Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 05 Jun 2023

Jesberg/Kassel. Der Wolf haut seine Sichtweise mal eben so raus, ohne Rücksicht auf Verluste. Er denkt nicht lange nach und wirkt oft aggressiv. Bei der Giraffe ist das anders. Der Weg zum Gehirn dauert schon wegen des langen Halses länger, vorschnelle Sprüche sind nicht ihre Sache. Außerdem hat sie ein großes Herz und von Natur aus einen guten Überblick.

Natürlich können Tiere tatsächlich gar nicht sprechen, aber Giraffe und Wolf sind gute Bilder für unterschiedliche Arten der Kommunikation. Im Konzept der «gewaltfreien Kommunikation» – entwickelt vom US-Amerikaner Marshall B. Rosenberg – werden sie verwendet. Der Diplom-Pädagoge Magnus von Kortzfleisch hat eine Wolfs- und eine Giraffenfigur in seinem Dienstzimmer in Jesberg (Schwalm-Eder-Kreis) stehen und macht damit die Unterschiede deutlich. Von Kortzfleisch ist einer von 16 Mediatoren und Mediatorinnen, die im Auftrag der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck helfen, wenn es unter Haupt- oder Ehrenamtlichen Konflikte gibt, die diese nicht selbst lösen können.

Der Diplom-Pädagoge Magnus von Kortzfleisch mit dem Wolf und der Giraffe in seinem Dienstzimmer in Jesberg. (Foto: medio.tv/Dellit)

Der Diplom-Pädagoge Magnus von Kortzfleisch mit dem Wolf und der Giraffe in seinem Dienstzimmer in Jesberg. (Foto: medio.tv/Dellit)

Das muss man zunächst erkennen. Gar nicht einfach, denn in der Forschung sind bis zu 13 Eskalationsstufen beschrieben, erläutert von Kortzfleisch. Sinnvoll sei eine Mediation oft, wenn es Konflikte mit Bezugspersonen gehe, denen man regelmäßig begegnet. Wenn eine Konfliktpartei sich unsicher fühle oder keine Konfliktlösung mehr erkennen könne, sei das ein Alarmzeichen. Manchmal erkenne auch jemand anders, dass die Arbeitsfähigkeit einer Gruppe oder etwa eines Gremiums eingeschränkt sei – dann sei es gut, zu handeln.

In der Landeskirche sieht es dann so aus, dass sich Betroffene an Reinhard Brand vom Referat Gemeindeentwicklung im Landeskirchenamt wenden sollten, der das Anliegen zunächst prüft. Dann wird das Netzwerk der 16 Experten und Expertinnen eingeschaltet, das funktioniert über eine virtuelle Gruppe in einem Video-Konferenzsystem. Alle, die dort vertreten sind, haben eine Mediations-Ausbildung absolviert, alle haben einen Bezug zur Landeskirche und bekommen gemeinsame Workshops und Supervision für ihre Arbeit. Im Netzwerk wird nach bestimmten Kriterien geschaut, wer sich am besten für den konkreten Fall eignet – dann übernimmt er oder sie. Seit dem Start des Angebots im vergangenen Jahr habe es zehn Mediationen gegeben, erläutert Diethelm Meißner vom Referat Erwachsenenbildung, der die Strukturen mit aufgebaut hat. 

Vermittlung und Kosten

Wer Bedarf an einer Mediation hat, wendet sich am besten per Mail an mediation@ekkw.de oder telefonisch an Reinhard Brand, Tel. 0561/9378-370. Die Anfragen werden an die Mediatoren weitergegeben, die dann Kontakt mit den Betreffenden aufnehmen. Die Kosten betragen pro Mediations-Stunde bis zu 70 Euro, hinzu kommen ggfs. Fahrtkosten der Mediatoren. Je nach Bedarf können es bis zu fünf oder sechs Sitzungen sein, bei größeren Gruppen sind bisweilen auch zwei Mediatoren oder Mediatorinnen im Einsatz. Oft übernimmt der jeweilige Arbeitgeber die Kosten. 

Wichtig sei, dass alle Parteien mit der Mediation einverstanden seien, sonst funktioniere es nicht, sagt von Kortzfleisch. Nur in seltenen Fällen könne solch eine Vermittlung von Vorgesetzten angeordnet werden. Die Gespräche, am besten in Präsenz und nicht vor Bildschirmen, laufen nach einem bestimmten Muster mit fünf Schritten. Zunächst werden die Rahmenbedingungen geklärt, auch wie man miteinander spricht – hier kommt die Giraffe wieder ins Spiel. Er empfehle, die Mediation nicht an einem Tag durchzuziehen, sondern lieber mehrere Treffen von eineinhalb bis zwei Stunden Länge anzusetzen, sagt der erfahrene Mediator. Am Ende des Prozesses stehen klare Verabredungen für den weiteren Umgang miteinander.

Es komme auch vor, sagt von Kortzfleisch, dass manche Fragen nicht gelöst werden können: «Dann ist es aber benannt und auszuhalten.» Das Ziel sei jedoch, dass man nach der Vermittlung wieder gut gemeinsam miteinander arbeite, und zwar nicht mehr nach Manier der Wölfe. (05.06.2023)