Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 07 Nov 2014

Kassel (medio/Osnabrück). Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, hat dazu aufgerufen, das Leiden der bedrängten Christen in Pakistan öffentlich zu machen, um damit in der deutschen Außenpolitik mehr Verständnis für die bedrohte Lage von Christen in islamischen Ländern zu wecken. «Die Tatsache, dass mit muslimischen Staaten etwa im Vorderen Orient gute Geschäfte – auch mit Waffentransporten – zu machen sind, darf nicht allein die Politik bestimmen. Vielmehr hat sie stärker Einfluss zu nehmen. Es geht um Menschlichkeit – und nicht ums Geschäft!», sagte Hein nach seiner Rückkehr am Mittwoch (5.11.) in einem Interview mit der landeskirchlichen Medienagentur «medio!».

«Bibeln werden verbrannt, Kirchen werden angezündet, Menschen werden getötet.»

Hein, der vom 27. Oktober bis 3. November 2014 zur Church of Pakistan reiste, berichtete besonders von den bedrückenden Auswirkungen des sogenannten Blasphemiegesetzes. Es verdächtige Handlungen und Äußerungen von Christen, sich gegen die islamische Lehre zu stellen, erläuterte der Bischof. Mit Hilfe des Gesetzes hätten religiöse Fanatiker ständig einen Hebel, gegen Christen vorzugehen. Es sei schwer für die christliche Minderheit, unter diesen Bedingungen im Land zu überleben: «Bibeln werden verbrannt, Kirchen werden angezündet, Menschen werden getötet.» All dies geschehe ohne größere öffentliche Wahrnehmung.

«Es ist beeindruckend, wie fröhlich die Christen dennoch zu ihrem Glauben stehen!»

Sieben Tage lang besuchte Bischof Hein Gemeinden, Einrichtungen und Schulen der Church of Pakistan und sprach mit christlichen, islamischen und hinduistischen Religionsvertretern. Besonders beeindruckt zeiget sich Hein davon, wie fröhlich die christliche Minderheit trotz ihrer starken Diskriminierung zu ihrem Glauben stehe. Sein Besuch sei eine Solidaritätsbekundung, um ihnen zu zeigen, dass sie nicht vergessen sind, so Hein. In Pakistan leben drei Millionen Christen im Gegenüber zu rund 170 Millionen Muslimen.

Für verfolgte Christen beten und ihr Leiden öffentlich machen

Bischof Hein forderte dazu auf, für die verfolgten Christen in der Welt zu beten und ihr Leiden öffentlich zu machen. Er selbst werde dies in den Gesprächen, die er im Rahmen des «Runden Tisches der Religionen» regelmäßig führe, tun: «Man kann auf islamischer Seite solche Missstände nicht einfach damit abtun, dass es nun einmal in Pakistan zu besonderen Radikalisierungen komme», so Hein.

Bischof Hein bei Zentralveranstaltung zum «Tag der Religionen in Deutschland» in Osnabrück

Bereits einen Tag nach dem Interview nahm Bischof Hein am vergangenen Donnerstag (6.11.) in Osnabrück an der Zentralveranstaltung zum «Tag der Religionen in Deutschland» teil.

Hein, der einer der evangelischen Vertreter des «Runden Tischs der Religionen in Deutschland» ist, erklärte laut der Neuen Osnabrücker Zeitung bei dem Treffen, dass das friedfertige Potenzial von Religion in den Vordergrund gerückt werden müsse: «Es ist unsere Aufgabe, in unserer säkularen Gesellschaft den Wert von Religion hochzuhalten», so der Bischof.

Der niedersächsischer Innenminister Boris Pistorius (SPD) nannte laut der Zeitung den «Runden Tisch der Religionen in Deutschland» bei der Veranstaltung «beispielhaft dafür, wie Religionen miteinander in Dialog treten und sich für Verständigung einsetzen können». Der «Runde Tisch der Religionen in Deutschland» ist ein eigenständiges Gremium aus Repräsentanten der großen Religionsgemeinschaften in Deutschland und trifft sich zweimal jährlich. Ihm gehören Vertreter der Kirchen, der Islamverbände, der jüdischen Religionsgemeinschaft, der Baha’i und der Buddhisten an. Hinweis der Redaktion: Den gesamten Artikel der Neuen Osnabrücker Zeitung finden Sie hier. (07.11.2014)

Im Wortlaut...

Das Interview führte Radio-Redakteur Torsten Scheuermann am 5.11.2014 im Haus der Kirche in Kassel.

«Scheuermann: Bischof Hein, Sie haben eine Woche lang Pakistan besucht. Was war der Grund Ihrer Reise?

Bischof Hein: Ich war dort auf Einladung der Church of Pakistan und ihres Leitenden Bischofs Samuel Azariah, den ich seit über zehn Jahren aus dem Weltkirchenrat kenne. Wir haben dort bisher in einem Komitee zusammengearbeitet. Er wollte mir die Situation der bedrängten Christen in Pakistan vermitteln. Die christlichen Gemeinden sind eine sehr kleine Gruppe mit drei Millionen Mitgliedern gegenüber rund 170 Millionen Muslimen. Mir war es wichtig, den Christen dort zu zeigen, dass sie nicht vergessen sind. Es war also ein Solidaritätsbesuch.

Scheuermann: Wie ist dort die Situation für Christen?

Bischof Hein: Ich habe sieben Tage lang unterschiedlichste Gemeinden und Einrichtungen der Kirche, vor allem Schulen, besucht und viel Freude darüber erlebt, dass jemand aus Europa kommt und sich mit der Situation der diskriminierten Christen innerhalb dieses islamischen Staates beschäftigt. Ganz bedrückend ist dort das sogenannte Blasphemiegesetz, das alle möglichen Handlungen oder Äußerungen, gerade auch von Christen, verdächtigt, sich gegen die islamische Lehre zu stellen. Schon die Frage der Dreieinigkeit Gottes ist etwas, was eigentlich nach dem Koran undenkbar ist. Mit Hilfe dieses Blasphemiegesetzes, das allerdings auch in der pakistanischen Gesellschaft umstritten ist, haben religiöse Fanatiker ständig einen Hebel, gegen Christen vorgehen zu können.»

 

Im Wortlaut:

Lesen Sie hier das medio!-Interview mit Bischof Hein im Wortlaut. Auf der Seite finden Sie auch weitere Foto-Impressionen von der Reise: