Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 07 Feb 2018

Kassel (medio). Lautes Klatschen, Schallendes Gelächter und wüstes Geschrei – das sind Töne, die man in einem Gotteshaus normalerweise nicht hört. Am vergangenen Freitagabend (02.02.) war all das in Kassels ältester Kirche, der Klosterkirche im Stadtteil Nordshausen, beim ersten Klosterkirchen-Slam zu hören.

Bei dem literarischen Vortragswettbewerb traten acht Poetry Slammerinnen und Slammer mit selbst geschriebenen Texten gegeneinander an. Das Publikum bewertete die Beiträge und kürte am Ende Lokalmatadorin Maria Böhme zur Siegerin, teilte die evangelische Kirchengemeinde mit. Suse Umscheid und Daniel Krooß leiteten mit einer Doppelmoderation durch den Abend und führten das Publikum zunächst an das Konzept des Abends heran. Für viele der Gäste, die sich von der Vielseitigkeit der Texte beeindruckt zeigten, sei es der allererste Poetry Slam gewesen, heißt es in einer Mitteilung.

Und die Bandbreite der Vorträge war groß: So trug Sophia Liberis lyrische Gedanken übers Älterwerden bei. Fatime Gjafa hatte ein spirituelles Gedicht im Gepäck. «Bei mir reimt sich nichts, mein Text wird eher eklig» moderierte dagegen Matthias «Mitti» Mitteregger seinen Beitrag an. Es folgte eine brachialhumoristische Kurzgeschichte über einen Zahnarztbesuch, in der der Protagonist alles versucht, um nicht auf den Stuhl zu müssen. Maria Böhme nahm die Zuschauer in einem Text über das Schreiben mit auf eine Art Traumreise und erzählte davon, wie ihre Geschichten «im Gedankenpalast die Lichter anknipsen».

Der Text von Marvin Seeligmann polarisierte: In «Hallo, fremder Mann» schilderte er die Geschichte eines Jungen, der Opfer von Kinderprostitution wird – aus der Ich-Perspektive. Seeligmann wählte dabei zum Teil drastische und explizite Worte. Für manche im Publikum war das zu viel. Sie verließen während seines Vortrags den Saal. «Das ist vollkommen in Ordnung, mich stört das nicht», hatte Seeligmann seinen Text zuvor anmoderiert. Schließlich wisse man nie, wer welche Schmerzgrenze habe und wem möglicherweise etwas Ähnliches selbst passiert sei.

Von Schnell-Lispler «Marc mit C» gab es unter anderem eine lyrische Antwort auf die Aussage des Comedians Jan Böhmermann, Poetry Slam sei «die widerlichste Kunstform, die in den letzten 20 Jahren erfunden worden ist» und Annika Hempel dichtete dem Publikum vor, warum Selbstliebe ein wichtiges Thema ist. Um Liebe ging es auch bei Lisa Klaus: In ihrem Text «Ramontik» erzählte sie auf humoristische Art, warum sie eigentlich kein romantischer Mensch ist.

Die Zuschauer in der Klosterkirche seien zum Abschluss des Abends voller unterschiedlicher Eindrücke gewesen, heißt es in der Mitteilung weiter. Viele wünschten sich eine Wiederholung und fanden es toll, dass Kirche sich dem Zeitgeist öffnet und auch gesellschaftskritischen Texten sowie Gedanken zu stark polarisierenden Themen einen Raum gibt. Kirchenvorsteherin Miriam Riemer und Mitorganisator Bernd W. Jöst teilten mit, dass zwei Poetry Slams pro Jahr geplant sind. Den nächsten wird es voraussichtlich im Herbst 2018 geben. (07.02.2018)

Linktipp:

Die Evangelische Kirchengemeinde Kassel -Nordshausen finden Sie im Internet unter

klosterkirche-nordshausen.de