Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 18 Mär 2009

Kassel (epd). Die gegenwärtige Wirtschaftskrise hat noch keine Auswirkung auf die Spendeneinnahmen der Kirche. «Bisher haben wir nicht weniger Geld in den Opferstöcken», sagte Martin Hein, Bischof der  Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, in einer in der Kasseler Martinskirche aufgezeichneten Talkshow, die auf dem Sender Phoenix am 22. März ausgestrahlt wurde. «Es gibt viele Menschen, die sagen: an dieser Stelle spare ich nicht», erklärte er. In den vergangenen Jahren habe die Höhe der Kollekten und Spenden sogar ständig zugenommen.

Hein kritisierte in der Talkshow «Tacheles», die sich mit dem Zehnten Gebot «Du sollst nicht begehren» beschäftigte, die «Geiz-ist-geil-Mentalität». Diese habe keineswegs nur die Reichen erfasst, betonte er. Dennoch halte er es für unmoralisch, wenn Menschen nicht wüssten, was sie mit ihrem vielen Geld tun sollten. Hein wies auf die Wichtigkeit von positiven Vorbildern hin. «Was wir brauchen sind Menschen, die überzeugen», forderte er. Dazu gehöre aber auch, negative Vorbilder zu benennen, ergänzte die Ex-Bankfrau und Ordensschwester Lea Ackermann. «Da sind wir viel zu liberal geworden», klagte sie.

Hein warb dafür, die Zehn Gebote nicht nur unter dem Aspekt des «du musst» oder «du sollst» zu sehen. Wenn man das Zehnte Gebot unter dem Aspekt der Freiheit als «du brauchst nicht begehren» übersetze, eröffneten sich ganz neue Perspektiven. «Man kann mit etwas Begrenztem in dieser Welt sehr schön leben», sagte Hein. Der Wert des Lebens sei von Gott geschenkt und nicht durch Leistung zu erreichen.
 
Der Autor Klaus Werner-Lobo verschärfte die Kritik Heins, indem er darauf hinwies, dass zwei Prozent der Weltbevölkerung über die Hälfte des gesamten Weltvermögens verfügten. «Die Gier der einen ist die Ursache dafür, dass die anderen nichts haben», sagte er. Es sei in der Tat ein Skandal, dass das Vermögen auf der Erde so ungleich verteilt sei, stimmte der frühere Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) zu: «Die Regeln des Zusammenlebens stimmen nicht.»

Die Reichen, so analysierte Neidforscher Rolf Haubl, seien sich einer moralischen Schuld nicht bewusst, da sie in einer Sonderwelt lebten, in der man miteinander um das Vermögen konkurriere. Doch warnte er vor einseitigen Schuldzuweisungen, da alle Menschen in einem globalen Schuldzusammenhang verstrickt seien. «Der Mensch ist ein widersprüchliches Wesen», sagte er. (23.03.2009)

Hinweis:

Weitere Informationen zur Talkshow «Tacheles» finden Sie im Internet unter:

tacheles.tv