Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 20 Okt 2006

Berlin (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat den Begriff «Unterschicht» als irreführend und diskriminierend bezeichnet. In der aktuellen Debatte über Menschen am Rande der Gesellschaft lenke dieser Begriff von der eigentlichen Aufgabe ab, Menschen in prekären Lebenssituationen neue Arbeits- und Lebensmöglichkeiten zu eröffnen, schreibt der Berliner Bischof im «Tagesspiegel» (Donnerstagsausgabe).

Statt über Begriffe müsse über die Sache selbst debattiert werden, fordert Huber. So sei es beunruhigend, dass sich die Gesellschaft in ihrer Mehrheit nicht um die Lebensverhältnisse der acht Prozent, die am Rande lebten, kümmere und auch nicht um die Besorgnisse der 13 Prozent, die von Armut bedroht seien. «Hartz IV» erweise sich inzwischen für viele als «Rutschbahn, auf der aus Dauerarbeitslosigkeit Armut wird», schreibt Huber.

Nur eine Gesellschaft, die Beteiligungsgerechtigkeit als Wert anerkennt, könne den Teufelskreis aus Armut und Abhängigkeit durchbrechen, so der oberste EKD-Repräsentant. Zugleich müsse die Gesellschaft dagegen ankämpfen, dass das Bildungssystem Benachteiligung verfestige, statt sie zu überwinden. Als Hoffnungszeichen wertete es Huber, dass ein Drittel der Betroffenen den Zustand der Armut nach einem Jahr hinter sich lasse, ein weiteres Drittel nach zwei Jahren. Für das verbleibende Drittel, das keine «Unterschicht» sei, müsse der Staat einen «dritten Arbeitsmarkt» schaffen. (20.10.2006)