Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 06 Mai 2008

Hofgeismar (epd). Die Anzahl armer und kranker Gefangener in Deutschland ist gestiegen. Dies sagte der Vorsitzende der Evangelischen Konferenz für Gefängnisseelsorge in Hessen, Tobias Müller-Monning, am Montagabend bei der Eröffnung der bundesweiten Jahrestagung der Gefängnisseelsorge in Hofgeismar. «Wir erleben weltweit eine ständige Zunahme der Häftlinge», benannte er ein weiteres Problem. Die Tagung «Restorative Justice» (wiederherstellende Gerechtigkeit) beschäftige sich mit Alternativen zur Haft.

Ein Gefängnisaufenthalt sei unverhältnismäßig kostenintensiv und der Erfolg gering, betonte Müller-Monning im Hinblick auf die hohen Rückfallquoten. «Das Gefängnis sozialisiert zum Verbrechen». Es sei an der Zeit, über mögliche Alternativen zum derzeitigen Strafvollzug nachzudenken. Dazu gehöre etwa der Täter-Opfer-Ausgleich oder die elektronische Fußfessel. Auch vorbeugende Maßnahmen seien von hoher Bedeutung. «Die hessische Landesregierung hat viele solcher präventiven Maßnahmen leider gestrichen», bedauerte er.

Martin Faber, Vorsitzender der Evangelischen Konferenz für Gefängnisseelsorge in Deutschland, beklagte, dass viele Justizvollzugsangestellte zehn und mehr Tage am Stück Dienst hätten, gefolgt von nur einem Tag Ruhe. Zudem stellte er eine «gewisse Ähnlichkeit» zwischen der Zeit Johann Hinrich Wicherns, der 1833 in einem Hamburger Vorort ein Heim für verwahrloste Jugendliche gründete, und heute fest: «Es scheint, dass die Gesellschaft auf einem rückwärts gewandten Weg ist.» Die Armut bei Kindern wachse und damit die Gefahr, straffällig zu werden.

Zu der noch bis Freitag dauernden Jahrestagung der Evangelischen Konferenz für Gefängnisseelsorge in Deutschland haben sich rund 120 Teilnehmer angemeldet, darunter Gäste aus Dänemark, Schweden, Holland, Österreich, Polen und England. (06.05.2008)