Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 25 Nov 2005

Kassel (medio). Wachsende Armut in unserer Region sieht der Landespfarrer für Diakonie, Dr. Eberhard Schwarz. Das zeigten die Erfahrungen in den diakonischen Beratungsstellen. «Arme werden immer ärmer, die Reichen immer reicher», sagte Schwarz im Interview mit dem kirchlichen Magazin «blick in die Kirche» in Kassel.

Schwarz bestätigte, dass viele Menschen in Hessen ihren Lebensunterhalt mit ihren Einkünften nicht mehr bestreiten könnten. Als Gründe dafür nannte der Landespfarrer die hohe Arbeitslosigkeit sowie die Einschnitte bei der Sozialhilfe und beim Arbeitslosengeld II: «Was dies für die Betroffenen an seelischem Leid aber auch an materieller Not mit sich bringt, davon können unsere Mitarbeiterinnen in den Beratungsstellen viele Geschichten erzählen», sagte der Landespfarrer.

Das Problem wachsender Armut sieht Schwarz vor allem bei denen, die von staatlicher Hilfe nicht erreicht werden, weil sie oft nicht in der Lage sind, ihre Rechte wahrzunehmen. Auch junge Menschen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz seien betroffen: «Nur jeder neunte Jugendliche hat überhaupt noch die Chance, einen Ausbildungsplatz zu kriegen» erklärte Schwarz. Weiter sieht der Diakoniepfarrer Familien mit mehreren Kindern gefährdet: «Hier zeigt sich, dass in Deutschland Armut vererbbar ist». Schwarz plädierte dafür, dass die künftige Familien- und Bildungspolitik mehr als integraler Bestandteil einer zukunftsgerichteten Sozialpolitik verstanden werden müsse.

Auf die Frage, was Diakonie in dieser Situation tun kann, erklärte Schwarz: «Diakonie als Sozialarbeit der Kirche mischt sich politisch ein, erhebt die Stimme für die, die Fürsprache brauchen - öffentlich sichtbar».  Konkret helfe die Diakonie z.B. in Schuldnerberatungsstellen, in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe oder bei den Tafeln, die Menschen mit Nahrung versorgten. Auch die so genannten Ein-Euro-Jobs in der Diakonie leisteten einen Beitrag.

Eberhard Schwarz wurde 1947 in Amalienhütte (Bad Laasphe) geboren und wuchs in Kassel auf. Er studierte von 1966 bis 1972 in Bethel, München und Marburg und promovierte nach seinem Vikariat zum Doktor der Theologie. Von 1978 bis 1982 wirkte Schwarz als Pfarrer in Werleshausen und danach als Studienleiter am Predigerseminar in Hofgeismar. 1988 wechselte er als Pfarrer nach Großseelheim bei Marburg. Seit 2000 war er Dekan des Kirchenkreises Kassel-West. Im Januar 2005 übernahm er von seinem Vorgänger Martin Slenczka das Amt des  Landespfarrer für Diakonie in der EKKW. (25.11.2005)

Im Wortlaut:

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Interview