Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 09 Nov 2016

Kassel/Washington (medio). In einem Interview zum Wahlergebnis in den USA zeigte sich der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, am Mittwoch (9.11.) völlig überrascht: «Ich habe meinen Augen nicht getraut, als ich die ersten Berichte im Fernsehen sah», sagte Hein gegenüber der landeskirchlichen Medienagentur «medio». Er frage sich, wie Amerika einen Menschen wählen konnte, der so «auf Krawall gebürstet» sei. Aber: «Amerika ist ein demokratisches Land und Europa und auch Deutschland werden sich mit ihm arrangieren müssen», so der Bischof. Auch wenn vieles von dem, was Trump im Wahlkampf geäußert habe, nur «Wahlkampfgeschrei» gewesen sei, werde sich etwas ändern: «Das erwarten auch die Wähler von Trump.» Viele hätten bewusst gegen das so genannte «Establishment» in Washington gestimmt. Dem müsse Trump nun Rechnung tragen. Es sei daher jetzt nicht nur eine kleine Reform zu erwarten, sondern Trump müsse zeigen, dass er seine Klientel bedienen könne: «Das wird sicherlich schmerzhaft», so Bischof Hein.


Deutschland ist künftig stärker in der Verantwortung

Heins Einschätzung nach komme es für die deutsche Politik nun darauf an, nicht über zu reagieren. Man müsse sich jetzt mit der Situation abfinden und genau darauf schauen, wo sich die amerikanische Politik in Zukunft ändere. Vermutlich werde Deutschland stärker in die Verantwortung genommen, weil Trump deutlich auf Isolation setze: «Amerika größer machen heißt zunächst einmal, sich auf sich selbst zu besinnen.» Als Beispiel nannte Hein Trumps ablehnende Haltung zum Freihandelsabkommen TTIP, das jetzt sicherlich «erst einmal vom Tisch» sei.

Polarisierung in der westlichen Gesellschaft nimmt zu

Mit Blick auf die politische Entwicklung in den westlichen Gesellschaften beklagte Hein, dass die Polarisierung zunehme: «Wer versucht zu moderieren oder zu versöhnen statt zu polarisieren, geht unter.» Dazu trage nicht unwesentlich die moderne Form der Kommunikation bei. «In Twitter, bei Facebook und im Internet gibt es nur noch die schnellen, unreflektierten und undifferenzierten Meinungen, und auf dieser Welle ist Trump auch sicher gesurft.»

Kirche muss sich für Versöhnung einsetzen und gegen Populismus Stellung beziehen

Angesichts dieser Entwicklungen sei es weltweit die Aufgabe der Kirchen, sich für Versöhnung einzusetzen. Auch in der deutschen Gesellschaft sei es ein deutliches Zeichen von Spaltungstendenzen, wenn 20 % der Wähler die AfD wählten. Die Kräfte in der politischen Mitte müssten jetzt deutlich formulieren, wofür sie politisch stehen, und dies ihren Wählern vermitteln: «Politikerinnen und Politiker müssen Politik besser erklären.»

Auch die Kirchen seien gefragt, einen aktiven Beitrag zu leisten: «Wir müssen gegen alle Populisten, ob sie links oder rechts sind, deutlich auftreten. Populismus ist keine Form der Politik.» In der Politik müsse man auch Kompromisse machen können. Es gehe darum, zu versöhnen statt zu spalten. «Dazu können die Kirchen beitragen,» schloss Hein sein Statement. (09.11.2016)