Hanau (medio). Der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Bonhoeffer-Experte, Prof. Dr. Wolfgang Huber, wird in einer Online-Veranstaltung am 22.10.2020 von 19:30 bis 20:30 Uhr über die Aktualität von Dietrich Bonhoeffer sprechen. Das Live-Interview, das Pfarrer Dr. Manuel Goldmann vom Evangelischen Kirchenkreis Hanau führen wird, ist Teil einer digital organisierten Veranstaltungsreihe des Kirchenkreises, mit der an einen der populärsten und streitbarsten evangelischen Theologen erinnert werden soll. Dietrich Bonhoeffer (1906 bis 1945) wurde vor 75 Jahren auf Befehl Hitlers im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet. Prof. Dr. Huber portraitierte ihn in seinem Buch «Dietrich Bonhoeffer - Auf dem Weg zur Freiheit».
«In Dietrich Bonhoeffers Schriften gibt es sehr viele Elemente, die wir heute wieder aufnehmen können. Sein theologisches Handeln und Denken beinhaltet exemplarisch viel Zukunftsweisendes für unsere Theologie», sagte Pfarrer Dr. Goldmann, der sich seit seinem Studium für Bonhoeffer begeistert. Goldmann werde während der Videokonferenz die Gesprächsführung übernehmen - nach dem etwa halbstündigen Gespräch stehe der Live-Chat allen Teilnehmenden für Fragen oder Anmerkungen an Huber und Goldmann offen.
Biografie: «Dietrich Bonhoeffer - Auf dem Weg zur Freiheit»
Wolfgang Huber weise in seiner Bonhoeffer-Biografie mit dem Titel «Dietrich Bonhoeffer - Auf dem Weg zur Freiheit» auf eines der zentralen Themen hin, über das Huber und Goldmann sprechen wollen: Bonhoeffer hatte den Mut und die innere Freiheit, einen sehr einsamen Weg in den Protest und dann in den Widerstand zu gehen. Er sei 1933 einer der ersten Mahner gegen die antisemitische NS-Gesetzgebung gewesen und kritisierte auch die Kirchenleitung in dieser Hinsicht scharf. Bonhoeffers Modell einer ‚Kirche für andere‘ sei mit dem breiten diakonischen Anspruch seiner Zeit weit voraus gewesen. Im Gefängnis schrieb er markante Briefe, in denen er eine ‚Theologie von unten‘ forderte, die auf großtönende Worte verzichten solle. Der Theologe sah die Kirche und ihre Tradition «ganz auf die Anfänge zurückgeworfen». Dietrich Bonhoeffer hätte 1939 in New York eine Stelle annehmen können, doch er kehrte kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs nach Berlin zurück, um in Deutschland für eine andere Gesellschaft zu kämpfen.
Wolfgang Huber zeigt in seinem Portrait von Dietrich Bonhoeffer auf, dass dessen meistgelesene Schriften «Ethik» und «Widerstand und Ergebung» nur unter diesen existentiellen Bedingungen entstehen konnten. Dass theologisch und ethisch stets die konkrete Situation zu berücksichtigen ist, sei geradezu ein Grundzug von Bonhoeffers Denken gewesen, «das sich durch kühne Neuansätze auszeichnet und von Anfang an eng mit seinem Leben verknüpft ist», heißt es in der Einführung zu Hubers Bonhoeffer Portrait. Das viel beachtete Sachbuch verzichtet weitgehend auf theologische Fachsprache. Bonhoeffers Leben, das er mit so viel Mut, Unbeugsamkeit und Zuversicht gelebt hat, sei auch für Menschen ein Gewinn, die mit Theologie wenig anfangen können, heißt es in der Mitteilung des Kirchenkreises weiter. Im Video-Chat könnten Laien und Theologen ins Gespräch über Bonhoeffers mutige Entscheidungen und seine Schriften kommen, die auch aktuell ein starkes innovatives Potenzial besäßen. (19.10.2020)
