Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 04 Okt 2018

Kassel (medio/epd). Der Obelisk auf dem Kasseler Königsplatz ist Geschichte. Mehr als ein Jahr nach Ende der documenta 14 ist das Kunstwerk des nigerianisch-amerikanischen Künstlers Olu Oguibe am Mittwochmorgen abgebaut und zunächst sicher verwahrt worden, wie die Stadt Kassel mitteilte. Die Verträge zwischen der Stadt und dem Künstler waren bereits am Sonntag ausgelaufen - ohne Einigung über eine Zukunft für den Obelisken.

"Ein Symbol für kulturelle Vielfalt und Gastfreundlichkeit gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung in unserer Gesellschaft ist uns nun verloren gegangen",  bedauert Pfarrer Dr. Jochen Gerlach, Mitbegründer der Initiativgruppe „Christinnen und Christen für den Obelisken“, den Abbau des Obelisken. "Die Aufgabe, sich hierfür einzusetzen, bleibt bestehen", betont Gerlach. Insbesondere die Botschaft „Ich war ein Fremdling, ihr habt mich beherbergt“ drückt für Gerlach eine christlich-humanitäre Grundüberzeugung aus, die in das Herz von Kassel gehöre. Der Abbau sei nicht nur ein Imageschaden für die Stadt Kassel, vielmehr gehe der Stadt für ihr Selbstverständnis als weltoffene Stadt ein sichtbares Zeichen verloren.

Die Stadtverordnetenversammlung hatte sich zuletzt am 24. September gegen den Standort Königsplatz ausgesprochen und für den Standort Treppenstraße - nahe dem Friedrichsplatz - plädiert. Dagegen hatte der Künstler mehrfach betont, dass er den Obelisken explizit für den Königsplatz im Herzen der Stadt geschaffen habe. Die Entscheidung, was künftig mit dem Kunstwerk geschehen soll, obliege dem Künstler, sagte ein Stadtsprecher. Die Stadt sei unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung weiterhin offen für Gespräche mit Oguibe zur Zukunft des Obelisken.

Das rund 16 Meter hohe Kunstwerk wurde von März bis Mai 2017 auf einer Fläche von knapp zehn Quadratmetern errichtet. Es trägt auf einer Seite als Aufschrift das Bibelzitat «Ich war ein Fremdling und ihr habt mich beherbergt». Die anderen drei Seiten zitieren den Spruch auf Arabisch, Türkisch und Englisch. Der Obelisk soll an die weltweit 60 Millionen Flüchtlinge erinnern.

Der 53-jährige Oguibe blickt selbst auf eigene Fluchterfahrungen zurück. Er hat zwar nach eigenem Bekunden einen Prediger als Vater, ist aber selbst kein Christ. Mit dem Bibelzitat wolle er besonders diejenigen frommen Evangelikalen in den USA provozieren, die sich vehement gegen die Aufnahme von Flüchtlingen wehrten, hatte er bei der Errichtung des Obelisken gesagt.

Der vom Künstler aufgerufene Kaufpreis betrug 600.000 Euro, die vor dem Hintergrund des Millionendefizits der documenta 14 aus Spenden finanziert werden sollten. Letztlich kamen aber lediglich 126.000 Euro zusammen. Oguibe akzeptierte diese Summe aber. Da es keine Einigung über den Standort des Werkes gebe, werde jetzt die Rückzahlung des Geldes vorbereitet, hieß es. (04.10.2018)