Seit 1972 erscheint etwa alle zehn Jahre die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung. Sie ist eine religionssoziologische Studie, die Einstellung zu Religion und Kirche in der Bevölkerung untersucht. (Grafik: EKD)

Seit 1972 erscheint etwa alle zehn Jahre die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung. Sie ist eine religionssoziologische Studie, die Einstellung zu Religion und Kirche in der Bevölkerung untersucht. (Grafik: EKD)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 17 Nov 2023

Ulm/Kassel. Kirchenbindung und Religiosität der Deutschen schwinden schneller als bislang erwartet. Das ist ein zentrales Ergebnis der sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, die die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) am Dienstag in Ulm bei der Tagung der EKD-Synode veröffentlicht hat. Nach derzeitigem Trend werde der Anteil der christlich-konfessionell gebundenen Menschen in Deutschland schon im nächsten Jahr unter 50 Prozent sinken. 80 Prozent der evangelischen Kirchenmitglieder plädieren laut Studie für Veränderungen.

Bischöfin: Werden weiterhin vom Glauben erzählen und Sorgenetze knüpfen

«Die Ergebnisse sind ernüchternd, sie helfen uns aber auch dabei, Kirche der Zukunft zu gestalten», sagt Bischöfin Beate Hofmann zur Untersuchung. Es gebe nach wie vor Erwartungen an die Kirche, die ernst zunehmen sind und Mut machten. Als Beispiele dafür nannte Hofmann Erwartungen in der religiösen Kommunikation, aber auch im Bereich des Sozialen, im Einsatz etwa für Geflüchtete oder gegen den Klimawandel. 

Letztlich gehe es um Vertrauen in Gott, nicht in die Institution Kirche, so die Bischöfin. Diese habe die Aufgabe, Begegnung mit dem Evangelium in Wort und Tat zu ermöglichen. «Das tun wir bei aller Veränderung verlässlich und treu zu unserem Auftrag. Wir werden auch weiterhin von unserem Glauben erzählen, Menschen durchs Leben begleiten und Sorgenetze knüpfen», so Bischöfin Hofmann.

80 Prozent der evangelischen Kirchenmitglieder für Veränderungen

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung sagte, die stetige und teils schleichende Abkehr der Menschen von der Kirche sei mit der Erwartung verbunden, dass sich die Kirche verändere. 80 Prozent der evangelischen Kirchenmitglieder plädieren laut Studie für Veränderungen. Das allein sei aber noch keine Handlungsanleitung, sagte Jung, der Vorsitzender des Beirats der Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung und Mitglied im Rat der EKD ist. Über die Konsequenzen aus den Ergebnissen müsse nun beraten werden.

Die Konfessionslosen werden voraussichtlich Ende der 2020er Jahre die 50-Prozent-Marke überschreiten und damit auch die absolute Bevölkerungsmehrheit stellen, wie Christopher Jacobi, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD bei der Vorstellung der Studie den 128 Delegierten des Kirchenparlaments erläuterte. Die Erhebung kommt außerdem zu dem Schluss, dass die vor vier Jahren durch eine andere Studie prognostizierte Halbierung der Mitgliederzahl bis 2060 bereits in den 2040er Jahren erreicht sein dürfte. Nur 27 Prozent der befragten Katholiken schließen einen Kirchenaustritt derzeit aus. Bei den Evangelischen sind es 35 Prozent. Vor rund zehn Jahren bei der vorangegangenen Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung waren es noch 74 Prozent.

Derzeit ist laut der Studie noch eine knappe Mehrheit der Deutschen christlich-konfessionell gebunden. Zähle man die Mitglieder aller christlichen Konfessionen, auch der Orthodoxen und Freikirchen, zusammen, machte deren Bevölkerungsanteil Ende 2022 52 Prozent aus. Religiöse Menschen sind laut Studie in der Gesellschaft schon heute deutlich in der Minderheit. 13 Prozent der Befragten verstehen sich als kirchlich-religiös, 25 Prozent als religiös-distanziert, 56 Prozent sind Säkulare, denn auch unter den Kirchenmitgliedern verstehen sich nicht alle als religiös.

Hintergrund

Seit 1972 erscheint etwa alle zehn Jahre die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung. Sie ist eine religionssoziologische Studie, die Einstellung zu Religion und Kirche in der Bevölkerung untersucht. In der aktuellen Studie wurden erstmals auch repräsentative Ergebnisse für katholische Kirchenmitglieder mit erhoben. Die Befragung fand zwischen Oktober und Dezember 2022 durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa statt. Insgesamt wurden 5.282 Personen befragt. Die Studie entstand unter Federführung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, die katholische Deutsche Bischofskonferenz war erstmals daran beteiligt.

(17.11.2023, aktualisiert am 23.11.2023, ekkw.de/epd)

Linktipp:

Alle Ergebnisse der Studie sind im Internet bei der Evangelischen Kirche in Deutschland zu finden:

kmu.ekd.de