Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 11 Jun 2010

Kassel (epd/Christian Prüfer). Die Personalchefin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Roswitha Alterhoff, war in allen Führungspositionen, die ihr angetragen wurden, stets die erste Frau. Ihre Rolle als Pionierin blieb selbst in Karnevalskreisen nicht unbemerkt. 2006 erhielt sie den Ehrenring der Großenritter Carnevalsgemeinschaft Baunatal. Mit ihm werden Frauen geehrt, deren Lebensweg außergewöhnlich ist. Alterhoff wurde an diesem Donnerstag 65 Jahre alt, Ende des Monats geht sie in den Ruhestand.

Die offenherzige und überaus freundliche Vorgesetzte von rund 1.100 Pfarrerinnen und Pfarrern wurde 1945 in  Schönbach im heutigen Tschechien geboren. Sie war nach achtjähriger Tätigkeit als Gemeindepfarrerin in Bebra-Solz im Jahr 1980 die erste weibliche Studienleiterin am Predigerseminar der kurhessischen Kirche in Hofgeismar. Zu den Theologen, die sie dort ausbildete, zählten auch Bischof Martin Hein sowie die inzwischen zurückgetretene Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann.

1986 erfolgte ihre Berufung zur Dekanin des Kirchenkreises Hersfeld; nur vier Jahre später wurde sie in das Amt der Pröpstin im Sprengel Hersfeld eingeführt. Damit war sie in Deutschland nach der Frankfurter Pröpstin Helga Trösken die zweite Theologin überhaupt, die bischöfliche Handlungen wie etwa eine Ordination ausführen durfte. Ihr jetziges Amt als Prälatin trat sie am 31. Januar 2003 an.

Die Tatsache, stets die erste Frau in einem hohen Amt zu sein, hat Alterhoff auch belastet. Zwar habe sie von außen keinerlei Vorbehalte gespürt, doch habe sie sich selbst einen inneren Druck aufgebaut. «Wenn ich jetzt etwas falsch mache, wird man denken, ich kann das nicht», habe sie damals befürchtet. Zu leiden hatte sie auch darunter, dass sie auf der oberen Hierarchieebene in Kurhessen keine Kollegin zum Austausch hatte. «Ich habe dann im Propstamt öfters mit Helga Trösken telefoniert», erinnert sie sich. Doch nach und nach habe sie sich von dem inneren Druck befreien können.

Kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit hat Alterhoff noch eine Regelung auf den Weg gebracht, wonach bis zum Jahr 2017 in der kurhessischen Kirche mehr als 90 Pfarrstellen eingespart werden sollen. Kritiker werfen ihr vor, zu spät gehandelt zu haben. «Hätte ich jedes Jahr fünf bis sechs Stellen gestrichen, hätte ich in bestehende Dienstverhältnisse eingreifen müssen», verteidigt sie sich. «Dann wäre der Unmut noch viel größer gewesen.» So aber hätten die Kirchenkreisvorstände und Kreissynoden Kürzungsvorschläge machen können. «Wir sind in der Frage schon recht weit gekommen», erklärt sie.

Am meisten Freude habe ihr das Gemeindepfarramt bereitet, verrät die Prälatin. Auch in ihrem Ruhestand, den sie in Bad Hersfeld verbringen will, werde sie weiter predigen und Vertretungen übernehmen. Außerdem wolle sie sich mehr ihren Freunden und Verwandten widmen und mehr lesen, vorzugsweise historische Romane. Und auf eines freut sich die Anhängerin von Borussia Mönchengladbach ganz besonders: Dass sie ab Juli in aller Ruhe die Spiele der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika verfolgen kann. Dabei werde sie die Daumen ganz fest für die junge deutsche Mannschaft drücken. (11.06.2010)