Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 27 Jan 2012

Hofgeismar/Carlsdorf (epd/medio). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist besorgt über rechtsextreme Gewalt und rechtsextremes Gedankengut in Deutschland. Die Aufdeckung der Mordtaten der neonazistischen Terrorgruppe NSU mit einem Unterstützerkreis sei ein Warnsignal, das nicht übersehen werden dürfe, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Präses Dr. h. c. Nikolaus Schneider am Freitag (27.1.) am Rande der Sitzung des Rates der EKD. Bis zum Sonntag kommen die Mitglieder des Rates und die Leitenden Geistlichen der EKD-Gliedkirchen zu ihrer jährlichen Begegnungstagung zusammen. Gastgeber der Tagung 2012 ist die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck und Tagungsort das nordhessische Hofgeismar.

Am Holocaust-Gedenktag beklagte Schneider, dass neonazistisches Gedankengut in der Gesellschaft verbreitet sei. Dieser Entwicklung gelte es auf allen Ebenen energisch zu widerstehen. In diesem Zusammenhang lobte er die Arbeit der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus, von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste und weiterer Gruppen und Initiativen, die zur Bekämpfung rechtextremistischer Tendenzen beitrügen.

In diesem Zusammenhang kritisierte der EKD-Ratsvorsitzende, dass die Bundesregierung an der sogenannten Extremismusklausel festhalten wolle. Diese Auflage, wonach Gruppen und Initiativen erklären müssen, dass sie keine extremistischen Bestrebungen haben, um staatliche Fördergelder zu bekommen, sei kontraproduktiv im Kampf gegen Rechtsradikale. Nach einem Spitzentreffen mit Kirchen, Verbänden und Initiativen gegen Rechtsextremismus am Dienstag hatten Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Familienministerin Kristina Schröder (CDU) die Klausel verteidigt.

Rechtes Gedankengut gebe es auch in Kirchengemeinden, räumte Schneider ein, der auch Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland ist. Diesem müsse mit Entschiedenheit entgegengetreten werden. «Christliche Nächstenliebe verlangt, mit Klarheit gegenüber rechtsextremistischen Haltungen jeder Art einzutreten», sagte der Theologe.

EKD-Begegnungtstagung 2012 zum Thema «Beerdigungskultur»

Im Mittelpunkt der EKD-Begegnungstagung vom 27. bis 29. Januar stand das Thema «Beerdigungskultur - zwischen Pragmatismus und Verkündigung des ewigen Lebens».

Laut Tagungsgprogramm besuchten die Bischöfinnen, Bischöfe, Kirchenpräsidenten und Ratsmitglieder unter anderem den Friedwald im Reinhardswald und das Museum für Sepulkralkultur in Kassel. Außerdem stand ein Erfahrungsaustausch mit Fachleuten und theologischen Gesprächspartnern zum Thema auf der Tagesordnung. Dazu gehörten u.a. Claus Dieter Wulf, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Bestatter, Prof. Dr. Dietrich Korsch, Professor für Systematische Theologie an der Philipps-Universität Marburg, Prof. Dr. Reiner Sörries, Leiter des Museums für Sepulkralkultur in Kassel und Dr. Hans-Adam von Schultzendorff von der FriedWald GmbH.

Am Sonntag (29.1.) feierten die Tagungsteilnehmer in der Carlsdorfer Kirche, der ältesten Hugenottenkirche Hessens, einen Gottesdienst, in dem Bischof Prof. Dr. Martin Hein predigte und der EKD-Ratsvorsitzende Schneider ein Grußwort sprach. In seiner Predigt über Offenbarung 1,9-18 ging Hein der Frage nach, «wer das Sagen in dieser Welt hat» und übertrug die im Predigttext ausgedrückte Sehnsucht, «manchmal einen Ort der Vergewisserung aufsuchen zu können», auf die jetzige Lebensrealität. Bei vielen Menschen mache sich ein tiefes Gefühl von Ohnmacht breit, bilanzierte der Bischof, auch im Hinblick auf das Weltwirtschaftsforum in Davos. Da wünsche man sich manchmal «etwas Außergewöhnliches, etwas, das die Grenzen des Herkömmlichen und Vertrauten sprengt und eine Antwort gibt auf die Machtfrage, die sich uns mit Macht stellt».

Für Johannes sei im Predigttext Patmos ein solcher Ort der Vergewisserung gewesen, so Hein. «Und an solch einem Ort wäre ich manchmal schon gern: um auf eine unbeschreibliche, aber ergreifende Weise darin bestärkt zu werden, dass regiert wird» und zwar – Karl Barth zitierend: «nicht nur in Moskau oder in Washington oder in Peking, sondern es wird regiert, und zwar hier auf Erden, aber ganz von oben, vom Himmel», unterstrich der Bischof.

Dieser Ort der Vergewisserung, der uns zuversichtlich und mutig glauben lässt, «dass entschieden ist, wer das Sagen hat», sei hier, so Hein: «Hier in Carlsdorf – oder in Anklam, in Meinerzhagen, in Schlitz, in Ansbach oder wo auch immer». Gott brauche nicht das Außergewöhnliche. «Vielmehr ist außergewöhnlich, wie er uns immer wieder mitten in dieser Welt begegnet: angreifbar und manchmal auch verwechselbar, aber nicht minder wirkungsvoll.» Hein weiter: «Aus dieser Lebensmacht heraus können wir die Welt zum Wohl und zur Versöhnung aller mitgestalten, können für sie beten, wenn wir spüren, dass die eigenen Kräfte nicht ausreichen oder zu erlahmen drohen, und können die frohmachende Botschaft bezeugen, dass Gott diese Welt liebt.» (29.01.2012)

Impressionen vom Gottesdienst in Carlsdorf

 

Linktipp:

Die Evangelische Kirche in Deutschland finden Sie im Internet unter:

www.ekd.de

Im Wortlaut:

Lesen Sie hier die Predigt von Bischof Martin Hein im Gottesdienst am Sonntag (29.1.) in der Carlsdorfer Kirche im Wortlaut:

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