Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 18 Apr 2018

Luxemburg/Kassel (epd/medio). Wenn kirchliche Arbeitgeber von Stellenbewerbern die Kirchenmitgliedschaft verlangen, müssen sie eine gerichtliche Überprüfung in Kauf nehmen. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg zu einem Fall aus Deutschland. Die konfessionslose Berlinerin Vera Egenberger hatte sich erfolglos beim Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung beworben und daraufhin wegen religiöser Diskriminierung geklagt.

Zwar stehe es den staatlichen Gerichten in der Regel nicht zu, über das Ethos kirchlicher Arbeitgeber als solches zu befinden, mit dem das Erfordernis der Konfession begründet wird, erklärte der EuGH. Die Gerichte hätten aber festzustellen, ob die Voraussetzung einer bestimmten Konfession mit Blick auf das Ethos im Einzelfall «wesentlich», «rechtmäßig» und «gerechtfertigt» sei.

Es muss dem Urteil zufolge «objektiv» ein direkter Zusammenhang zwischen der Konfession und der fraglichen Tätigkeit bestehen. Dieser könne sich aus der Tätigkeit ergeben, zum Beispiel wenn diese mit einem Beitrag zum «Verkündigungsauftrag» der kirchlichen Einrichtung verbunden sei, heißt es im Urteil.

Egenberger hatte vor Gericht klargemacht, dass es bei ihrer Klage nicht um alle möglichen Stellen gehe. Sie erkannte an, dass die Kirche verbindliche Vorgaben machen könne, wenn es beispielsweise um Seelsorge oder Leitungsfunktionen gehe. In der Klage ging es vielmehr um Stellen, bei denen aus Egenbergers Sicht der Glaube keine Rolle spielt. Im konkreten Streitfall handelte es sich um eine Tätigkeit bei der Diakonie zur Antirassismuskonvention der Vereinten Nationen.
 
Die Diakonie hatte sich in dem Rechtsstreit auf das im Grundgesetz niedergelegte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen berufen. Dieses werde indirekt auch vom Lissaboner EU-Vertrag geschützt, argumentierte sie. Das evangelische Kirchenrecht verlangt grundsätzlich von allen Mitarbeitern, dass sie evangelisch sind. Es gibt aber Ausnahmen für andere christliche Konfessionen und seit vergangenem Jahr auch für Anders- und Nichtgläubige. Die Diakonie zweifelte daneben auch Egenbergers fachliche Qualifikation für die Stelle an.Im Lichte des EuGH-Urteils muss nun die deutsche Justiz über den Fall entscheiden und der Klägerin gegebenenfalls die von ihr geforderten rund 10.000 Euro Entschädigung zusprechen.

«Künftig werden kirchliche Arbeitgeber vor einer Stellenausschreibung auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes prüfen müssen, welche Anforderungen an die Bewerber zu stellen sind,» erklärte Landeskirchenrätin Dr. Anne-Ruth Wellert, Dezernentin für Arbeitsrecht in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. «Es wird nach innen und nach außen stärker als bisher erforderlich sein, den kirchlichen Ethos im Hinblick auf die Beschäftigung von Mitarbeitenden deutlich zu machen und unterschiedliche Anforderungen für verschiedene Berufsgruppen und Aufgaben zu plausibilisieren.»

In der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck gelte bislang die Loyalitätsrichtlinie der EKD von 2005, so Wellert weiter. Diese setze für Bewerber grundsätzlich die Mitgliedschaft zur evangelischen Kirche voraus, ausnahmsweise auch zu einer Kirche aus der Arbeitsgemeinschaft Christilicher Kirchen (ACK), wenn kein geeigneter evangelischer Mitarbeiter zu gewinnen ist. (18.04.2018)