Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 16 Mai 2008

Niederdünzebach (medio). Bei Renovierungsarbeiten in der Kirche von Niederdünzebach bei Eschwege fanden Archäologen kürzlich vier Kanonenkugeln. Die alten Geschosse wurden in einer kleinen Gruft unter einem Abstellraum entdeckt: «Wir konnten es nicht fassen, weil wir damit wirklich nicht gerechnet hatten», sagte Stadthistoriker Karl Kollmann gegenüber der landeskirchlichen Medienagentur «medio», über den sensationellen Fund.

Die Archäologen hatten zwar vermutet, dass sie eine leere zugeschüttete Grube bei ihren Nachforschungen finden würden. Aber das tatsächlich noch Kugeln darin waren, hatten Kollmann und sein Team nicht erwartet.

Damit bestätigte sich eine etwa 200 Jahre alte Sage, die bis heute in Niederdünzebach überliefert wurde: Während der französischen Besatzungszeit soll der damalige Ortspfarrer Wilhelm Quentel den Truppen Napoleons rund 400 Kanonenkugeln gestohlen haben. Dazu lud der Pfarrer die Soldaten in sein Haus ein, um sie betrunken zu machen und ersetzte danach die Kugeln durch Steine. Die gestohlenen Kanonenkugeln verstecke er dann in der Gruft.

Mit der Aktion wollte er die Kriegstruppen sabotieren: «Quentel wollte Sand ins Getriebe streuen, die Kriegsmaschinerie stören», sagte Stadthistoriker Kollmann über den mutigen Pfarrer. Auch wenn die Aktion eher «scherzhaft» gewesen sei, hätte sie für Pfarrer Quentel böse Folgen haben können: «Wenn die Sache aufgeflogen wäre, wäre er im schlimmsten Fall verurteilt worden, möglicherweise zum Tode», so Kollmann.

Pfarrer Gernot Hübner von der Kirchengemeinde berichtete, dass die Sage früher sogar im Konfirmandenunterricht weitergegeben wurde. Dazu hätten ihm Gemeindemitglieder alte Hefte gezeigt, in denen die Sage vom «Kanonen-Quentel» abgeschrieben wurde. «Die Sage wurde schon immer als Stolz des Dorfes überliefert», so Pfarrer Hübner. Mit dem Fund der Kugeln scheint sich jetzt die Sage als wahr zu erweisen. (16.05.2008)