Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 29 Sep 2015

Frankfurt a.M. (medio). Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, hat den Fall der Mauer als «Wunder» bezeichnet. Er sei sich sicher, «dass Gott dabei die Hand im Spiel hatte», sagte Hein bei einer Talkrunde anlässlich der Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2015 in Frankfurt am Main.

Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, deren Gebiet an die frühere innerdeutsche Grenze herangereichte, habe mit der Mauer «schreckliche Erfahrungen» erlebt, so der Bischof. Hein warnte mit Blick auf die Flüchtlingssituation davor, dass erneut Mauern aufgebaut werden: «Tun wir alles, was wir können, damit wir nicht neue Grenzen ziehen». Große Zustimmung erhielt Hein zu seinen Worten: «Angst bauen wir ab, wenn wir uns begegnen. Viele Gemeinden bilden bereits Patenschaften, damit das Leben der Flüchtlinge in neuer Umgebung gelingt.»

Kirchenprogramm unter dem Motto «Gott. Sei Dank!»

Vom 2. bis 4. Oktober präsentierten die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) mit der LichtKirche und einer Kulturbühne am Museumsufer ein eigenes Programm unter dem Motto «Gott. Sei Dank!». Am südlichen Mainufer verwandelten sie den Metzlerpark mit Talkrunden, Andachten, Gospelmusik und Konzerten vom 2. bis 4. Oktober in einen lebendigen Ort der Begegnung. Daneben entpuppte sich die Grünfläche zwischen den Museen im Schatten des mobilen und in der Dunkelheit bunt leuchtenden Gotteshauses auch als Geheimtipp für alle, die inmitten der über einer Millionen Besucherinnen und Besuchern ein wenig Ruhe finden wollten, heißt es in einer Mitteilung.


«Grenzerfahrungen»: Talkrunde zum Tag der Einheit

Nachdenklich ging es bei der Gesprächsrunde «Grenzerfahrungen» am 3. Oktober auf der Kirchenbühne mit Menschen zu, die am eigenen Leib die Trennung durch die innerdeutsche Grenze erlebt hatten.

So berichtete Dr. Ruth Gütter, Oberlandeskirchenrätin und Ökumenedezernentin der EKKW, wie sie die Zeit der Trennung an der Grenze zu Thüringen als hessische Pfarrerin bei Herleshausen erlebt hatte: «Einige Menschen waren auf beiden Seiten der Grenze miteinander verwandt. Und es kam vor, dass thüringische Verwandte nicht zur Beerdigung kommen durften, aber die Glocken gehört haben.» Doch plötzlich war die oft auch als «Zonenrandgebiet» bezeichnete Grenzregion im Mittelpunkt der Weltgeschichte. Gütter erinnerte sich: «Die Herleshäuser haben die Türen geöffnet und die Leute willkommen geheißen. Zu sehen, wie sich wildfremde Menschen in den Armen liegen, prägt für das ganze Leben.»

Die evangelische Theologin Ulrike Lieberknecht ermutigte während der Talkrunde dazu, über die eignen Geschichten und schmerzhaften Erfahrungen zu sprechen. «Viele ehemalige DDR-Bürger sind zum Teil traumatisiert und gekränkt, viele tragen eine schwere Geschichte mit sich herum. Jetzt ist die Zeit, dass wir sie abwerfen, indem wir offen darüber reden – zuerst mit unseren Kindern.» Sie berichtete, dass sich viele Menschen aus den neuen Bundesländern Illusionen über den Westen gemacht hätten und schließlich enttäuscht worden seien. «Wer die Tatsache einer Diktatur nicht anerkennt, bleibt unmündig», so Lieberknecht, die sich mit den Worten «Wir sind alle frei!» über die Einheit freut.

Neben Gütter und Lieberknecht sprachen auch Dr. Bernd Albani (Pfarrer und Menschenrechtsaktivist aus Berlin), Bianka Heilmann (Studentin aus Dresden) und Bärbel Fehr (aus Kassel) über ihre Geschichte und jeweils ganz persönlichen Bezüge zur Wiedervereinigung.

Besondere Atmosphäre bei Andachten, Gospel und Konzerten

Beim Kirchenprogramm zum Tag der Einheit sorgten unter anderem Auftritte des Schauspielers und Sängers Jan Josef Liefers, des Musikers Samuel Harfst und der Frankfurt City Bluesband für eine besondere Atmosphäre zwischen Bäumen, der bunten Lichtkirche und Wolkenkratzern als Hintergrundkulisse. Zudem musizierte der indonesische Performancekünstler Wukir Suriyadi, auf einem Instrument aus einem deutsch-deutschen Grenzpfosten und Stacheldraht.

Außerdem gab es eine vitaminreiche Verteilaktion am Mainufer: Aus den Händen gerissen wurden der evangelischen Kirche dort ihre 9.125 Äpfel. Die Zahl war kein Zufall: Für jeden Tag der Einheit gab es eine Frucht von Streuobstwiesen aus der Region. Einen Tag vor dem christlichen Erntedankfest wollten die Kirchen damit auf die Tradition des Dankes aufmerksam machen.

Erfolgreiche Zusammenarbeit von EKKW und EKHN bei Großereignissen

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau und die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck waren in Frankfurt gemeinsam für den Auftritt im Metzlerpark verantwortlich. Sie setzen damit ihre Zusammenarbeit fort, die sich bei anderen Großereignissen wie etwa Hessentagen bewährt hat. Die im Metzlerpark aufgestellte transportable rund 50 Quadratmeter große LichtKirche aus Holz und satiniertem Acrylglas kann in verschiedenen Farben illuminiert werden. Sie wiegt 18 Tonnen und ist bei der geplanten Weltausstellung zu 500 Jahren Reformation 2017 in Wittenberg wieder zu sehen. (05.10.2015)

Linktipp:

Weitere Informationen zur LichtKirche und zum Kirchenprogramm anlässlich des Bürgerfestes finden Sie im Internet unter:

lichtkirche.de

Linktipp:

Weitere Informationen zum Bürgerfest anlässlich des Tags der Deutschen Einheit finden Sie unter:

tag-der-deutschen-einheit.de/