Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 17 Jun 2009

Kassel/Darmstadt (medio.) Mit Unverständnis reagieren die Arbeitsstellen für Migration der Evangelischen Kirchen in Hessen auf den von CDU und FDP vorgelegten Gesetzentwurf, der in dieser Woche im hessischen Landtag in erster Lesung beraten wird. Mit dem Gesetzentwurf soll die Zusammensetzung der Härtefallkommission verändert und die Zugangsvoraussetzungen für Hilfesuchende verschärft werden.

«Die gerade mal vor einem halben Jahr eingerichtete Härtefallkommission in Hessen arbeitet nach unseren Informationen gut und ausgesprochen verantwortungsvoll. Die von der Koalitionsfraktion vorgesehenen Verschärfungen würden einen großen Rückschritt bedeuten und die Lösung tatsächlicher Härtefälle unnötig erschweren», erklärt der Leiter der Arbeitsstelle für Migration von Kurhessen-Waldeck, Pfarrer Dr. Robert Brandau in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Landeskirchen.

Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktion sieht unter anderem neue Ausschlussgründe vor. Wer seinen Lebensunterhalt inklusive Krankenversicherungsschutz nicht eigenständig sichern kann, soll künftig regelmäßig ausgeschlossen bleiben. «Das ist deutlich strenger als es der Bundesgesetzgeber vorgesehen hat und widerspricht dem Geist und dem humanitären Charakter der Härtefallregelung. Ökonomische Nützlichkeit darf nicht das einzige Kriterium bei der Bewertung eines Härtefalls sein,» kritisiert der Interkulturelle Beauftragte der Evangelischen Kirche und des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau, Pfarrer Andreas Lipsch. Kranke, traumatisierte und alte Menschen würden so als erste auf der Strecke bleiben. Die von der Koalitionsfraktion eingeräumte Möglichkeit, dass sich Behörden oder andere Personen verpflichten könnten, für betroffene Personen finanziell aufzukommen, bezeichnen die Kirchenvertreter als eine «problematische Umverteilung staatlicher Verantwortung auf Dritte.» 

Kritisch sieht man in den Arbeitsstellen der Evangelischen Kirchen in Hessen auch den vorgesehenen regelmäßigen Ausschluss von Personen, die behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung behindert haben oder straffällig geworden sind. «Eine Härtefallkommission muss prüfen können, ob individuelle humanitäre Gründe für den weiteren Verbleib in Deutschland sprechen. Jeder pauschale Ausschlussgrund macht diese notwendige Prüfung des Einzelfalles obsolet», gibt Dr. Robert Brandau zu bedenken.

Weiter sieht der Gesetzentwurf vor, die bereits jetzt 17-köpfige Kommission um fünf Abgeordnete und einen Vertreter des Integrationsministeriums zu erweitern. Damit wäre die hessische Härtefallkommission drei Mal so groß wie die meisten anderen Härtefallkommissionen in Deutschland. Zudem soll in Zukunft eine Zwei-Drittel-Mehrheit für ein positives Votum der Kommission notwendig sein. Lipsch nannte das ein «deutliches Misstrauensvotum gegenüber dem großen Engagement der Vertreter von Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und Nichtregierungsorganisationen». Im Übrigen sei fraglich, ob ein solches «Mammutgremium» mit 23 Mitgliedern überhaupt noch sinnvoll arbeiten könne. (17.06.2009)