In selbstgeschneiderten Gewändern nahmen die Kinder im Hohen Chor der Klosterkirche Platz und sangen in der besonderen Atmosphäre Taizélieder.

In selbstgeschneiderten Gewändern nahmen die Kinder im Hohen Chor der Klosterkirche Platz und sangen in der besonderen Atmosphäre Taizélieder. Kerzenschein, Lieder, Körpergebete und kleine Meditationen füllten die Zeit in der Kirche.

Germerode / Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 28 Aug 2024

Unter der Leitung von Gemeindepädagogin Marina Porzelle vom Evangelischen Kirchenkreis Werra-Meißner konnten die Kinder Gewänder schneidern, Kerzen gießen und sich mit vielen Aspekten von Natur und Schöpfung in der besonderen Klosterumgebung beschäftigen. Bezugspunkte bot dabei immer wieder das Leben des Franz von Assisi und dessen besonderes Verhältnis zur Schöpfung.

Der Umgang mit natürlichen Materialien, handwerkliche Tätigkeiten und geistliche Elemente brachte den Kindern im Alter von acht bis zwölf Jahren den Alltag der Nonnen im Kloster Germerode auf begreifbare, sinnliche und eindrückliche Weise nahe.

Marina Porzelle beschreibt die Tage mit den Kindern vom 19. bis 22 August im Kloster in einem Erfahrungsbericht, den wir hier wiedergeben. Justus Schäfer, der als Teamer bei der Freizeit mitwirkte, steuerte die Fotos bei. 

Kinderfreizeit im Kloster Germerode

Ein Bericht von Marina Porzelle

Montag um 11 Uhr ging es los. Nach einigen Kennlernspielen und Erkunden des Geländes und der verschiedenen Häuser der Klosteranlage, haben wir uns alle ein Gewand geschneidert. Dazu dienten uns weiße Bettlaken. Denn in einem Kloster leben und arbeiten eigentlich Nonnen und/oder Mönche. Und diese sind meist an ihrer einheitlichen Kleidung erkennbar. Und ein bisschen wollten wir auch ausprobieren, wie es sich als Nonne und Mönch lebt. Daher begann jeder Tag mit einem Morgengebet und endete mit einem Abendgebet in der Klosterkirche.

Diese wurde hierfür jeden Abend mit einer umfangreichen Kerzenbeleuchtung hergerichtet, um eine besondere Atmosphäre zu schaffen. In unseren Gewändern sind wir dann immer Taizélieder singend durch das Westportal in die Kirche eingezogen und haben im Hohen Chor Platz genommen. Kerzenschein, Lieder, Körpergebete und kleine Meditationen füllten die Zeit in der Kirche. 

Jedes Kind konnte sich bereits am Montagnachmittag eine eigene Kerze in verschiedenen Farben gießen, die dann auch mit in die Kirche genommen wurden. Am Abend gab es dann eine erste Begegnung mit Franz von Assisi. Neben seinem Lebenslauf wurde vor allem seine Beziehung zur Natur und zu den Tieren hervorgehoben, die für ihn gleichwertige von Gott geschaffene Geschöpfe sind. Dabei wurde auch unser heutiger Umgang gerade mit Nutztieren thematisiert und die fortschreitende Umweltzerstörung.

Am Dienstagvormittag wurde es kulinarisch. Eine Gruppe ging in die Natur und suchte nach essbaren Kräutern und Blumen, um daraus Kräuterbutter zu machen. Die Kombination aus Rosenblüten und Salbei können wir neben Schafgarbe, Löwenzahn, Ringelblume, Weinblättern, Rotklee uvm., sehr empfehlen! Die andere Gruppe sorgte mit unserer Köchin Melina Weinert und dem Ortsvorsteher Herrn Stricker dafür, dass im Germeröder Backhaus eine sehr leckere Pizza für uns alle gebacken wurde!

Am Nachmittag gab es ein ganz besonderes Angebot: Einen Bibliotanz® - Workshop zur Schöpfungsgeschichte Gen 2. Der schöne Raum im Dachboden des Refektoriums war dazu perfekt geeignet. Viele Übungen brachten uns miteinander in Beziehung und halfen dabei, sich zu Musik in verschiedenen Gefühlen zu bewegen. Das bereitete unsere Körper darauf vor, den später eingeführten Text in eine Tanzperformance umzusetzen. So konnte jeder ausprobieren wie er sich bewegen möchte, wenn er traurig oder glücklich ist, und wie er sich als Pflanze, Baum oder Tier bewegen möchte.

Schon im Morgengebet spielte die Spiritualität des Atems eine Rolle und fand im Lebensatem Gottes bei der Menschwerdung seine Fortsetzung. Auch Eva, die zusätzliche Lebendigkeit ins Menschsein brachte, wurde anschaulich umsetzt. Der Höhepunkt war dann, als der Mensch sich im Gegenüber erkannte und alle ihrem Glück gemeinsam Ausdruck verliehen.

Am Abend konnte jedes Kind sein ganz eigenes T-Shirt gestalten.

Der Mittwoch stand noch mal besonders im Zeichen der Natur und der Körperlichkeit. So hatte der Sonnengesang des Franz von Assisi seinen Platz im Morgengebet. Ein Loblied auf die Schöpfung.

Nach dem Frühstück ging es in die Natur zum Waldbaden, um mit allen Sinnen erspüren und erleben zu können. Um Fühlen, hören, sehen, Vertrauen und Verantwortung ging es in den einzelnen Übungen. Nach dem Mittagessen sind wir mit dem Bus nach Eschwege ins Schwimmbad gefahren. Hier hatten wir alle viel Spaß im großen Becken, im Freibad, beim Springen und auf den Rutschen.

Nach dem Abendessen gab es unsere letzte thematische Einheit. Nach der Spiritualität des Atems, lag der Fokus an diesem Abend auf der Spiritualität der Füße. Unsere Füße tragen uns jeden Tag überall hin. Wir können mit ihnen hüpfen, tanzen, rennen und vieles andere. Doch wir schenken unseren Füßen kaum Beachtung für das was sie für uns leisten. Die nackten Füße sind sehr empfindsam und aufnahmefähig.

Mose durfte nur mit seinen nackten Füßen Gottes Gegenwart erleben. Gott sagt zu ihm: Zieh deine Schuhe aus, denn du stehst auf heiligem Boden! Dort, wo der Körper am empfindsamsten ist, an der Fußsohle, soll Mose Gottes Heiligkeit erspüren.

Und Jesus hat seinen Jüngern die Füße gewaschen. Er hat sich vor seinen Freunden klein gemacht und ihnen einen Liebesdienst erwiesen. So wollte er ihnen zeigen, dass ein Diener genauso viel wert ist, wie sein Herr. Sich nicht über andere erheben, sondern sich voreinander klein machen und sich gegenseitig die Füße zu waschen, dient als Zeichen der Nächstenliebe.

Das wollten wir dann auch praktisch umsetzen. Und so haben wir Betreuer an diesem Abend den Kindern die Füße gewaschen - in einem schönen Ritual bei meditativer Musik und duftender Seife. Nach dem Abtrocknen gabs noch etwas Creme auf die Haut. Für mich hatte dieses Ritual die schönste spirituelle Atmosphäre der Freizeit. Man hat richtig gespürt, wie wir durch diese Geste miteinander verbunden waren.

Und schon war Donnerstag: Nach Aufräumen, Packen und Reflektion der letzten Tage, genossen wir unser letztes Mittagessen und schon standen die Eltern vor der Tür, um ihre Kinder wieder in Empfang zu nehmen. Auf die Frage, ob die Kinder wieder so eine Freizeit im Kloster Germerode machen würden, antworteten alle mit «Ja».

Ein ganz besonderer Dank geht an mein Team: Marlen, Gesina, Timon und Justus, ohne die diese Freizeit nicht möglich gewesen wäre und die alle mit ihren großartigen und unterschiedlichen Talenten und Kompetenzen diese Freizeit bereichert haben! 

www.kloster-germerode.de

Weitere Informationen zum Kloster Germerode und zum Tagungshaus mit der Pfarrstelle für Spiritualität und Geistliches Leben finden sich auf der Homepage des Klosters unter kloster-germerode.de