Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 27 Aug 2012

Hofgeismar (epd). Der Bürgerkrieg in Syrien hat nach den Worten des Religionswissenschaftlers Waseem Haddad zu intensiven Diskussionen zwischen den Religionsgemeinschaften im Land geführt. Durch den Aufstand hätten die verschiedenen Gruppen einander wieder entdeckt, sagte der in Syrien aufgewachsene Wissenschaftler von der Universität Wien am Samstagabend auf einer Tagung der Evangelischen Akademie Hofgeismar.

«Bisher hat es in Syrien keinen Dialog zwischen den Religionen gegeben», sagte Haddad, der zum Thema «Die Christen und der syrische Aufstand» referierte. Die unterschiedlichen Gruppen hätten bis zum Beginn des Aufstands nebeneinander her gelebt, aber nicht miteinander. Im Westen habe Syrien daher oft als arabisches «Paradies für Religionsfreiheit» gegolten.

Die Kirchenführer in Syrien, wo Christen rund zehn Prozent der Bevölkerung stellten, seien den Protesten am Anfang sehr skeptisch gegenüber gestanden und hätten sich eher hinter Präsident Baschar al Assad gestellt, zu dem sie gute persönliche Beziehungen hätten. Zur derzeitigen, von Gewalt geprägten Lage hätten sie sich noch nicht eindeutig geäußert.

Die Christen im Lande seien in der Einschätzung gespalten, es gebe Befürworter und Gegner des Aufstands. «Ein Großteil der Christen aber hat Angst und kann sich noch nicht entscheiden», sagte Haddad.

Der Religionswissenschaftler wehrte sich in seinem Vortrag gegen die immer wieder vorgetragene These, dass es in Syrien in erster Linie um einen Konflikt zwischen der Gruppe der Alawiten, zu denen auch Präsident Assad zählt, und Sunniten gehe. «Die Krise in Syrien ist eine politische Krise, kein religiöser Konflikt», sagte er. So sei das Regime auch keineswegs ein alawitisches Regime, in seinen Reihen fänden sich beispielsweise auch Drusen, Christen und Kurden.

Für die Christen im Land sei es nun wichtig, sich nicht von einer Diktatur erpressen zu lassen, die ihnen Religionsfreiheit gewähre. Vielmehr sei es nötig, den begonnenen Dialog mit den anderen religiösen Gruppierungen ernsthaft fortzusetzen, schloss Haddad. (27.08.2012)