne, damit Europa als Friedensgemeinschaft weiterhin funktioniere, antwortete der Bischof: «Drei Punkte: Bildung, Bildung, Bildung! Im Konfirmandenunterricht, im Religionsunterricht, in der Erwachsenenbildung, im Gottesdienst. Jeder Gottesdienst dient dem Frieden, weil er aus dem Frieden kommt, den Gott mit uns schließt.» Natürlich werde die Kirche auch weiterhin versuchen, Menschen über die Grenzen der Kirchen zu erreichen. «Das Evangelium gilt der ganzen Welt!» so Hein weiter.

Erinnerungen an viele interessante Chatabende - Bischof Hein mit dem Onlineteam des Medienhauses (v.l.): Jens Breitbarth-Horn, Christan Küster, Pfarrer Christian Fischer und Ramona Kopec. (Foto: medio.tv/Schauderna)

Erinnerungen an viele interessante Chatabende - Bischof Hein mit dem Onlineteam des Medienhauses (v.l.): Jens Breitbarth-Horn, Christan Küster, Pfarrer Christian Fischer und Ramona Kopec. (Foto: medio.tv/Schauderna)

Kirche und Politik

Kontrovers wurde über das Thema diskutiert, ob Kirche politisch sein dürfe. Während «Poldi» sich mehr politische Predigten wünschte, sprach sich «Heinrich» dagegen aus: «Damit verliert die Kirche weiterhin ihre Mitglieder. Viele seiner Kollegen hätten mit dem Austrittsgedanken gespielt als sie hörten, dass die Kirche sich für ein Tempolimit auf Autobahnen stark mache. «Kant» wiederum argumentierte, die Kirche müsse politisch sein: «Die Kirche ist doch nicht nur ein Ort zum Beten und Nicken. Dahinter stehen doch klare, ethische Wertevorstellungen». «MonaLisa» pflichtete bei: «Ich finde Kirche ist immer auch politisch. Weil Kirche sich mit dem Leben beschäftigt.»

Die Demokratie in der Kirche wurde im Chat positiv kommentiert. «Ich finde es toll, dass in der Evangelische Kirche demokratisch gewählt wird. Das zeigt doch, dass die evangelische Kirche zum selbstständigen Denken beiträgt, ganz im Sinne der Aufklärung!», bekannte sich «MonaLisa». Kritisiert wurde jedoch, dass bei der bevorstehenden Bischofswahl die Vorstellung und Befragung der Kandidatinnen vor der Synode nicht öffentlich sei.

«Auf Wiedersehen ... und sei es in Gottes Ewigkeit!»

Zum Ende des Chats wurde es emotional, als Bischof Hein nach 39 Chatabenden Abschied von den Teilnehmenden nahm. Hein bedankte sich für die vielen interessanten Chats:
«Ich danke euch für eure große Offenheit und Direktheit. Das hat mir sehr geholfen. Ihr wart eine Gemeinde besonderer Art!», und er ergänzte: «Ich war gern hier im Medienhaus.» Auch die Chatter und der Moderator zeigten sich bewegt und bedankten sich für die vielen intensiven Gespräche.

Zum Abschluss wünschten sich die Chatter den traditionellen Segen des Bischofs. Hein verabschiedete sich mit «Ich bitte Gott, dass er euch behütet und begleitet auf euren Lebenswegen. Vielleicht begegnen wir uns ja irgendwo einmal analog. Christen sagen immer: Auf Wiedersehen ... und sei es in Gottes Ewigkeit!»

Diskussion zeigt: Viele Menschen wünschen sich ein starkes Europa des Friedens und der Toleranz

Der Moderator des Chats und Leiter des Medienhauses der Landeskirche, Pfarrer Christian Fischer, sagte unmittelbar nach dem letzten Chat mit Bischof Hein: «Wir haben im Chat erlebt, wie viele Menschen sich ein starkes Europa wünschen, von dem Signale des Friedens und der Toleranz ausgehen». Evangelische Christen und der Glaube an Jesus Christus könnten in Europa viel dazu beisteuern.

Fischer bedankte sich bei Bischof Hein und dem Team im Medienhaus der Landeskirche für «39 bewegende, bisweilen aufregende, immer aber unterhaltsame Online-Gespräche» mit Bischof Hein in seiner Amtszeit. An den Bischof gerichtet, sagte er: «Sie sind der einzige Bischof in Deutschland, der sich über eine so lange Zeit so kontinuierlich dem ungefilterten direkten Gespräch  im Internet gestellt hat. Dafür möchten wir Ihnen danken. Wir hoffen, Sie bleiben uns als kritischer Zeitgenosse auf der landeskirchlichen Internetplattform und in vielen anderen Onlineforen erhalten.»

Bischof Martin Hein beim Chat in der Onlineredaktion des Medienhauses der EKKW in Kassel. (Foto: medio.tv/Schauderna)

Bischof Martin Hein beim Chat in der Onlineredaktion des Medienhauses der EKKW in Kassel. (Foto: medio.tv/Schauderna)

39 Chats und 39 Themen – Rückblick auf Chatabende mit Bischof Hein

08.05.2000: Dr. Martin Hein ging als neu gewählter Bischof erstmals online
06.09.2000: Rechtsradikalismus Thema im Bischofschat
23.11.2000: «Alles gleich gültig?»
22.11.2001: «Beten - Chat zum Buß- und Bettag
27.03.2002: «Der Tod Jesu und seine Bedeutung heute
21.11.2002: Glaubensfragen im Mittelpunkt des Bischofschats
16.04.2003: Suche nach Zeichen der Hoffnung im Krieg - Chat nach Ostern
17.11.2003: «Worauf kann man überhaupt noch vertrauen?
19.04.2004: «Was mir auf der Seele brennt…»
18.11.2004: «Der Erste macht das Licht an. »
12.04.2005: Kontroverse Debatte um Sterbehilfe im Bischofschat
17.11.2005: «Was sind Ihre Werte wert?»
03.05.2006: Bischofschat zur Fußball-WM
23.11.2006: «Verantwortung»
17.04.2007: «Wie viele Verbote braucht der Mensch?»
22.11.2007: «Warum»
10.04.2008: «Ethik am Ende - Wer rettet die Moral?»
20.11.2008: «Ehrlichkeit?»
23.04.2009: «Entdecken, was uns wirklich trägt»
19.11.2009: «Was zählt noch?»
15.04.2010: «Ostern heißt Befreiung»
18.11.2010: «Worauf es sich zu warten lohnt»
12.04.2011: «Wer trägt uns, wenn wir leiden?»
17.11.2011: «Genug ist genug»
17.04.2012: «Gerechtigkeit»
21.11.2012: «Geschlossene Gesellschaft?»
10.04.2013: «Unsere Zukunft»
21.11.2013: «Wann lebst du?»
07.05.2014: «Konfirmiert – und dann?»
18.11.2014: «Da kommt noch was.»
15.04.2015: «Wann ist das Leben zu Ende?»
19.11.2015: «Machtlos?»
11.04.2016: «Ostern und der Glaube an die Auferstehung. Zwischen Zweifel und Gewissheit.»
16.11.2016: «Ankommen.»
20.04.2017: «Reformation, Ökumene und das gemeinsame Abendmahl»
23.11.2017: «Um Gottes Willen»
09.04.2018: «Wohin steuert die Welt?»
21.11.2018: «Heute einen Krieg beenden.»
02.05.2019: «Europa vor der Wahl - Zerbricht Europa?»

Bischof Martin Hein mit seiner Frau Ruth (3.v.l.) mit dem Team. (Foto: medio.tv/Schauderna)

Bischof Martin Hein mit seiner Frau Ruth (3.v.l.) mit dem Team. (Foto: medio.tv/Schauderna)

Linktipp:

Informationen zu früheren Chats mit Bischof Martin Hein finden Sie hier:

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