Bischof Prof. Dr. Martin Hein (2.v.r.), Propstvertreter Dekan Bengt Seeberg (r.) und Dekan Dr. Martin Lückhoff (hintere Reihe, 4.v.r) mit den Pfarrerinnen und Pfarrern des Kirchenkreises in Großauheim. (Foto: medio.tv/Eggert)

Bischof Prof. Dr. Martin Hein (2.v.r.), Propstvertreter Dekan Bengt Seeberg (r.) und Dekan Dr. Martin Lückhoff (hintere Reihe, 4.v.r) mit den Pfarrerinnen und Pfarrern des Kirchenkreises in Großauheim. (Foto: medio.tv/Eggert)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 13 Sep 2018

Hanau (medio). «Hanau erfindet sich in vielfacher Hinsicht neu.» – Das stellte Bischof Prof. Dr. Martin Hein in seinem Resümee der Besuchsreise durch den Evangelischen Kirchenkreis Hanau fest. Hein hatte vom 12. bis 14. September 2018 den Kirchenkreis im Rahmen seiner jährlichen Kirchenkreisvisitationen bereist und sich vor Ort ein Bild von der Situation der Kirchengemeinden und den Chancen und Herausforderungen in der Region gemacht. Am Freitag zog er vor Journalisten in Hanau Bilanz.

Der Kirchenkreis sei für ihn mehr als nur die Stadt Hanau, sagte der Bischof, der in der Region früher gelebt hatte. Deshalb habe er sich ganz bewusst den Kirchenkreis für die letzte Kirchenkreisvisitation seiner Amtszeit als Bischof ausgewählt. Hein tritt im September 2019 in den Ruhestand.

Als besonders augenfällig nannte Hein die baulichen Veränderungen in der Stadt Hanau und den Zuzug von Menschen in Stadt und Region. «Diese Neuaufstellung einer Stadt, die mutmaßlich im nächsten oder übernächsten Jahr eine Großstadt sein wird, geht einher mit Veränderungen innerhalb des kirchlichen Lebens.» Diese Veränderungen seien nicht nur bestimmt durch einen Rückgang von Gemeindemitgliedern, sondern auch von einem Aufbruch: «Der Kirchenkreis Hanau ist im Aufbruch!», so der Bischof. Als Beispiel zog Hein ein Hanauer Gebiet heran, in dem in den nächsten Jahren der Zuzug von bis zu 7.000 Menschen erwartet wird. Der Bischof wünscht sich hier eine Kirche, die im Sinne einer Pionierleistung auf die Menschen zugeht. Allerdings könne das mit dem Denken in bisherigen Strukturen nicht verbunden werden. «Die Menschen wählen heute viel stärker aus und wir müssen uns darauf einstellen, dass wir ihnen entgegenkommen», sagte der Bischof.

Hein sieht trotz verminderter Gemeindegliederzahlen ein großes Potenzial in den Menschen, die sich zur Kirche halten und sich in den unterschiedlichsten Zusammenhängen engagieren. Doch für viele Menschen sei Kirche keine Selbstverständlichkeit mehr. «Wenn es aber gelingt, an die Lebensverhältnisse der Menschen anzuknüpfen, bekommt Kirche einen überraschend hohen Stellenwert», so der Bischof. Als ein Beispiel nannte Hein die Kindertagesstätte in Nidderau-Heldenbergen, in der die Beziehungen der Eltern zu der Einrichtung einen ganz wesentlichen Anknüpfungspunkt zur evangelischen Kirche darstellen. Hein zeigte sich überrascht darüber, dass die Hälfte der Kinder aus Familien stammt, die keiner Kirche angehören und sagte: «Kirche ist wichtig und misst sich nicht nur ausschließlich an den Zahlen, sondern an dem, was für die Bedürfnisse der Menschen in dieser Region wichtig ist.» Es gebe keine zentralen Konzepte, die am «grünen Tisch» entworfen werden, sondern sie würden in den Gemeinden für die Gemeinden entwickelt werden. Das bestimme den Zusammenhalt des Kirchenkreises mit, nahm der Bischof war.

Ein besonders starker Eindruck aus den Tagen im Kirchenkreis war für Hein: «Nicht alle machen alles. Nicht alle machen das selbe.» Man müsse von zentralen Konzepten herunterkommen, um die jeweiligen Situationen genauer in den Blick nehmen zu können. Hein machte deutlich, dass es für die Kirchenleitung wichtig sei, sich ganz konkret vor Ort ein Bild zu machen: «Man unterstellt ja meistens Menschen, die in der Kirchenleitung sitzen, sie hätten von der Basis keine Ahnung.» Um dem entgegentreten zu können sei es wichtig, dass man sich ein eigenes Bild verschaffe, über das dann nachgedacht und gefragt werde, «Wie sieht es hier und in anderen Regionen der Landeskirche aus und was können passgenaue Antworten für die jeweiligen Regionen sein?», fragte der Bischof.

V.l.: Dekan Dr. Martin Lückhoff, Pröpstin Sabine Kropf-Brandau und Bischof Prof. Dr. Martin Hein vor der Evangelischen Johanneskirche in Hanau. (Foto: medio.tv/Küster)

V.l.: Dekan Dr. Martin Lückhoff, Pröpstin Sabine Kropf-Brandau und Bischof Prof. Dr. Martin Hein vor der Evangelischen Johanneskirche in Hanau. (Foto: medio.tv/Küster)

Dekan Dr. Martin Lückhoff präsentierte innovativen Kirchenkreis

Dekan Dr. Martin Lückhoff zeigte sich erfreut über den Besuch des Bischofs im Kirchenkreis Hanau. Er habe Bischof Hein einen innovativen Kirchenkreis zeigen können, der aktiv auf gesellschaftliche Veränderungen zu geht und sich zu ihnen verhält. Lückhoff berichtete, dass in den vielen Gesprächen der vergangenen Tage deutlich geworden sei, wie sehr sich die Lebensbedingungen der Menschen verändert haben. Hier gelte es, gute gemeindliche Angebote zu entwickeln, die zukunftsfähig und auch für die Gemeinden und Einrichtungen leistbar seien. Im landeskirchlichen Kontext sieht Lückhoff seinen Kirchenkreis in einer Pionierfunktion. Bestimmte Trends und Entwicklungen kämen in den Gemeinden des Kirchenkreises eher an, als in anderen Teilen der Landeskirche.

Der Dekan hob das große ehrenamtliche Engagement der Menschen in den Kirchengemeinden und Einrichtungen hervor, benannte aber auch die Herausforderungen, denen sich der Kirchenkreis stellen muss. Dazu gehören u.a. die rückläufige Finanzlage oder der Umgang mit den Gebäuden. Viele davon sind in den 1960er und 70er Jahren entstanden und jetzt sanierungsbedürftig. «Da fehlt uns schlichtweg das Geld», so der Dekan. Man sei auf der Suche nach Lösungen, wie der Gebäudestand zukunftsfähig gemacht werden kann. «Das wird nur durch Umbauten und Veränderungen, aber auch durch Verkauf nur möglich sein», so Dr. Lückhoff.

Als eine besonders wichtige Aufgabe des Kirchenkreises beschrieb Lückhoff die Bewahrung des sozial-diakonischen Profils evangelischer Kirche in der Region Hanau. Der Besuch im Diakonischen Werk habe deutlich gemacht wie wichtig es sei, seitens der evangelischen Kirche Beratungsangebote vorzuhalten, die Menschen in Not gezielt und bewusst aufsuchen. Das soll auch weiterhin ein Schwerpunkt bleiben, so der Dekan.

Pröpstin Sabine Kropf-Brandau: «Man merkt: Die stehen hinter ihrer Kirche.»

Sabine Kropf-Brandau, Pröpstin des jetzigen Sprengels Hersfeld, der ab 2019 zum Sprengel Hanau-Hersfeld wird, lobte besonders die Verbundenheit der Menschen in den Gemeinden und Einrichtungen zu ihrer Kirche: «Es finden sich immer Menschen, die für ihre Kirche brennen», zeigte sich die Pröpstin hoffnungsvoll. Beispielhaft berichtete Kropf-Brandau vom Besuch einer Kindertagesstätte, deren Erzieherinnen ihrer Aufgabe und ihrem Auftrag in besonderer Weise nachkommen: «Man merkt: Die stehen hinter ihrer Kirche.» Allerdings stellte Kropf-Brandau auch fest, dass Kirche nichts Selbstverständliches mehr sei und sich vermehrt positionieren und in die Welt gehen müsse. Für 2019 freut sich Kropf-Brandau darauf, die eher ländlichen Strukturen der Region Hersfeld mit den städtischen Strukturen der Region Hanau ins Gespräch bringen zu können.

Vielfältiges Visitationsprogramm mit mehr als 15 Stationen

Bischof Hein begegnete während der Besuchsreise Vertreterinnen und Vertretern des Kirchenkreises, kirchlicher und diakonischer Einrichtungen und der lokalen Politik und Wirtschaft. Den Auftakt bildete der Besuch der Pfarrkonferenz des Kirchenkreises. Auf dem Visitationsprogramm standen bis Freitag unter anderem ein Besuch der Firma Protonic Software GmbH und der Sparkasse Hanau, ein Treffen mit Landrat Thorsten Stolz und den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der Kommunen und Städte im Kirchenkreis Hanau, eine Begegnung mit den Vorsitzenden der Kirchenvorstände sowie Besuche in den Gemeinden in Maintal-Dörnigheim, Neuberg, Nidderau-Ostheim und Nidderau-Heldenbergen. Den Abschluss bildete ein Treffen mit dem Kirchenkreisvorstand.

Stichwort: Evangelischer Kirchenkreis Hanau und Kirchenkreisvisitation

Der Evangelische Kirchenkreis Hanau hat rund 67.000 Kirchenmitglieder und gehört mit drei weiteren Kirchenkreisen zum Sprengel Hanau, einem von insgesamt vier Sprengeln in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Der Kirchenkreis wird geleitet von Dekan Dr. Martin Lückhoff.

Laut Grundordnung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (§ 114 (2)) besucht der Bischof «die Geistlichen und die Gemeinden, berät und ermahnt sie». Bischof Hein besucht in der Regel zweimal jährlich einen Kirchenkreis in einer jeweils mehrtägigen Visitation. Im Rahmen der Visitation werden Gespräche mit Pfarrerinnen und Pfarrern, Kirchengemeinden, Lokalpolitikern, ortsansässigen Unternehmen und Einrichtungen geführt. (14.09.2018)

Internetradio:

Pröpstin Kropf-Brandau, Bischof Hein und Dekan Lückhoff im Interview mit medio-Reporter Siegfried Krückeberg zur Bischofsvisitation im Evangelischen Kirchenkreis Hanau:

Linktipp:

Den Evangelischen Kirchenkreis Hanau finden Sie im Internet unter:

kirchenkreis-hanau.de