Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 25 Jun 2009

Kassel (epd/medio). Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, hat sich gegen eine vorschnelle «passive» Sterbehilfe, den Abbruch von lebensverlängernden Maßnahmen, ausgesprochen. Er stehe für das Ziel «Leben bis zuletzt», sagte er am Mittwochabend (24.6.) auf einer Podiumsdiskussion des Vereins «Hessische Tribüne» zum Thema «Das Recht auf einen würdigen Tod» in Kassel. Menschen, die jahrelang im Bett liegen und künstlich ernährt werden müssten, seien damit noch lange kein Sterbefall. «Niemand hat uns am Anfang des Lebens gefragt, ob wir leben wollen. Uns steht eine absolute Verfügungsgewalt über unser Leben nicht zu», sagte er. Leben sei ein Geschenk, Gott sei der Geber.

Thomas Sitte vom Palliativnetz Osthessen bestätigte, dass es nach seinen Erfahrungen Menschen gebe, die auch trotz einer vollständigen Lähmung weiterleben wollten. Ferner seien die derzeitigen Möglichkeiten, Schmerzen von Schwerkranken zu lindern, ausreichend. «Keiner muss heute mit unnötigem Leid sterben», sagte er. Allerdings gebe es auch Menschen, die bewusst nicht wollten, dass ihnen der Schmerz genommen werde. Durch seinen ständigen Kontakt mit Sterbenden, so Sitte, habe er sich selbst verändert: «Ich habe die Angst vor dem Sterben verloren.»

Die Ärztin Jutta Hübner, Leiterin der Kasseler Habichtswaldklinik, beklagte, dass Ärzte kaum noch Zeit hätten, mit schwerkranken Patienten über das Sterben zu reden. Das kürzlich beschlossene Gesetz über eine Patientenverfügung sehe sie als schwierig an. «Vielleicht will ein Mensch in einer akuten Situation ja doch noch weiterleben, was er in der Verfügung aber abgelehnt hat», wies sie auf Unwägbarkeiten hin.

Demgegenüber begrüßte Heike Hofmann, rechtspolitische Sprecherin der hessischen SPD-Landtagsfraktion, das neue Gesetz. «Viele wollen leben bis zuletzt, aber nicht um jeden Preis», sagte sie. Aktive Sterbehilfe sei aber in Deutschland nach wie vor durch das Grundgesetz verboten, betonte sie.

Bischof Hein wies darauf hin, dass die Patientenverfügung eine moderne Form der mittelalterlichen «ars moriendi» (Kunst des Sterbens) sei. Die im Spätmittelalter verbreiteten Erbauungsschriften befassten sich mit der Vorbereitung auf das Sterben. «Schon im Leben sollte man sich mit dem Tod befassen», wies er auf die bleibende Wichtigkeit dieses Themas hin. Dies habe auch der Reformator Martin Luther in hervorragender Weise in seinem «Sermon von der Bereitung zum Sterben» getan. (25.06.2009)