Unser Foto zeigt die Reisegruppe in der Moschee in Srebrenica. Dort berichtete Imam Damir Pestalic von der Situation der bosnischen Muslime nach 1995. Zuvor besuchten die Teilnehmenden eine Ausstellung und das Gräberfeld unweit des Ortes, wo im Juli 1995 mehr als 8.000 Bosnische Muslime während des Bosnienkrieges bei einem Massaker ermordet wurden. (Foto: privat)

Unser Foto zeigt die Reisegruppe in der Moschee in Srebrenica. Dort berichtete Imam Damir Pestalic von der Situation der bosnischen Muslime nach 1995. Zuvor besuchten die Teilnehmenden eine Ausstellung und das Gräberfeld unweit des Ortes, wo im Juli 1995 mehr als 8.000 Bosnische Muslime während des Bosnienkrieges bei einem Massaker ermordet wurden. (Foto: privat)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 20 Okt 2023

Zagreb/Kassel. In den Ländern Kroatien und Bosnien-Herzegowina geht der Einsatz für Frieden und Versöhnung vorrangig von einzelnen Personen aus, deren Engagement von ihrem Glauben getragen ist. Das ist die Beobachtung einer Delegation der Kammer für Mission und Ökumene der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), die vom 3. bis 10. Oktober 2023 die Friedensarbeit in den Balkan-Ländern erkundete. Dazu gehörten Besuche in und um Zagreb, Sarajevo, Mostar und Srebrenica.

Bei der Reise sei es darum gegangen, Eindrücke von der friedensstiftenden Rolle religiöser und interkultureller Gemeinschaften nach Kriegserfahrungen zu sammeln, teilte die Vorsitzende der Kammer, Pfarrerin Claudia Barth, mit. Diese bieten u.a. die Grundlage für Impulse und Anregungen der Kammer für die Weiterarbeit in Kirchengemeinden, Kirchenkreisen oder wichtigen Entscheidungsgremien, wie der Landessynode. 

Mit Beginn der neuen Kammerperiode 2022 lag ein thematischer Schwerpunkt aus Anlass des Krieges in der Ukraine auf Frieden. Die Reise habe neben den Themen der vergangenen Kammerperiode auch aktuelle Anliegen ökumenischer Verlautbarungen, wie die Versöhnungsthematik bei der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen 2022 in Karlsruhe aufgenommen, so Barth weiter. 

«Gläubige für den Frieden» und Ordensgemeinschaften

Die Engagierten in den besuchten Ländern wären häufig in kleineren Vereinsstrukturen und Netzwerken organisiert und finanzierten sich durch ehrenamtliches Engagement, Spenden, Projektgelder und viel Kreativität, heißt es in einer Zusammenfassung der Reisebeobachtungen. Besonders hervor hob die Kammer die Initiative «Gläubige für den Frieden». Darin hätten sich Menschen zusammengeschlossen, um interreligiöse Gemeinschaft und einen hörenden Dialog zwischen den gesellschaftlichen Konfliktgruppen an allen Orten zu fördern. Zudem zeigten sich Vertreter aus Ordensgemeinschaften, wie die Jesuiten oder Franziskaner, als wichtige Gesprächspartner im Bereich von friedensfördernden gesellschaftspolitischen Initiativen.

Die Delegation sei auf ihrer Reise in besonderer Weise Zeugin der segensreichen Arbeit des deutschen Vereins «gewaltfrei handeln» geworden, berichtet Pfarrerin Barth weiter. Ana und Otto Raffai, die Initiatoren der «Gläubigen für den Frieden», hätten ihre Aus- und Fortbildung durch den in Wethen ansässigen Verein erhalten und ihre Kompetenzen seither vielfach weitergeben können. So sei ein Netzwerk engagierter Friedensarbeiterinnen und -arbeiter aus verschiedenen Konfessionen und Religionen entstanden, deren Mitglieder sich gegenseitig stärken, unterstützen und gemeinsam für Versöhnung und Frieden arbeiten.

Bosnischer Islam schon lange europäischer Islam

Dass der Islam in seiner bosnischen Prägung bereits seit Jahrhunderten ein europäischer Islam ist, sei für die Kammer eine neue und aufschlussreiche Wahrnehmung gewesen, heißt es in der Zusammenfassung weiter. Vertreterinnen und Vertreter des bosnischen Islams seien sowohl vor Ort auf dem Balkan und damit an den Grenzen der Europäischen Union als auch in der Diaspora in Deutschland oft zentrale Gesprächspartner auf den Wegen europäischer Einheit und des interreligiösen Dialogs. Die weltoffene Ausprägung habe sich auch im Gespräch mit Prof. Dr. Zilka Spahic Siljak (Universität Sarajevo) gezeigt, die im Bereich Feminismus und Islam forscht und viele Initiativen aktiv begleitet. Weiterhin sei bemerkenswert gewesen, dass es in vielen Gruppen und Initiativen Frauen sind, die die ersten Schritte auf andere zugegangen sind und die Arbeit tragen.

Kammer berät den Rat der Landeskirche

Die Mitglieder der Kammer für Mission und Ökumene beraten den Rat der Landeskirche zu ökumenischen, interreligiösen und umweltpolitischen Themen und Fragen zu Gesellschaft und Weltverantwortung. Ab Frühjahr 2024 werden die Kammermitglieder vordringlich Fragen zur Kirche in einer Einwanderungsgesellschaft beschäftigen, so Pfarrerin Barth. Neben der Kammer für Mission und Ökumene gibt es noch eine Theologische Kammer, eine Liturgische Kammer und eine Bildungskammer. 

Claudia Barth, Gemeindepfarrerin und Vorsitzende
Claudia Brinkmann-Weiß, Oberlandeskirchenrätin und Dezernentin Diakonie und Ökumene 
Christina Garve-Liebig, Verein «gewaltfrei handeln»
Dr. Andreas Goetze, Pfarrer, Zentrum Oekumene
Petra Hegmann, Dekanin 
Dr. Werner Kahl, Gemeindepfarrer
Kathrin Klöpfel, Gemeindepfarrerin 
Sabine Müller-Langsdorf, Pfarrerin, Zentrum Oekumene
Silvia Scheffer, Mitglied des Rats der Landeskirche 
Christina Schnepel, Pfarrerin, Zentrum Oekumene
Michael Schümers, Gemeindepfarrer 
Dr. Martin Streck, Gemeindepfarrer, Referatsleiter Catholica
Dr. Johannes Weth, Pfarrer Himmelsfels, Dozent FH Interkulturelle Theologie

(20.10.2023)

Appell für den Frieden:

Anlässlich der Eskalation der Gewalt im Nahen Osten haben die «Gläubigen für den Frieden» einen Appell verfasst, den wir im Wortlaut dokumentieren (Englisch und Kroatisch):

PDF-Dokument

Linktipp:

Weitere Informationen zur Arbeit des Vereins «gewaltfrei handeln» finden Sie unter:

gewaltfreihandeln.org