Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 02 Mär 2015

Berlin (medio). Am 24. Februar 2015 haben sich Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche zu einem Spitzengespräch mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Manfred Schmidt, in Berlin getroffen. Nachdem bereits der Vergleich zwischen Kirchenasyl und Scharia durch den Bundesminister des Innern zurückgezogen wurde, habe in dem Gespräch auch das BAMF klargestellt, dass die Tradition des Kirchenasyls an sich nicht in Frage gestellt werde, teilte die Pressestelle der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit. Gleichzeitig sei die Einführung einer verschärften Fristenregelung aufgeschoben worden.

An dem Gespräch nahmen der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten, und der Bevollmächtigte des Rates der EKD, Prälat Martin Dutzmann, teil. «Die beiden großen christlichen Kirchen begrüßen diese wichtigen Kurskorrekturen», würdigten Jüsten und Dutzmann das Gesprächsergebnis. «Uns liegt am Herzen, dass das Kirchenasyl in seiner bisherigen Form erhalten bleibt», betonte Jüsten. «Das ist nun bis zum Herbst ohne Einschränkung möglich». Im Vorfeld war vom Bundesamt angekündigt worden, die Frist zur Überstellung von Personen im Kirchenasyl, die im Rahmen der sogenannten «Dublin–Verordnung» in einen anderen Mitgliedstaat abgeschoben werden sollen, von sechs auf 18 Monate zu verlängern. Die Entscheidung über die Einführung dieser verlängerten Frist sei nun aufgeschoben.

Gemeinden entscheiden selbstständig / Neues Verfahren zwischen Kirchen und BAMF

Prälat Dutzmann hob hervor: «Gemeinden entscheiden selbstständig über die Gewährung von Kirchenasyl, wenn sie befürchten, dass einem Menschen bei seiner Abschiebung Menschenrechtsverletzungen oder unzumutbare Härten drohen.» Das sei auch in «Dublin-Fällen» nicht ausgeschlossen, so Dutzmann. «Kirchenasyl ist für uns immer ultima ratio», ergänzte Jüsten. In der Zeit bis zum Herbst wollen die Kirchen und das BAMF nun eine neue Zusammenarbeit bei Kirchenasylfällen erproben. Dabei sollen Kirchenvertreter die Möglichkeit bekommen, Einzelfälle erneut vom Bundesamt überprüfen zu lassen, vorzugsweise noch bevor die betroffenen Personen in das Kirchenasyl aufgenommen werden. Für die Kommunikation sollen zentrale Ansprechpartner sowohl auf Seiten der Kirchen wie auch des BAMF benannt werden. «Wir hoffen, dass dies zu einer Vermeidung von Härtefällen beiträgt», erläutert Dutzmann. 

Kirchenasyl will Rechtsstaat nicht in Frage stellen

Unter anderem haben die Gesprächsteilnehmer festgehalten, dass die Kirchen mit dem Kirchenasyl nicht das Ziel verfolgen, den Rechtsstaat in Frage zu stellen oder über das Kirchenasyl eine systematische Kritik am Dublin-System zu üben. Kirchenasyl sei kein eigenständiges, neben dem Rechtsstaat stehendes Institut, habe sich jedoch als christlich-humanitäre Tradition etabliert. «Das Bundesamt beabsichtigt nicht, die Tradition des Kirchenasyls an sich in Frage zu stellen», heißt es in dem von allen Seiten getragenen Gesprächsvermerk.

Stichwort Kirchenasyl

Derzeit haben evangelische und katholische Gemeinden in Deutschland 226 Kirchenasyle gewährt. Angesichts von mehr als 200.000 Asylverfahren in Deutschland im Jahr 2014 unterstreichen die weiterhin niedrigen Fallzahlen den Charakter des Kirchenasyls als Nothilfe im Einzelfall, so die EKD. (02.03.2015)

Download:

Broschüre zum Kirchenasyl im Raum der evangelischen Kirchen in Hessen mit Grundlagen, Hinweisen zur Durchführung und Ansprechpersonen:

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