Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 26 Feb 2016

Niedenstein (medio/Olaf Dellit). Die Niedensteiner wollten es ganz genau wissen. Knapp 150 Menschen waren am Donnerstagabend in das Evangelische Freizeitheim gekommen, um sich über die Pläne der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) zu informieren und kritisch nachzufragen. Die Landeskirche will ab April das Freizeitheim in eine Gemeinschaftsunterkunft für 75 Flüchtlinge umwidmen.

Pröpstin Katrin Wienold-Hocke erläuterte als Vorsitzende des Kuratoriums für das Freizeitheim die Entscheidung der Landeskirche. Das Aus für das Freizeitheim sei von der Landessynode im Herbst 2015 beschlossen worden, vor allem wegen deutlich gesunkener Belegungszahlen. Die hätten im vergangenen Jahr gerade noch bei 35 Prozent gelegen. Zeitgleich habe der Schwalm-Eder-Kreis nach Flüchtlingsunterkünften gesucht. So habe die EKKW beschlossen, Menschen in Not zu helfen. Sie freue sich, dass so einige der Arbeitsplätze erhalten blieben und für das Gebäude eine gute Nutzung gefunden worden sei: «Es bleibt ein gastfreundliches Haus.»

Das Heim bleibt Eigentum der Kirche und wird an den Schwalm-Eder-Kreis vermietet. Zuvor wird für etwa 90.000 Euro umgebaut, das betrifft vor allem den Brandschutz sowie die Ausstattung mit Kochherden und Waschmaschinen, die die neuen Bewohner nutzen werden. In der Unterkunft arbeiten werden die Heimleiterin, die Geschäftsführerin, der Hausmeister, eine Reinigungskraft für die Sanitärbereiche (1/3-Stelle, die Zimmer reinigen die Bewohner selbst) und mit 15 Stunden eine Sozialbetreuung.

In Niedenstein gibt es bereits eine Unterkunft mit ebenfalls 75 Plätzen und den Arbeitskreis «Füreinander – Miteinander», der seine Arbeit beim Informationsabend vorstellte. Die städtische Flüchtlingsbeauftragte Julia Grunewald-Discher und Pfarrer Johannes Böttner präsentierten das umfangreiche Engagement der Ehrenamtlichen, von Bastelnachmittagen über eine Kleiderkammer und Deutschkursen bis zu gemeinsamen Festen und Konzerten.

Lob gab es von Niedensteins Bürgermeister Frank Grunewald, die neue Unterkunft sei «das richtige Angebot am richtigen Platz.» Und Heidrun Hartwig von der Kreisverwaltung ermunterte dazu, positiv auf die neuen Bewohner zuzugehen, die sehr hilfsbedürftig seien: «Sie sind froh, wenn wir sie freundlich anlächeln.»

Im Diskussionsteil des Abends wurde kritisch, aber meist konstruktiv nachgehakt. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Wie sieht es mit den Arbeitsplätzen des Freizeitheims aus? Kirchenverwaltungsdirektor Armin Fuhrmann sagte, drei würden in der Flüchtlingsunterkunft weiterbeschäftigt, zwei seien in Rente gegangen, sechs Mitarbeitenden sei gekündigt worden. Es seien alternative Arbeitsplätze innerhalb der Landeskirche angeboten worden.

Welche Firmen sind mit dem Umbau beauftragt? Es seien heimische Firmen, sagte Heimleiterin Silvia Piechniczek, mit einer Ausnahme, weil der Elektrobetrieb vor Ort ausgelastet sei.

Wer sucht die Flüchtlinge aus, die nach Niedenstein kommen? Heidrun Hartwig vom Schwalm-Eder-Kreis erläuterte, dass der Kreis als Mieter des Hauses für die Belegung sorge. Allerdings ließen sich keine Voraussagen treffen, weil es davon abhänge, wer aktuell gerade komme. Es stimme, dass viele alleinreisende Männer kämen, aber bisher habe das in den Unterkünften gut funktioniert. Auch religiöse Konflikte seien ihr bisher nicht bekannt geworden.

Was ist, wenn es doch Konflikte gibt? Hartwig sagte, dass dafür Hausleitung oder Hausmeister da seien, im Notfall auch die Polizei.

Stimmt es, dass das Flüchtlingsheim für die Landeskirche ein lukratives Geschäft ist? Pröpstin Wienold-Hocke: «Die Landeskirche verdient hier kein Geld.» Natürlich zahle der Kreis Miete und einen Betrag pro Flüchtling, das werde aber auch für die laufenden Kosten ausgegeben.

Wieso schließt die Landeskirche das Freizeitheim und will gleichzeitig am Edersee ein Gebäude für Gottesdienste und als Unterkunft für Ehrenamtliche bauen? Das Freizeitheim Niedenstein sei immer schlechter ausgelastet gewesen, sagte Wienold-Hocke. Bei «Kirche unterwegs» am Edersee steige die Beteiligung: «Es ist eine blühende und wachsende Arbeit.» Die bisherige Unterbringung für die Ehrenamtlichen und das Zelt für Gottesdienste dort seien marode, daher der Neubau. 

Die Kirche bietet zusätzlich 15 Stunden Sozialbetreuung für Flüchtlinge an. Reicht das aus? Pröpstin Wienold-Hocke wies darauf hin, dass das Angebot in Niedenstein mit Hausleitung, Geschäftsführung, Hausmeister und Sozialbetreuung besser sein werde als in den meisten privaten Einrichtungen. 

Was passiert mit der Kapelle im Freizeitheim? Klare Antwort: Sie bleibt als sakraler Raum erhalten.
(26.02.2016)

Internetradio:

Was sagen die Menschen in Niedenstein dazu, dass das Freizeitheim nun ein Flüchtlingsheim wird?