Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 12 Nov 2009

Schmalkalden (medio). Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, hat den friedlichen Verlauf der Wende in der DDR gewürdigt. Im Dankgottesdienst in der Stadtkirche St. Georg in Schmalkalden sagte der Bischof am heutigen Montagabend: «Es bleibt rückblickend fast unbegreiflich, dass die Revolution in der DDR friedlich verlaufen ist.» Die damaligen Machthaber hätten sich auf anderes, etwa auf eine Vielzahl von Verletzten,  eingestellt. Die DDR sei politisch gesehen aus vielen Gründen in sich zusammengefallen, vor allem sei sie an den Friedenslichtern und den Teilnehmern der Montagsdemonstration gescheitert, die «Keine Gewalt!» skandiert hatten. Hein erinnerte in diesem Zusammenhang an das Wort des alttestamentlichen Propheten Sacharja «Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth.»

Kritik am brandenburgischen Ministerpräsidenten Platzeck

Die Einheit Deutschlands sei nach  40 Jahren Teilung selbstverständlich geworden - «zu selbstverständlich will mir manchmal scheinen», erklärte Hein. Nicht alle Erwartungen seien erfüllt worden, viele Versprechungen und Hoffnungen seien seinerzeit unrealistisch gewesen. «40 Jahre Trennung lassen sich nicht einfach beseitigen. Auch nach 20 Jahren arbeiten wir noch immer an ihrer Beseitigung und dazu gehört, sich bewusst dieser Vergangenheit zu stellen», betonte der Bischof. Hein kritisierte in diesem Zusammenhang den brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck, der eine Versöhnung mit den Erben des DDS-Regimes eingefordert und erklärt hatte: «Die Macht der Vergangenheit tut der politischen Kultur nicht gut.» Hein stellte demgegenüber klar: «Versöhnung ist nötig, aber ihr Geheimnis ist die Erinnerung und nicht die Verdrängung oder gar die Leugnung.» Die DDR sei ein Staat gewesen, in dem es zwar formales Recht gab, in dem aber in Wirklichkeit das Unrecht herrschte.

Versöhnung nur durch aufrichtige Begegnung von Opfern und Tätern

Hein forderte in diesem Zusammenhang eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass die Menschen in der DDR in Unfreiheit gelebt hatten, dass es ein Schießbefehl an der innerdeutschen Grenze gab, ein Bespitzelungssystem allergrößten Ausmaßes durch die Staatssicherheit aufgebaut wurde, mit allen Kräften das kirchliche Leben aus der Öffentlichkeit verdrängt werden sollte und freie Meinungsäußerung oftmals bittere Folgen hatte. «In diesem System gab es viele Opfer – und es gab viele Täter! Wirkliche Versöhnung kann doch nur dort geschehen, wo sich Opfer und Täter begegnen und wo die Täter zu dem stehen, was sie getan haben und es nicht einfach beiseite wischen», erklärte Hein. Solch eine Versöhnungsarbeit dauere lange, oft weit mehr als eine Generation lang. Sie brauche zudem, wenn sie ernsthaft sein soll, geschützte Orte. Die Versöhnungsarbeit müsse auch diejenigen einschließen, denen nach dem Mauerfall Unrecht geschah und unter falschen Verdächtigungen zu leiden hatten. Hein erinnerte in diesem Zusammenhang an den schmalkalder Pfarrer Reinhard Naumann, der sich nachweislich falschen IM-Vorwürfen ausgesetzt sah und sich das Leben nahm. «Nur wer der Erinnerung wirklich Raum gibt, wird frei für einen neuen Anfang», betonte Hein.

Stichwort Schmalkalden: Der im Freistaat Thüringen gelegene Kirchenkreis Schmalkalden ist Teil der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Der Kirchenkreis hat 22.435 Mitglieder. (09.11.2009)

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Lesen Sie hier die Predigt von Bischof Martin Hein im Wortlaut:

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