Den Auftakt für die überregionale Vortragsreihe gab am Montag (23.4.) die frühere EKD-Reformationsbotschafterin, Margot Käßmann, in der Hanauer Christuskirche. (Foto: medio.tv/Schauderna)

Den Auftakt für die überregionale Vortragsreihe gab am Montag (23.4.) die frühere EKD-Reformationsbotschafterin, Margot Käßmann, in der Hanauer Christuskirche. (Foto: medio.tv/Schauderna)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 11 Apr 2018

Hanau (medio/epd). Vor 200 Jahren haben sich in der Grafschaft Hanau-Münzenberg Lutheraner und Reformierte zu einer evangelischen Kirche zusammengeschlossen. Dieses Ereignis wird unter dem Motto «200 Jahre - Zusammen in Vielfalt glauben» mit einer Reihe von Vorträgen, einer Ausstellung, einem Konzert und einem Jubiläumsfest auf dem Hanauer Marktplatz gefeiert. Ziel der Jubiläumsveranstaltungen sei es, die Visionen der Vereinigung von vor 200 Jahren aufzunehmen und zu fragen, wie sie das Leben der Menschen verändert haben und «welche Visionen wir heute haben hinsichtlich der Entwicklung von Kirche und Staat», erläuterte der Prälat der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Bernd Böttner, der bis zum Ende des letzten Jahres Propst des Sprengels Hanau war.

Margot Käßmann: Nur miteinander, nicht gegeneinander feiern und gedenken

Den Auftakt für die überregionale Vortragsreihe gab am Montag (23.4.) die frühere Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, in der Hanauer Christuskirche. Käßmann berichtete von den Erfahrungen aus dem Jubiläum der 500. Wiederkehr der Reformation Martin Luthers. Und manche Antwort lag auch in den Fragen und Zweifeln, die sie schilderte, schreibt Jutta Degen-Peters in der Mittwochsausgabe des Hanauer Anzeigers. Etwa, als sie von der Planung für die Reformationsfeierlichkeiten sprach. Dürfe man ein Ereignis feiern, das von manchem als eine Kirchenspaltung verstanden werde? Dürfe ein Mann gefeiert werden, der mit seiner Judenschmähschrift so dunkle Schatten auf sein Erbe warf? Und auch die Frage, ob evangelische Christen überhaupt feiern könnten, sei gestellt worden, sagte Käßmann unter dem Gelächter des Publikums.

Ja, man dürfe, betonte Käßmann sie. Man durfte, ohne einen Kult um Martin Luther zu machen, indem auch unter Bezug auf Calvin, Zwingli und Hus international über die Grenzen hinweg als breite Bewegung in ganz Europa gefeiert worden sei. Zwischen katholischer und evangelischer Kirche gebe es viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Deshalb sei so wichtig gewesen, die Reformation ökumenisch zu feiern, bei allen bleibenden Unterschieden, wie dem Papstamt oder dem Abendmahl. «Was uns verbindet, ist stärker als Unterschiede von Praktiken und Amtsverständnis. Hinter diesen Schritt geht es nicht zurück», zeigte sich die Theologin überzeugt.

Käßmann bedauerte, dass die Menschen keine Sehnsucht mehr hätten, gemeinsam zu feiern und zu singen. Dabei könne genau das eine Quelle der Kraft sein. Die Theologin machte keinen Hehl daraus, dass auch sie kein Patentrezept dafür parat hat, wie man diese Sehnsucht wieder entfacht. Ganz sicher nicht, indem politische Themen aus der Kirche verbannt würden. «Kirchen haben immer auch eine politische Verantwortung», antwortete sie auf die Frage eines Besuchers. Auch Liebe zu anderen sei etwas sehr Politisches. Vieles lasse sich aus der Bibel ableiten, das die politische Haltung präge. Als Beispiel nannte Käßmann das achte Gebot: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten», das zu einer Kultur der Wahrhaftigkeit ermahne und dafür, sich gegen «Fake News» zu positionieren.

Weitere Vorträge und «Unionsfest» im September

Zum Schluss des Vortragsabends lud Prälat Böttner dazu ein, als Abschluss der Jubiläumsfeierlichkeiten am Sonntag, 16. September, um 14 Uhr, auf dem Marktplatz gemeinsam die Feier des Unionsfest zu begehen. Bis dahin sind weitere Vorträge vorgesehen. So spricht am 15. Mai der Generalsekretär der Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa, Michael Bünker, über den Beitrag evangelischer Kirchen für den Zusammenhalt des Kontinents. «Quo vadis Ökumene?» fragt am 13. August die katholische Tübinger Theologieprofessorin Johanna Rahner. Die Reihe beschließt der langjährige Bundestagsabgeordnete der Grünen, Volker Beck. Sein Thema lautet «Trennung und Partnerschaft von Kirche und Staat in Deutschland» (Termin steht noch nicht fest).

Den Auftakt zur regionalen Vortragsreihe übernimmt am 22. Mai der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Martin Hein. Er spricht über die Bedeutung der Hanauer Union für die Entwicklung der Landeskirche. Weiter geht es mit Beiträgen über die Unterschiede zwischen Reformierten und Lutheranern, über die Folgen der Union am Beispiel der Stadt Hanau sowie des Dörfchens Windecken, über die Protagonisten der Einigung und den Sonderweg der Wallonisch-Niederländischen Kirche. Das Konzert mit der Hanauer Kantorei und Solisten findet am 27. Oktober in der Marienkirche statt. Zu erleben ist die «Mass in blue» des englischen Komponisten Will Todd.

Stichwort: «Hanauer Union»

Vor 200 Jahren haben sich in der Grafschaft Hanau-Münzenberg Lutheraner und Reformierte zu einer evangelischen Kirche zusammengeschlossen. Heftigen Streit zwischen lutherischen und reformierten Christen habe es damals zum Beispiel über die Abendmahlspraxis, die Liturgie und das Vaterunser gegeben, erläuterte Prälat Böttner. Ein wichtiger Impuls für deren Einigung sei von dem 300-Jahr-Jubiläum der Reformation 1817 ausgegangen. Nach der Synode am 1. Juni 1818 seien die neuen Vereinbarungen mit großem diplomatischen Geschick und erst nach und nach umgesetzt worden. «Es gab keine Rücksichtslosigkeit, keinen Zwang», hob Böttner hervorhob, «sondern eine große Bereitschaft, aufeinander zuzugehen.» Gerade in Zeiten wie diesen könne man von den Protagonisten der Union viel lernen. (25.04.2018)

Internetradio:

Hören Sie hier einen Beitrag zum Thema von Radioreporter Siegfried Krückeberg:

Linktipp:

Weitere Informationen finden Sie im Internet unter:

www.hanauer-union.de