Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 11 Jun 2010

Kassel (medio/epd). Mit einem Festgottesdienst, Vorträgen und einem französischen Markt feierte die Kasseler Karlskirche am vergangenen Wochenende ihr 300-jähriges Bestehen. Zeitgleich tagte der 47. Deutsche Hugenottentag in Kassel, zu dem die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck am Freitagabend (11.6.) zu einem Empfang in das Kasseler Rathaus eingeladen hatte, teilte die Pressestelle der Landeskirche mit. Die Feierlichkeiten stehen unter dem Motto «Angekommen - wie aus Fremden Freunde werden».

Bischof Hein: Geschichte der Hugenotten ist Ermutigung in der aktuellen Diskussion über Migration und Integration

Bischof Prof. Dr. Martin Hein bezeichnete in seiner Ansprache anlässlich des Empfangs die Geschichte der Hugenotten in Deutschland als beispielhaft für die aktuelle Diskussion über Migration und Integration in Deutschland: «Die Geschichte der französischen Glaubensflüchtlinge in unserer Region ist eine Erfolgsgeschichte, die Mut macht für alle Aufgaben der Integration, die vor uns liegen», so der Bischof. Dass Migration und Integration reibungslos verlaufen, sei eine Illusion, erklärte Hein vor den Gästen des Empfangs. Darüber müsse offen und öffentlich gesprochen werden – «allerdings miteinander und nicht übereinander, differenziert und nicht von Vorurteilen geprägt». Die evangelische Kirche werde hierzu weiterhin ihren Beitrag leisten.

Der Bischof warnte vor einer Verdrängung der Religion aus dem öffentlichen Raum. Die Vertreibung der Hugenotten sei einem Verständnis von Staat und Herrschaft geschuldet gewesen, das religiöse Pluralität als mit dem damals bestehenden Staatsverständnis unvereinbar und herrschaftsbedrohend ansah. Der moderne demokratische, weltanschaulich neutrale Rechtsstaat garantiere hingegen die Freiheit der Religionsausübung. Diese sei allerdings gefährdet, wenn Religion aus dem öffentlichen Raum verdrängt und zur reinen Privatsache marginalisiert werden würde. So könne Religionsfreiheit dann nur als «negative Religionsfreiheit» verstanden werden – als aktive Vermeidungsstrategie und erst nachrangig als Gewährung der freien öffentlichen Religionsübung, erläuterte Bischof Hein. «Hier kann das Beispiel der Hugenotten beispielhaft belegen, wie sich öffentliche Religionsausübung und das Eintreten für das allgemeine Wohl der Gesellschaft nicht nur verbinden, sondern geradezu bedingen», betonte Hein.

Schirmherr des 47. Deutschen Hugenottentages war der Oberbürgermeister der Stadt Kassel, Bertram Hilgen (SPD). Bischof Hein hielt am Sonntag im Festgottesdienst die Predigt.

«angekommen» - Ausstellung zeigt Wanderungsgeschichte der Hugenotten

Eine Ausstellung, die bis zum 11. Juli in der Karlskirche zu sehen ist, zeigt die Wanderungsgeschichte der Hugenotten. Neben historischen Exponaten werde eine Installation der finnischen Künstlerin Tea Mäkipää gezeigt, sagte Karlskirchenpfarrerin Inge Böhle.

Mit der Ausstellung unter dem Titel «angekommen» wolle man zu einem Dialog über die Zukunft des interkulturellen Zusammenlebens einladen, so die Pfarrerin. Die Hugenotten sind als französische Protestanten Ende des 17. Jahrhunderts wegen ihres Glaubens aus ihrem Heimatland vertrieben worden. Viele fanden in Kassel eine neue Heimat. Zur Ausstellung gebe es zudem eine Predigtreihe. (Programm siehe PDF-Dokument rechts).

Die Ausstellung «angekommen» ist noch bis zum 11. Juli mittwochs bis sonntags von 11 bis 18 Uhr in der Kasseler Karlskirche zu sehen. Führungen werden jeweils samstags um 15.30 Uhr und sonntags um 11.30 Uhr angeboten.

Die Hugenotten (französische Protestanten) waren Ende des 17. Jahrhunderts aus Frankreich vertrieben worden, einige fanden in Kassel eine neue Heimat. Die 1710 erbaute Karlskirche war für diese Kristallisationspunkt des geistlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens. Nach Angaben des Stadtkirchenkreises war die im Hugenottenbarock errichtete Kasseler Oberneustadt mit ihren 2.000 Neubürgerinnen und Neubürgern die bedeutendste Hugenottengemeinde Deutschlands nach Berlin. Bis zum Jahr 1867 sei in der Karlskirche der Gottesdienst in französischer Sprache gefeiert worden. (12.06.2010)

Impressionen

Festgottesdienst:

Lesen Sie hier die Predigt von Bischof Hein im Festgottesdienst «300 Jahre Karlskirche in Kassel» am 13. Juni 2010:

PDF-Dokument

Grußwort:

Ein Grußwort von Bischof Prof. Dr. Martin Hein finden Sie in unserem Thema:

Alle Termine der Predigtreihe und der Künstlergespräche im Begleitprogramm zur Ausstellung finden Sie hier:

PDF-Dokument

Linktipp:

Die Evangelische Kirchengemeinde Kassel-Mitte (Gemeindebezirk Karlskirche) finden Sie im Internet unter:

karlskirche.de