Ausbildungshilfe-Geschäftsführer Bernd Kappes (2.v.l.) und Ökumenedezernentin Claudia Brinkmann-Weiß (l.) im Gespräch mit indischen Frauen. (Foto: medio.tv/Dellit)

Ausbildungshilfe-Geschäftsführer Bernd Kappes (2.v.l.) und Ökumenedezernentin Claudia Brinkmann-Weiß (l.) im Gespräch mit indischen Frauen. (Foto: medio.tv/Dellit)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 28 Apr 2020

Eine ebenso informative wie bewegende Indien-Reise anlässlich des 60-jährigenBestehens der Ausbildungshilfe liegt hinter einer Reisegruppe aus Kurhessen-Waldeck, die aus Claudia Brinkmann-Weiß, Dezernentin für Diakonie und Ökumene, Ausbildungshilfe-Geschäftsführer Bernd Kappes und mir (Olaf Dellit, Öffentlichkeitsarbeit) bestand.

An drei Stationen im südlichen Indien besuchte die Gruppe von der Ausbildungshilfe geförderte Projekte und traf Stipendiaten, die aus ihrem Leben erzählten und deutlich machten, wie wichtig die Unterstützung für sie ist. Ein Schwerpunkt lag auf der Begegnung mit Dalits, die früher einmal «Unberührbare» genannt wurden, weil der Kontakt mit ihnen von Angehörigen höherer Kasten gemieden wurde. Bildung ist eine Chance, aus der Armut, vor allem aber aus Unfreiheit und Unterdrückung zu entkommen. Zugleich wurde deutlich, dass die geförderte Ausbildung der Beginn eines Weges ist, den die Menschen selbst weitergehen müssen, der mit einem Zertifikat beginnen kann, aber nicht endet.

Pravaham

Nahe der Stadt Vellore im Bundesstaat Tamil Nadu liegt mitten im Wald die Gemeinschaft Pravaham. Dort werden 40 junge Frauen aus Dalit-Dörfern zu Pflegehelferinnen ausgebildet – 20 von ihnen mit einem Stipendium der Ausbildungshilfe. Das Herz von Pravaham ist seine engagierte Leiterin Lucy Shyamsundar Für uns war es ein großes Privileg, in Pravaham so herzlich empfangen zu werden und in Gesprächen die Lebensgeschichten der Frauen zu erfahren, die offen über ihre Erfahrungen mit Gewalt und Unterdrückung, aber auch über ihre Hoffnungen sprachen. Besonders eindrucksvoll war der Besuch in den Herkunftsdörfern von vier Frauen, die für ein Jahr in Pravaham leben. Eine Erfolgsgeschichte ist die der 20-jährigen Saraswhati. Sie hat die Grundausbildung in Pravaham abgeschlossen und lernt nun Krankenschwester im Schieffelin Institute, das sich auf Lepra und Hautkrankheiten spezialisiert hat. Sie hat uns erzählt, wie schwierig es war, ihren Vater zu überzeugen, diese Ausbildung zu machen. Keines ihrer Geschwister habe eine ähnlich gute Ausbildung absolviert, alle seien längst verheiratet Saraswhati hat ein Ziel: eine Anstellung am weltweit renommierten Krankenhaus CMC in Vellore.

Hyderabad

Das Andhra Christian Theological College (ACTC) in Hyderabad bildet Pfarrer aus, die fast ausschließlich aus der Gruppe der Dalit kommen. ACTC-Direktor Dr. A. John Prabhakar führte uns in die Dalit-Theologie ein und ermöglichte einen Besuch in Gurujala, wo die Familien von Ausbildungshilfe-Stipendiaten leben, die uns dorthin begleiteten.

Direkt an der Hauptstraße der Dalit-Siedlung stehen zwei evangelische Kirchen, eine lutherische und eine baptistische, die jeweils für eine Hälfte der Siedlung zuständig sind. Im Ort lebten zwei Dalit-Unterkasten, die unterschiedlichen Kirchen angehören, erläuterte Prabhakar. Der Besuch von uns weißen Europäern sorgte immer wieder für neugierige Menschenansammlungen. Wir waren tief beeindruckt von der Gastfreundschaft der Bewohner von Gurujala, die unter einfachsten Bedingungen leben und zum Beispiel weder fließendes Wasser noch Toiletten haben. Für uns kochte die Familie eines Stipendiaten ein Mittagessen und lud uns in ihr Haus ein.

Die meisten Menschen, die hier leben, arbeiten als Tagelöhner auf den nahen Feldern, der Lohn für einen Tag beträgt knapp zwei Euro. So erzählte der Bruder von Stipendiat Sagar, dass er Baumwolle pflückt, um die Ausbildung des Bruders mitzufinanzieren. Es ist eine harte Arbeit in sengender Hitze. Häufig ziehe er sich Schnitte an den Händen von den scharfkantigen Pflanzen zu, in denen sich dann noch Parasiten ansiedelten. Bei der Besichtigung der Kirche ließen sich viele der Frauen des Chors von Pfarrerin Claudia Brinkmann-Weiß und Pfarrer Bernd Kappes persönlich segnen. Eine der Frauen, die ihre Tochter dabei hatte, erbat einen Segen, damit ihr nächstes Kind ein Junge werde. Den wollte Kappes in dieser Form nicht spenden und lieber gemeinsam um gleiche Rechte und Chancen für Jungen und Mädchen bitten.

Verein Ausbildungshilfe beklagt Ausfall der Konfirmationskollekte

Kassel (epd). Der Verein «Ausbildungshilfe - Christian Education Fund» der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck beklagt den vorübergehenden Ausfall einer seiner Haupteinnahmequellen. Ein Großteil der jährlichen Spenden des Vereins kämen aus der jährlichen Konfirmationskollekte, erklärte Geschäftsführer Bernd Kappes. Nun seien aber alle Konfirmationen wegen der Corona-Krise auf den Herbst verschoben worden. «Wir rechnen damit, dass uns die Kollekten der zumeist auf den Herbst verschobenen Konfirmationen erst zu Beginn des nächsten Jahres erreichen werden», sagte er.

Kappes rief angesichts der Lage zu Spenden auf, damit den Partnern der Ausbildungshilfe in diesem Jahr wenigstens die ursprünglich geplante Unterstützung zukommen könne. Die Rücklagen des Vereins reichten dafür allein nicht aus. Die staatlich angeordnete Schließung von Bildungseinrichtungen in Afrika und Asien führe bei den dort geförderten Schulen, Colleges, Werkstätten und Ausbildungszentren außerdem zu massiven wirtschaftlichen Einbußen. Auch die Familien vieler Stipendiaten seien nun ohne Arbeit und Verdienst.

Der Verein, der in diesem Jahr 60 Jahre alt wird, unterstützt mit Hilfe von Partnerorganisationen rund 1.300 Stipendiaten in zehn Ländern. Der Etat betrug zuletzt rund 400.000 Euro, wovon allein bei der jährlichen Konfirmationskollekte im Schnitt rund 220.000 Euro zusammenkommen. 

Spendenkonto der Ausbildungshilfe:

IBAN DE88 5206 0410 0000 0030 77 bei der Evangelischen Bank

Dharwad

Stolz hält Praveen Kumar sein Handy in die Kamera: Der 21-Jährige hat sich im Städtchen Dandeli mit einem kleinen Laden selbstständig gemacht, dort verkauft er Handyzubehör wie Ladegeräte, Hüllen und Kopfhörer. Zuvor hat er einen Master of Business Administration abgelegt – gefördert von der Ausbildungshilfe. Geld für die Ausbildung haben aber auch Onkel (Kumars Vater ist gestorben, als der Junge sechs Jahre alt war) und seine Mutter gegeben. Sie selbst verdient, wie sie erzählt, in einer nahe gelegenen Kinderkrippe als Köchin 4.000 Rupien im Monat, knapp 50 Euro.

Über die Vergabe der Stipendien entscheidet hier ein Ausschuss der Karnataka Northern Diocese – evangelische Partnerkirche von Kurhessen-Waldeck in Dharwad. Auf die Möglichkeiten des Stipendiums wird in den Kirchen der Diözese hingewiesen, dann gehen die Bewerbungen ein. Neben dem Besuch in Dandeli gab es in Dharwad die Gelegenheit zu mehreren Begegnungen mit Bischof Ravikumar Niranjan und anderen hochrangigen Kirchenvertretern.  Die Ökumenedezernentin konnte sich vor Ort von der Fertigstellung einer Grundschule überzeugen, deren Bau auch vom Kirchenkreis Melsungen unterstützt worden war. Wegen Gerichtsverfahren, unter anderem durch Anwohner, und starkem Monsun hatten sich die Bauarbeiten verzögert, wie der Bischof berichtete. 

Ehrengäste waren die Kurhessen im feierlichen Aschermittwochsgottesdienst in der Hebich Memorial Church. Reverend Hanna Niranjan, Ehefrau des Bischofs, nahm die Gäste mit in das Dorf Motebennur, wo die KND ein Projekt betreibt. Muslimische und hinduistische Frauen können dort eine Schneiderausbildung bekommen, außerdem gibt es Computerkurse. Es gebe auch Kurse für junge Männer, sagte Niranjan, aber streng getrennt von den Frauen; das sei für die oft sehr traditionellen Familien Voraussetzung, ihren Töchtern die Kurse überhaupt zu gestatten. (28.04.2020)

Linktipp:

Den Verein «Ausbildungshilfe - Christian Education Fund» der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck finden Sie im Internet unter:

ausbildungshilfe.de