(Foto: kirchentag.de)

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Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 05 Jun 2023

Nürnberg. Mit Appellen zu mehr Mut für Veränderungen angesichts der aktuellen Krisen ist am Sonntag der evangelische Kirchentag in Nürnberg zu Ende gegangen. «Nicht warten, sondern machen», sagte Kirchentagspräsident Thomas de Maizière im Abschlussgottesdienst auf dem Nürnberger Hauptmarkt. Der Pastor Quinton Ceasar forderte in seiner Predigt mehr Engagement gegen Klimawandel und Rassismus sowie für gesellschaftlichen Zusammenhalt.

25.000 Menschen kamen nach Angaben des Kirchentags bei sonnigem Wetter in die Nürnberger Altstadt, um einen der beiden Abschlussgottesdienste zu besuchen. Insgesamt wurden für das fünftägige Protestantentreffen nach Angaben der Veranstalter 70.000 Tages- und Dauerkarten verkauft.

Das waren weniger Teilnehmer als bei den Großtreffen vor der Corona-Pandemie. Dennoch zeigten sich die Veranstalter zufrieden angesichts voller Messehallen, Kirchen und dichtem Gedränge in der Innenstadt. Die Menschen seien dankbar gewesen für etwas, «das es selten gibt in unserem Land: Gemeinsam singen und beten und dann hinterher politisch diskutieren», sagte de Maizière vor Journalisten. Für einige Open-Air-Veranstaltungen wie Gottesdienste und Konzerte brauchte man kein Ticket.

Video-Gottesdienst zum Kirchentag

Im Video-Gottesdienst aus Neuenstein-Obergeis im Evangelischen Kirchenkreis Hersfeld-Rotenburg geht es in der Juni-Ausgabe auch um den Kirchentag. Der Gottesdienst wird gestaltet von Pfarrer Michael Zehender und Lea Müller, die Geschäftsführerin des Landesausschusses der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck für den Deutschen Evangelischen Kirchentag ist. Die musikalische Gestaltung liegt bei Wilfried Olschewski an der Orgel.

(Video: YouTube/Kirchengemeinde Neuenstein)

Seit Mittwoch fanden beim Kirchentag Diskussionen zu aktuellen politischen Themen statt. Zu Gast waren unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) diskutierte mit einer Vertreterin der Klimabewegung «Letzte Generation».

«Wir leben in Zeiten erschütterter Gewissheiten», sagte de Maizière im Abschlussgottesdienst und verwies unter anderem auf die Stichworte Schöpfung, Frieden, Verteilungsgerechtigkeit, Künstliche Intelligenz und Anfechtungen der Demokratie. Die Zeiten seien schwierig, trotzdem müsse man zuversichtlich sein, sagte der frühere Bundesverteidigungs- und -innenminister.

Abschlussprediger Ceasar formulierte Ungeduld angesichts der Herausforderungen: «Wir können nicht mehr warten», sagte er. Wenn Jesus sage «Jetzt ist die Zeit», rufe er zur Veränderung auf, «zu mutigen Entscheidungen, die wirklich Veränderung bewirken», sagte der Pastor in Anspielung auf die Kirchentagslosung «Jetzt ist die Zeit». Ceasar forderte Solidarität mit angefeindeten queeren Menschen, Flüchtlingen und Klimaaktivisten. «Wir sind alle die 'Letzte Generation'», sagte er unter großem Applaus der Besucherinnen und Besucher.

Neben kontroversen Diskussionen über Klimaschutzmaßnahmen, die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine und die geplanten Verschärfungen im europäischen Asylrecht gab es im Programm zahlreiche spirituelle und kulturelle Veranstaltungen, die viele Interessierte anzogen. Mehr als 2.000 Punkte umfasste das Programm.

Ausgewählte Veranstaltungen mit EKKW-Beteiligung

Einige ausgewählte Veranstaltungen mit EKKW-Beteiligung: 

Do. 10.30-18 Uhr: Die gastfreundliche Oase auf deinem Weg, Ev. Jugend Kassel mit B-Weg-Punkt-Bus, Konrad-Groß-Schule (Webcode TP52)

Fr. 9.30-10.30 Uhr: Gospel-Andacht mit Kirchenmusikdirektor Peter Hamburger, anschließend (11 bis 12.30 Uhr): Gospel-Workshop «Feel The Spirit», Kirche St. (Webcodes TR42 bzw. UX22

Fr. 12-13 Uhr: Theatergottesdienst «Völlig verspätet auf die Minute» mit Gisela Matthiae und ihrer Clowninnengruppe, Gelnhausen

Fr. 11-12.30 Uhr: Workshop «Was kommt nach dem Tod» mit Prof. em. Dr. Ulrike Wagner-Rau, Marburg, Workshophaus Ev. Hochschule (Webcode WB58)

Fr. 14-15 Uhr: Workshop: «KonApp – ganz praktisch: Hybride Konfi-Arbeit» mit Studienleiterin Katja Simon (RPI), Marburg. Stadhalle Fürth (Webcode ZY98)

Fr. 14 Uhr: «Das Tier als Mitgeschöpf», Bernd Kappes, Studienleiter Ev. Akademie Hofgeismar, stellt sein Buch «Mitgeschöpfe – Vom Umgang mit Tieren aus christlicher Sicht» vor, Messegelände Halle 4

Sa. 11-12 Uhr: Workshop «Zeit für eine neue Freiwilligenkultur», Matthias Diederichs und Anneke Gittermann, Fachstelle Engagementförderung der EKKW, Stadthalle Fürth (Webcode WZ89)

Sa. 11-12 Uhr: «Gottesglanz und Gloria – Inspirationen, Ideen, Methoden und Gottesdienst feiern», u.a. mit Pfarrer Lars Hillebold, Referat Gottesdienst und Theologie der EKKW, Kirche St. Paul, Fürth (Webcode LP24)

Sa. 11-13 Uhr: Podium «Selbst wenn der Jüngste Tag kommt – Zukunft gestalten in apokalyptischer Zeit», u.a. mit Pfarrerin Alwine Dorothea Schulze, Marburg

Sa. 15-17 Uhr: «Glaube, Spiele, Werte: Was zählt?» u.a. mit Neven Subotic, Melanie Gutsche, Präses Dr. Thorsten Latzel und Claudia Rudolff. Wilhelm-Löhe-Schule Nürnberg (Webcode AZ39)
 

PAPAmobil auf dem Markt der Möglichkeiten

Auf dem Markt der Möglichkeiten des Kirchentags präsentierte sich auch das kurhessische PAPAmobil. Das Vätermobil ist ein umgebauter Feuerwehr-LKW und steht für spannende Vater-Kind-Aktionen in Kindergärten, Familienzentren, Vereinen, Firmen und (Kirchen-)Gemeinden. Es ist ein Angebot der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Gefunden werden konnte das PAPAmobil in Nürnberg in der Messehalle 1 im Bereich der Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland. Vor Ort gab es die Möglichkeit, sich mit Fragestellungen zum Thema Väter und Männer interaktiv auseinanderzusetzen. Info-Kontakt: Pascal Adam, Fachreferent für Familienbildung und Väterarbeit, E-Mail: pascal.adam@ekkw.de. Weitere Infos zum PAPAmobil hier.

Das Motiv zum 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg.

Das Motiv zum 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg.

Stichwort: Deutscher Evangelischer Kirchentag

Gegründet wurde der evangelische Kirchentag 1949 in Hannover als große Laienbewegung. Gemeinsam mit Freunden initiierte damals der Theologe Reinhold von Thadden-Trieglaff (1891-1976) die von der Amtskirche unabhängige Bewegung. Bis 1964 war er auch deren
Präsident.

Bis 1954 fand der Kirchentag jährlich statt, seit 1957 wird er alle zwei Jahre gefeiert. Mit dem zeitlichen Abstand sollte ein jährlicher Wechsel mit dem Katholikentag ermöglicht werden. In Zusammenarbeit mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gab es 2003 in Berlin erstmals einen Ökumenischen Kirchentag, 2010 folgte der zweite in München, 2021 der dritte in Frankfurt am Main.

Auch in der DDR fanden Kirchentage statt. Als sich das Verhältnis zwischen Kirche und SED-Staat in den 1970er Jahren entspannte, gab es weniger Einschränkungen für kirchliche Großveranstaltungen.

Von den Deutschen Evangelischen Kirchentagen gingen viele Anregungen und Initiativen aus. 1961 begann in Berlin der Dialog zwischen Juden und Christen, 1965 fand in Köln ein viel beachtetes evangelisch-katholisches Gespräch statt. Auch Diskussionen zur Überwindung der deutschen Teilung sowie zu Friedens- und Umweltthemen nahmen auf Kirchentagen ihren Ausgang.

Die Verschränkung von theologischen mit gesellschaftlichen Themen setzt sich auch in der Gegenwart fort. Fragen nach dem gesellschaftlichen Zusammenhalt, Demokratie, Gerechtigkeit, militärischer Aufrüstung, Frieden und Ökonomie gehören zur Debattenkultur auf Kirchentagen. Der Kirchentag will die jeweils wichtigsten gesellschaftlichen Themen der Gegenwart spiegeln.

Der Kirchentag 2019 in Dortmund stand im Zeichen der Seenotrettung im Mittelmeer. Der Kirchentag 2025 findet in Hannover statt. (05.06.2023, aktualisiert am 13.06.2023, ekkw.de/epd)

Internetradio:

Christinnen und Christen haben sich in Nürnberg zum Kirchentag getroffen. Das Motto des Kirchentags: «Jetzt ist die Zeit!». Medienhaus-Reporter Siegfried Krückeberg hat in Fulda mal nachgefragt. Wofür ist jetzt die Zeit?

Linktipp:

Auf der Internetseite gibt es alle Informationen rund um den Kirchentag in Nürnberg mit vielen Fotos und Videos:

kirchentag.de