Zwei Personen mit einem Einkaufswagen in einem Supermarkt.

Vollautomatisierte Verkaufsstellen dürfen in Hessen künftig auch an Sonn- und Feiertagen öffnen. Die Verkaufsfläche dieser Läden darf maximal 120 Quadratmeter betragen, das Sortiment muss auf Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs begrenzt sein.

Wiesbaden/Kassel, Redaktion epd/HNA
Veröffentlicht 10 Jul 2024

In Hessen dürfen vollautomatisierte Verkaufsstellen künftig auch an Sonn- und Feiertagen öffnen. Das hat der Hessische Landtag am 10. Juli in Wiesbaden mit einer Änderung des Ladenöffnungsgesetzes und den Stimmen aller Fraktionen beschlossen. Voraussetzung für den Betrieb an Sonn- und Feiertagen ist unter anderem, dass zu dieser Zeit kein Personal eingesetzt wird, heißt es in dem jetzt beschlossenen Gesetzentwurf, den CDU, SPD und FDP gemeinsam vorlegten. Das Thema hatte die hessische Politik seit Anfang des Jahres immer wieder beschäftigt.

Für Bischöfin Dr. Beate Hofmann ist Ruhe ein Wesenskern des Sonntags. Im Interview stellte sie sich den Fragen von HNA-Redakeurin Katja Rudolph.

Für Bischöfin Dr. Beate Hofmann ist Ruhe ein Wesenskern des Sonntags. Im Interview stellte sie sich den Fragen von HNA-Redakeurin Katja Rudolph.

Warum setzen Sie sich für die Beibehaltung des freien Sonntags ein?

Bischöfin Dr. Beate Hofmann: Der Sonntag ist der Tag für Begegnung und Beziehungen: in den Familien, im Freundeskreis, in der Nachbarschaft, im Quartier. Er lebt davon, dass wir miteinander Pause haben und trägt so zum Zusammenhalt bei. Das halte ich für ein  wichtiges Gut in unserer Gesellschaft und für ein Geschenk des Himmels.

Geht es Ihnen auch um den Schutz des klassischen Gottesdiensttags?

Bischöfin Hofmann: Mir geht es natürlich auch um die Feiertagsheiligung. Gott ruhte am 7. Tag, so heißt es in der Schöpfungsgeschichte. Die Ruhe ist also ein Wesenskern des Sonntags. Sie gibt uns einen Rhythmus, der – auch unabhängig von der religiösen Überzeugung – der Gesundheit, dem seelischen Gleichgewicht und der Zufriedenheit in einer Gesellschaft dient.

Was ist gegen die Öffnung von automatischen Kleinstmärkten einzuwenden? Personal wird dafür ja nicht gebraucht?

Bischöfin Hofmann: Das halte ich für Augenwischerei, denn auch Automaten müssen gewartet, befüllt und gereinigt werden. Die Diskussion um Galeria Kaufhof zeigt ja: Die automatischen Kleinstmärkte sind ein Türöffner in einem politischen Programm, das den Sonntag als den «anderen Tag» möglichst abschaffen will. (Anm. d. Red.: Auch die neuen Investoren von Galeria haben eine häufigere Sonntagsöffnung ins Spiel gebracht.)

Viele Menschen wünschen sich auch sonntags die Möglichkeit zum entspannten Einkaufen. Inwiefern vertreten die Kirchen mit dem Sonntagsschutz noch eine zeitgemäße Position?

Bischöfin Hofmann: Entspanntes Einkaufen klingt für mich nach Werbeslogan. Für Familien ist das oft ziemlicher Stress. Und uns alle treibt der Dauerkonsum immer mehr in ein atemloses und pausenloses Leben. Ist eine gemeinsame Pause wirklich nicht mehr zeitgemäß? Ohne Sonntag gibt’s doch nur noch Werktage.

Hintergrund bei der Änderung des Gesetzes ist ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs. Der hatte auf Grundlage der bisher aktuellen Gesetzeslage entschieden, dass die vollautomatisierten «Teo»-Läden der Firma Tegut an Sonn- und Feiertagen nicht öffnen dürfen, selbst wenn dafür kein Personal notwendig ist. Das hessische Ladenöffnungsgesetz diene nicht allein dem Arbeitnehmerschutz, sondern auch dem Ziel, die Sonntage und staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung zu schützen, hieß es unter anderem zur Begründung.

Im Entwurf von CDU, SPD und FDP werden sogenannte digitale Kleinstsupermärkte nun genauer definiert. Das sind demnach Verkaufsstellen, die «dauerhaft vollautomatisiert betrieben werden». Dazu könnten etwa auch Hofläden zählen. Die Verkaufsfläche dieser Läden darf maximal 120 Quadratmeter betragen, das Sortiment muss auf Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs begrenzt sein. Auch darf sonntags kein Personal für planmäßige Tätigkeiten eingesetzt werden. Das Auffüllen von Regalen beispielsweise ist zu dieser Zeit nicht erlaubt.