Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 19 Jun 2012

Kassel (epd). Eine gefestigte islamische Identität schützt nach Ansicht der Generalsekretärin des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nurhan Soykan, vor Radikalisierung. Eine Anfang des Jahres veröffentlichte Studie über junge Muslime in Deutschland habe gezeigt, dass Religiosität nicht unbedingt ein Faktor für eine Radikalisierung darstelle, sagte sie auf einer Islamkonsultation der Evangelischen Akademie Hofgeismar am Samstag in Kassel. Muslimische Kinder müssten islamische Grundsätze lernen, damit sie nicht in die Hände von Radikalen fielen.

Die Grünen-Landtagsabgeordnete und integrationspolitische Sprecherin Mürvet Öztürk sagte, das Fehlen eines islamischen Religionsunterrichts erhöhe das Risiko, dass Jugendliche radikalen Kräften zum Opfer fielen. Hier sei die Politik zum Handeln aufgefordert. Viele Muslime betrachteten Hessen inzwischen als ihre Heimat, ohne jedoch ihre eigene kulturelle Identität aufzugeben. «Der Islam gehört zu Deutschland wie auch das Christentum zu islamisch geprägten Ländern gehört», sagte Öztürk.

Wolfgang Frindte, einer der Verfasser der vom Bundesinnenministerium in Auftrag gegebenen Studie, hob auf der Konsultation mit dem Titel «Junge Muslime unterm Mikroskop» hervor, dass es ein positives Ergebnis sei, wenn sich 80 Prozent der jungen Muslime in Deutschland integriert fühlten. Allerdings habe sich das Buch «Deutschland schafft sich ab» von Thilo Sarrazin nachteilig ausgewirkt und den Dialog mit dem Islam beeinträchtigt. In vielen Köpfen sei leider noch nicht angekommen, dass Integration ein wechselseitiger Prozess sei.

Die Soziologin Ursula Boos-Nünning riet zu mehr Gelassenheit in der Integrationsdebatte. Wichtig sei, den Einwanderern Bildung und Berufschancen zu ermöglichen und fair miteinander umzugehen. Zudem sei der herrschende Eindruck, dass Muslime die größte Gruppe unter den Einwanderern seien, schlichtweg falsch. «Es wandern mehr Katholiken nach Deutschland ein als Muslime.» (16.06.2012)