Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 30 Aug 2006

Kassel/Genf (epd). Der evangelische Bischof Martin Hein (Kassel) hat im Dialog mit der katholischen Kirche zu einer «Ökumene der Ehrlichkeit» aufgerufen. «Wir sind in einer Phase, in der wir Bilanz ziehen», sagte der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck in einem Interview am Montag, 28.8.06 in Frankfurt am Main. Im Dialog mit dem Vatikan stoße man an Grenzen bei den wesentlichen Fragen, bei denen seit zum Teil dreißig Jahren die Diskussion immer wieder neu begonnen werde, fügte der Ökumene-Experte hinzu. Die Protestanten hätten keinen Grund, sich als Evangelische zu verstecken und sich für ihre Existenz entschuldigen zu müssen. Hein äußerte sich enttäuscht über die Haltung von Papst Benedikt XVI. zur Ökumene. Der gemeinsame Bestand an Glaubensüberzeugungen sei offenbar nicht so groß, wenn der Papst erst in zweiter Linie auf das gemeinsame Glaubenszeugnis Wert lege und stattdessen ethische Übereinstimmungen in den Vordergrund stelle. «Da waren wir schon einmal weiter», sagte der Kasseler Bischof.

Mit Blick auf das 500-jährige Reformationsjubiläum im Jahr 2017 sagte Hein, es mache für Protestanten wieder Sinn, sich über die Frage zu verständigen: «Warum sind wir evangelisch?» Dafür seien gute Gründe zu nennen. Dies dürfe nicht aus Abgrenzung oder Legitimationsdruck heraus erfolgen. «Wir entdecken neu, welchen Schatz wir in unserer evangelischen Tradition besitzen.» Zur Zukunft des Weltkirchenrates erklärte Hein, der ÖRK sei auf der Suche nach einem neuen verbindenden oder auch polarisierenden Thema. Als solches scheine sich gegenwärtig die Globalisierung abzuzeichnen. Für ihn sei eine Kernaussage der ÖRK-Vollversammlung im Februar in Porto Alegre gewesen: «Tue weniger, aber das, was Du tust, tue gut.» Nötig sei eine Selbstbescheidung. Der ÖRK sei nicht die UNO und auch nicht die Welthandelsorganisation, betonte Hein. Es gehe darum zu fragen, was die ÖRK-Programme einzigartig und unaustauschbar mache.

Die römische Kirche tue sich mit der Vielfalt des Weltkirchenrates mit seinen rund 350 Kirchen und unterschiedlichen Kulturen eher schwer, bedauerte Hein. Für den Vatikan sei der Weltkirchenrat kein Gegenüber auf Augenhöhe. Der ÖRK vertritt rund eine halbe Milliarde Christen aus reformatorischer und orthodoxer Tradition, die römisch-katholische Kirche die doppelte Anzahl von Gläubigen. (28.08.2006)