Davidstern (Foto: Pixabay)

Davidstern (Foto: Pixabay)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 26 Jun 2020


In einem Brief wendet sich Bischöfin Dr. Beate Hofmann an die Bürgermeister der Städte Kassel, Hanau, Marburg und Fulda mit der Forderung, das Tragen von Motiven aus der NS-Diktatur bei Demonstrationen zu verbieten. Bei unterschiedlichen Demonstrationen von Gegnern der staatlichen Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie tauchten solche Symbole vermehrt auf, so zum Beispiel der Davidstern mit der Inschrift «Ungeimpft». Dieser war dem NS-Symbol eines «Judensterns» nachempfunden.

Lesen Sie hier den Brief an die Oberbürgermeister Christian Geselle (Kassel), Claus Kaminsky (Hanau), Dr. Thomas Spies (Marburg), Dr. Heiko Wingenfeld (Fulda) und die jeweiligen jüdischen Gemeinden (zur Kenntnis) im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, 
 
in der letzten Zeit war auf unterschiedlichen Demonstrationen von Gegnern der staatlichen Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie zu sehen, dass sich Teilnehmende als  «Opfer» von aus ihrer Sicht «diktatorischen» staatlichen Maßnahmen ansehen und inszenieren. Dazu zählt vor allem das Tragen eines Davidsterns, der mit der Inschrift «Ungeimpft» dem NS-Symbol eines «Judensterns» nachempfunden wurde. Aber auch andere Motive aus der NS-Diktatur wurden gezeigt, wie etwa eine unerträgliche Stilisierung des Eingangsportals des NS-Konzentrationslagers Ausschwitz mit den Worten «Impfen macht frei». Oder die Verwendung eines Bildes von Anne Frank als Protest gegen ein häusliches «Eingeschlossen-Werden» mit dem zynischen Satz: «Anne Frank wäre heute bei uns». 
 
Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck verurteilt diese unerträgliche Verunglimpfung von Opfern des Holocaust auf das Schärfste. Wir fordern, das Tragen solcher Motive auf Demonstrationen zu verbieten.
 
Wir bitten Sie dringend, für Ihren Zuständigkeitsbereich ein solches Verbot zu erlassen – wie dies etwa die Stadt München bereits getan hat, indem sie untersagt hat, den NS-Symbolen nachgeformte Davidssterne zu tragen.  
 
Bei aller Meinungs- und Demonstrationsfreiheit kann nicht hingenommen werden, dass das Andenken an die Opfer des Holocaust zu derartigen zynischen Inszenierungen im Protest gegen angebliche «diktatorische» Maßnahmen des Staates instrumentalisiert wird, wodurch deren tatsächliches entsetzliches Leiden bagatellisiert und die Verbrechen der Nazi-Diktatur verharmlost werden.
 
Tragen Sie bitte mit dazu bei, ein starkes öffentliches Zeichen zu setzen, dass in den Städten und Gemeinden in unserem Land die Würde der Holocaustopfer geschützt und gegen zynische Instrumentalisierungen verteidigt wird. 
 
Wir danken Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit für unser Anliegen. 
 
Mit guten Wünschen und herzlichen Grüßen 
Ihre 
gez. Beate Hofmann