Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 23 Feb 2023

Li-Wen Hsueh kommt aus Taiwan und lebt für einige Monate auf dem Himmelsfels in Spangenberg. Dort bringt sie Besuchern und Besucherinnen die Kultur und Geschichte ihrer Heimat nahe. Neben den Begegnungen vor Ort nutzt Hsueh das Netzwerk Instagram, auf dem auch Pfarrerin Ute Dilger mit dem Weltgebetstag sehr aktiv ist. Gemeinsam laden die beiden Frauen zum Austausch über Länder, Demokratie und Widerstand gegen autoritäre Regime ein. Olaf Dellit, Redakteur im Medienhaus der EKKW, hat die beiden besucht.

Spangenberg/Kassel. Bubble Tea, diese Mischung aus Tee, Milch und glibberigen Kugeln, die im Mund zerplatzen und ein Aroma freisetzen, ist in Taiwan der Renner. Auch in Deutschland ist das Getränk vor allem unter jungen Leuten beliebt. Grund genug für Pfarrerin Ute Dilger und Li-Wen Hsueh aus Taiwan sich immer mal wieder zum Bubble Tea und zum Gespräch zu treffen – mit ganz vielen und virtuell – auf der Plattform Instagram unter #taiwanbubbleteatime.

Dilger, Beauftragte für den Weltgebetstag in Kurhessen-Waldeck, hat die 23-jährige Taiwanerin nach Deutschland eingeladen, denn Taiwan ist 2023 Partnerland des Weltgebetstags, der am 3. März weltweit gefeiert wird. In Taiwan zählen sich weniger als vier Prozent der Bevölkerung zum Christentum, unter ihnen Li-Wen Hsueh. Pfarrerin Dilger fragte bei der presbyterianischen Kirche des Inselstaates an - dort wurde die junge Frau vorgeschlagen. Denn Hsueh war vor einigen Jahren schon einmal in Deutschland, damals an der Universität Bonn. In ihrer Heimat studiert sie in der Stadt Kaohsiung (2,77 Millionen Einwohner) Übersetzung von Englisch und Mandarin-Chinesisch. Deutsch spricht sie auch.

Als Freiwillige arbeitet sie nun auf dem Himmelsfels in Spangenberg in der dortigen internationalen Gemeinschaft mit. Sie leitet Jugendgruppen beim Bogenschießen und Reinigungsarbeiten an, vor allem aber berichtet Hsueh von ihrer Heimat und ihrer Kultur. Dazu hat sie auch eine Ausstellung erstellt, durch die sie Besuchergruppen führt (Anmeldung über die Himmelsfels-Homepage). Darin, so erzählt sie, möchte sie die drei Wurzeln des heutigen Taiwan darstellen: die indigene Bevölkerung der Insel, den Einfluss der Han-Chinesen und den des Kolonialismus. In den Augen vieler Taiwaner wird China als eine Besatzungsmacht gesehen, erklärt Pfarrerin Dilger, als eine von vielen in der Geschichte des Landes. Dilger sagt: «Taiwan war nie wirklich frei.» 

Der Weltgebetstag kommt zu einem Zeitpunkt, da die Eigenständigkeit Taiwans sehr bedroht erscheint. Das Großreich China betrachtet die Insel als Teil seines Staatsgebietes und droht immer wieder auch mit militärischen Mitteln. Auch darauf wird der Weltgebetstag einen Fokus richten. Li-Wen Hsueh erhofft sich eine wachsende Solidarität durch den Tag. «Bitte steht uns bei und unterstützt die Demokratie», sagt sie. Zum Gespräch hat sie Sonnenblumen mitgebracht und erinnert damit an die Protestbewegung 2014, die als Regenbogen-Bewegung bekannt wurde. Damals protestierten junge Leute in Taiwan gegen einen Gesetzentwurf, der den Einfluss Chinas auf der Insel gestärkt hätte. Es gab auch Befürchtungen, die Pressefreiheit könne beschnitten werden.

Sollte Taiwan tatsächlich von China annektiert werden, könnte das auch die Religionsfreiheit bedrohen, fürchtet die junge Christin und erzählt von einem befreundeten Pastor aus den USA, der einige Zeit in China tätig war. Gottesdienste, Bibelkreise und ähnliches habe es dort fast immer in Privatwohnungen, also im Geheimen, gegeben. Im heutigen Taiwan hingegen könne sie ihrer Religion völlig frei nachgehen.

Ihr sei im Jahr 2019 klar geworden, wie weit China gehen würde, sagt Hsueh. Damals wurde die Demokratiebewegung in Hongkong niedergeschlagen. Die Demokratie in ihrem Land sei in Gefahr. Schon heute gebe es Tag für Tag Cyberattacken auf taiwanesische Einrichtungen und Betriebe, ergänzt Ute Dilger, besonders vor Wahlen passiere das. «China», sagt die taiwanische Studentin, «will die Freiheit zerstören.»

Der Weltgebetstag bietet eine gute Gelegenheit, mehr über das Land, seine Geschichte, Kultur und Politik, aber auch über seine christlichen Gemeinden zu erfahren. Li-Wen Hsueh ist eine gute Botschafterin Taiwans: Sie erzählt gut gelaunt von ihrer Heimat. Wenn es dazu noch einen Becher Bubble Tea gibt – umso besser. (23.02.2023)

Linktipps:

Weitere Informationen finden Sie im Internet und auf Instagram:

himmelsfels.de/(...)

Internetradio:

Am 3. März ist Weltgebetstag. Und in diesem Jahr haben ihn Frauen aus Taiwan vorbereitet. Die kleine Insel Taiwan behauptet sich gegen das Riesenreich China. Für die Unabhängigkeit und Demokratie in Taiwan setzen sich auch die Christen des Landes ein. Ihr Motto für den Weltgebetstag: Glaube bewegt. Radio-Reporter Torsten Scheuermann hat mit Pfarrerin Ute Dilger gesprochen: