Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 07 Jul 2017

Marburg (medio). Das Verhältnis von Sicherheit und Frieden stand am Mittwochabend (5.7.) im Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion in der Aula der Alten Universität in Marburg. Dazu diskutierten Experten aus Kirche, Politik und Wissenschaft die Frage «Sicherheit statt Frieden: Das Ende einer Utopie?» Nach Einschätzung von Bischof Prof. Dr. Martin Hein von der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck sind umfassende Friedensbemühungen aufgrund der Sicherheitsfrage in den Hintergrund getreten, berichtete Pfarrer Karl-Günter Balzer, Medienbeauftragter des Sprengels Waldeck und Marburg von der Veranstaltung. Bei seinen Besuchen in Syrien und im Irak sei Hein allerdings klar geworden, dass Sicherheit und Frieden in einer unaufgebbaren Verbindung stehen.

Der Bischof verwies in der Diskussion auf die Leitidee des «gerechten Friedens», den die beiden großen christlichen Kirchen favorisieren. Konkret bedeute dies, «dem Vorrang ziviler Konfliktbearbeitung verpflichtet zu sein und die Anwendung von Zwangsmitteln an strenge ethische und völkerrechtliche Kriterien zu binden», erläuterte Hein. Für Ralf Beste, Leiter des Planungsstabs im Auswärtigen Amt, sei der Friedensbegriff verschwunden, weil der Krieg verschwunden sei. Omid Nouripour, Außenpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag, verwies dazu auf die lange Friedenszeit von über 70 Jahren in Westeuropa, in der er die europäische Einigung als Erfolg sieht.

Einen breiten Raum in der Diskussion nahm das Verhältnis von Sicherheit und Freiheit ein, so Balzer. So stellte Dr. Angela Marciniak, Wissenschaftliche Koordinatorin des Sonderforschungsbereichs «Dynamiken der Sicherheit», fest, dass mit dem Begriff der Sicherheit mittlerweile nahezu jedes politische Handeln gerechtfertigt werden könne. Sicherheit sei unersättlich, dabei sei absolute Sicherheit jedoch nicht erreichbar, ergänzte Prof. Dr. Eckart Conze, der an der Uni Marburg den Lehrstuhl für Neueste Geschichte inne hat. «Man kann so viel Sicherheit haben, dass es keine Freiheit mehr gibt», spitzte Omid Nouripour provokativ zu.

Auf die Frage der Moderatorin der Runde, Bianca von der Au vom Hessischen Rundfunk, ob aus der Geschichte gelernt werden könne, wie Frieden möglich werde, verwies Prof. Dr. Christoph Kampmann auf den Westfälischen Frieden von 1648, der den 30-jährige-Krieg beendete. Für den Professor für Neuere Geschichte und Frühe Neuzeit der Universität Marburg sei das allerdings kein Konzept, das sich einfach auf gegenwärtige Konflikte übertragen lasse. Der Friede sei damals durch eine nüchterne Analyse der eigenen Sicherheit gelungen. Bei aktuellen Konflikten, wie z.B dem Syrienkrieg, konnte Bischof Hein eine solche Analyse-Bereitschaft der Konfliktparteien jedoch noch nicht erkennen. Der Bischof erklärte aber: «Frieden ist möglich!» Die Voraussetzungen dafür sieht Hein im Willen zum gegenseitigen Ausgleich. (07.05.2017)