Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 09 Feb 2018

Kassel (medio). Eine Porträtplastik Martin Luthers, die vom renommierten Dresdner Bildhauer Wieland Förster geschaffen wurde, ist  am Freitag (09.02.) im Rahmen einer Feierstunde im Foyer vor der Kapelle im Haus der Kirche in Kassel aufgestellt worden. Bei der Büste handelt es sich um eine Leihgabe der Evangelischen Bank, deren Räumlichkeiten am Kasseler Ständeplatz zurzeit umgebaut werden. Die Plastik soll voraussichtlich ab 2020 ihren endgültigen Platz in dem neu gestalteten Hauptstandort des kirchlichen Geldinstituts bekommen, teilte die Landeskirche mit. Bei der Feierstunde Bischof Prof. Dr. Martin Hein und Thomas Katzenmeyer, Vorstandsvorsitzender der Evangelischen Bank anwesend.
 

Bischof Hein: Büste ist «eine echte Bereicherung» für das Haus der Kirche

Bischof Hein dankte allen, die sich dafür eingesetzt hätten, das bedeutende Werk von Wieland Förster nach Kassel zu holen. Er zeigte sich erfreut, dass das Haus der Kirche eine Weile die Lutherbüste beherbergen dürfe. Die Plastik stelle auf beeindruckende Weise den späten Luther dar – einen Luther, der von den Auseinandersetzungen der Reformation geprägt war, «den Kämpfer, aber auch den Verwundeten». Förster habe diese Erfahrungen Luthers in seinen Gesichtszügen eingefangen: «Der entschlossene Zug um Luthers Mund und die Erscheinung dieses Gesichtes wird sich allen, die ihm begegnen, tief einprägen», sagte Hein. Mit der Darstellung sei Förster ein «modernes Denkmal» gelungen, dass einen kritischen Impuls setze, die eigene Wahrnehmung befrage und ein neues und intensiveres Interesse im Betrachter wecke: «Es geht also vor allem um Wahrhaftigkeit: die Wahrhaftigkeit einer Begegnung.» Diese sei nun in den kommenden zwei Jahre im Haus der Kirche möglich und «eine echte Bereicherung», so der Bischof.
 

Vorstandsvorsitzender Katzenmayer: Plastik ist «eigensinnig im besten Sinne des Wortes»

Vorstandsvorsitzender Katzenmayer lobte die authentische und ausdrucksstarke Wirkung der Lutherplastik. Als unangepasst, sperrig, auch unbequem sei Luther oft charakterisiert worden. «Diese Plastik ist eigensinnig im besten Sinne des Wortes - genau das spiegelt Luthers facettenreichen Charakter treffend wider, ist aber auch Beleg für die besondere künstlerische Qualität der Skulptur.» Es sei für die Evangelische Bank eine große Ehre und besondere Freude, dabei behilflich sein zu können, dass bald 30 Jahre nach der deutschen Einheit mit diesem bedeutenden Werk des früheren DDR-Künstlers Wieland Förster die erste von dessen Luther-Plastiken ins alte Westdeutschland «rübermachen» könne. Vor der Kapelle im Haus der Kirche finde sie nun vorübergehend einen wunderbaren Platz.
 

Kirchengeschichtsprofessor Schilling: Bedeutendste Skulptur des Reformators seit 1930

In einer kurzen Einführung ordnete Prof. Dr. theol. Dr. phil. Dr. h.c. Johannes Schilling aus Kiel die von Wieland Förster geschaffene Porträtplastik Luthers in den historischen Kontext ein. Seiner Ansicht nach gehöre Försters «Luther» zu den beachtlichsten künstlerischen Schöpfungen im Umkreis des Lutherjubiläums 1983. Sein Werk sei die bedeutendste Skulptur des Reformators seit der Arbeit von Gerhard Marcks aus dem Jahr 1930. Schilling erläuterte, der Künstler habe es mit dem kraftvollen Luther aufgenommen, und fuhr fort: «Vielleicht macht gerade das den Rang seines Werkes aus, dass es Luthers Größe gewachsen ist, dem Kraftvollen und dem Zarten, dem Zweifelnden ebenso wie dem Assertorischen.»
 

Hintergrund: Der Künstler Wieland Förster und seine Luther-Skulptur

Wieland Förster zählt zu den herausragenden Bildhauern der Zeit nach 1945. Zugleich tritt er als bedeutender Zeichner, Maler und Schriftsteller hervor. Geprägt durch die Jahre des Nationalsozialismus und der DDR profilierte er sich gegen ein unversöhnliches, doktrinäres staatliches Kunstverständnis als figürlich-expressiv arbeitender Künstler, dessen Schaffen bleibende Gültigkeit erlangt hat. Seine Porträts zeichnen sich durch die Verbindung aus einfühlender Sensibilität und Ausdrucksstärke, Abstraktionsvermögen und Wirklichkeitssinn aus.

Das Porträt Martin Luthers zeigt uns den Reformator als kraftvolle Persönlichkeit, in der sich ein inniges Glaubensverständnis mit einem starken Handlungswillen verbindet. Weitere Abgüsse der Lutherbüste stehen im Rathaus in Schmalkalden, in der Lutherhalle in Wittenberg, in der Martin-Luther-Universität in Halle und im Museum der bildenden Künste Leipzig und am Herderzentrum in Weimar. (09.02.2018)

Download:

Ansprache «Ein Luther für Kassel» zur Präsentation der Büste im Landeskirchenamt von Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Johannes Schilling (Kiel):

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