Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 17 Sep 2021

Kassel (medio). Sie engagieren sich für mehr Klimagerechtigkeit: Die Mitglieder der Christians-For-Future-Bewegung übergaben am 16. September deutschlandweit einen Forderungskatalog an die evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümer. In Kassel nahm Bischöfin Dr. Beate Hofmann die Delegation vor dem Haus der Kirche in Empfang. Anlass war der Klimastreiktag am 24. September 2021. 

Als «gegenseitige Ermutigung» wollte Pfarrerin Susanne Hüfken (Kirchenkreis Kaufungen), die die Forderungen stellvertretend übergab, die Aktion verstanden wissen. Das Fortschreiten der Klimakrise zeige, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichten. Die Gebote der Nächstenliebe und der Bewahrung der Schöpfung erfordern eine drastischere Umkehr im eigenen Handeln und ein klareres Zeugnis in Gesellschaft und Politik, so die Mitglieder der Christians-For-Future-Bewegung. Kirchen sollten deutlicher ihre Stimme erheben und bis 2030 klimaneutral werden.

Klimaschutzmanager nimmt Stellung zu Forderungen

Zu den 12 Forderungen der Bewegung, in denen es u.a. um die Haltung der Kirchen zu den Anliegen von «Fridays For Future», den kirchlichen Klimazielen oder einem Bewusstseinswandel innerhalb der Kirchen geht, hat jetzt der Klimaschutzmanager der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Pfarrer Stefan Weiß, umfangreich Stellung genommen. Wir dokumentieren im Wortlaut.

Die Forderungen und was die EKKW dazu sagt

Die EKKW nimmt Stellung zu den Forderungen der Christians-For-Future-Bewegung. Wir dokumentieren den Forderungskatalog (kursiv) und die jeweilige Antwort des Klimaschutzmanagers der EKKW, Stefan Weiß:

DIE PROPHETISCHE STIMME DER KIRCHEN

1. Die Kirchenleitungen zeigen sich solidarisch mit den Forderungen von Fridays For Future Deutschland und kommunizieren dies öffentlichkeitswirksam durch Worte und Taten.

Dazu der EKKW-Klimaschutzmanager:

«Die EKKW ist - durch Beschluss ihrer Leitung - Gründungsmitglied der Klima Allianz Deutschland im Jahre 2008 und vertritt die Positionen dieses großen Bündnisses aus weit über 100 Organisationen. Aber auch schon vorher war die EKKW durch ihre Umweltbeauftragten, ihre Akademie und ihre Bildungseinrichtungen und nicht zuletzt durch ihre Beteiligung an den Weltversammlungen des Ökumenischen Rates der Kirchen Teil einer Bewegung für mehr Klimagerechtigkeit. Die EKKW ist auch Mitglied des Ökumenischen Netzwerks für Klimagerechtigkeit, in dem sich Kirchen unter dem Logo 'CHURCHES for Future' zusammengetan haben. Sie hat die großen Kundgebungen der Friday für Future Bewegung aktiv unterstützt: So demonstrierten bei der großen Kundgebung im September 2019 in Kassel die zuständige Pröpstin und mehrere Dekaninnen und Dekane öffentlich für CHURCHES for Future. Am Klimastreiktag, 24. September, nimmt auch Bischöfin Dr. Beate Hofmann teil.»
 

2. Die Kirchenleitungen stehen zusammen mit anderen Religionsgemeinschaften auf nationaler und regionaler Ebene in regelmäßigem strukturierten Austausch mit der Klimagerechtigkeitsbewegung mit dem Ziel, sich gemeinsam für Klimagerechtigkeit einzusetzen.

Dazu der EKKW-Klimaschutzmanager:

«Dies geschieht auf allen Ebenen: durch die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, durch die Nachhaltigkeitsbeauftragte der EKD, durch Umweltbeauftragte, Klimaschutzmanager und andere, die den Kirchenleitungen zuarbeiten.»
 

3. Die Kirchenleitungen auf nationaler und regionaler Ebene machen mit regelmäßigen öffentlichkeitswirksamen Aktionen, zum Beispiel persönlicher Beteiligung an Demonstrationen zum Globalen Klimastreik, Menschenketten für Klimagerechtigkeit, Mahnwachen oder ähnlichem, auf die Dringlichkeit des Klimaschutzes aufmerksam.

Dazu der EKKW-Klimaschutzmanager:

«Das tut unsere Landeskirche – wie oben erwähnt – in vielfältiger Form. Auch beim Klimastreiktag am 24. September zeigt sie Flagge.»

4. Die Kirchenleitungen suchen das persönliche Gespräch mit der Politik und fordern einen deutlichen Wandel hin zu klimagerechter Politik.

Dazu der EKKW-Klimaschutzmanager:

«Die Kirchenleitung steht im regelmäßigen Austausch mit der Landesregierung. In den vergangenen Monaten dominierten die Folgen der Corona-Pandemie die Gespräche; künftig wird sicher auch der Klimaschutz zu den maßgeblichen Themen zählen.» 
 

5. Die internationale ökumenische Zusammenarbeit und weltkirchliche Solidarität auf den unterschiedlichen kirchlichen Ebenen wird gestärkt in Bezug auf die gemeinsame Herausforderung der globalen Klima- und Umweltkrise, die viele Länder in Afrika, Lateinamerika, Asien und Ozeanien besonders hart trifft.

Dazu der EKKW-Klimaschutzmanager:

«Die Klimakrise wird in den direkten ökumenischen Beziehungen der EKKW zu Kirchen in Südafrika, Namibia, Indien und Kirgisien thematisiert. Auch in den Hilfs- und Missionswerken, mit denen die EKKW zusammenarbeitet, also Brot für die Welt, Vereinigte Evangelische Mission, Evangelisches Missionswerk in Solidarität und das Evangelisch-Lutherische Missionswerk geschieht das. Überall wird deutlich, dass die Erderhitzung die ärmsten Menschen in besonderer Weise trifft und die Kirchen arbeiten daran, Lebensmöglichkeiten für sie zu erhalten oder neu schaffen.»
 

UMSTELLUNG DES EIGENEN HANDELNS IN DEN KIRCHEN

6. Die Landeskirchen und (Erz-)Bistümer setzen sich das Ziel, bis 2030 Klimaneutralität zu erreichen. Haushaltsplanungen und Investitionsentscheidungen werden an diesem Ziel ausgerichtet.

Dazu der EKKW-Klimaschutzmanager:

«Die EKKW hat im Jahr 2013 ein Klimaschutzkonzept erarbeitet, nach dem bis 2030 eine Reduzierung auf 51% der Treibhausgasemissionen von 2008 vorgesehen ist. Es ist inzwischen deutlich geworden, dass dieses Ziel nicht ausreicht. Die EKKW befindet sich gerade in einem Prozess der Neubestimmung eines solchen Ziels. Dazu gehört auch die Prüfung, welche Haushaltsplanung und Investitionsentscheidungen möglich und auch mehrheitsfähig sind. Hieraus ist ein Ziel für Klimaneutralität zu entwickeln, das sowohl den Notwendigkeiten für Klimaschutz Rechnung trägt und zugleich nicht von vornherein völlig unrealistisch ist.»
 

7. Die Landeskirchen und (Erz-)Bistümer stellen sicher, dass alle land- und forstwirtschaftlichen Flächen in kirchlichem Besitz bis 2035 klimapositiv und nach den Kriterien des Ökolandbaus bewirtschaftet werden. Neuverträge werden ab sofort nach diesen Kriterien abgeschlossen. Auf den Einsatz von Torf wird ab sofort verzichtet.

Dazu der EKKW-Klimaschutzmanager:

«Der Ökologische Anbau ist in der EKKW bereits ein wichtiges Kriterium bei der Vergabe der Pachtflächen. Zurzeit konkurriert dieses Anliegen noch mit anderen Kriterien, insbesondere sozialen. Da große Teile des Kirchengebietes inzwischen Öko-Modellregion sind, sollte hier aber bis 2035 mehr möglich sein.»
 

8. Die Landeskirchen und (Erz-)Bistümer verpflichten sich auf Divestment (Ausschlusskriterien für Geldanlagen) von Kohle, Öl und Gas und verkünden diese Verpflichtung öffentlichkeitswirksam.

Dazu der EKKW-Klimaschutzmanager:

«Bei allen Finanzanlagen und bei der Auswahl ihrer Finanzpartner macht die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck die Einhaltung des EKD-Leitfadens für ethisch nachhaltige Geldanlage in der evangelischen Kirche, der gerade in der 4. Auflage erschienen ist, zur absoluten Bedingung. Dies hat EKKW-Vizepräsident Dr. Volker Knöppel während der Herbstsynode 2019 hervorgehoben. In dem Leitfaden werden sehr differenziert die Kriterien des Carbon Footprint dargelegt und entsprechende Ausschlusskriterien formuliert. Ein Divestment für fossile Energieträger ist hiermit auf dem Weg gebracht, aber vermutlich noch nicht zu 100 Prozent erreicht.»
 

9. Alle (Erz-)Diözesen und Landeskirchen schaffen pro 100.000 Kirchenmitgliedern eine Vollzeitstelle im Umwelt- und Klimabereich. Auf nationaler Ebene richten die Kirchen Kompetenzstellen Klimaneutralität ein.

Dazu der EKKW-Klimaschutzmanager:

«Das wäre schön, im Moment sind es leider nur 1,5 für fast 770.000 Gemeindeglieder. Um den Gemeinden und Kirchenkreisen wirksam zu helfen, wären in der Tat weitere Stellen – insbesondere in den Regionen – sehr hilfreich. Entscheidend ist aber, dass möglichst viele Menschen an vielen Orten mitmachen, nicht nur hauptamtlich Verantwortliche.»
 

BEWUSSTSEINSWANDEL INNERHALB DER KIRCHEN

10. Die Kirchenleitungen fördern kooperative Bündnisse, die das Engagement für Klimagerechtigkeit in den Kirchen vorantreiben, wie das Ökumenische Netzwerk Klimagerechtigkeit.

Dazu der EKKW-Klimaschutzmanager:

«Im Ökumenischen Netzwerk Klimagerechtigkeit sind wir Gründungsmitglied und durch mich und den Beauftragten für den kirchlichen Entwicklungsdienstes ständig präsent.»
 

11. Die Kirchenleitungen stellen sicher, dass das dringende Handeln zur Bewahrung der Schöpfung in der pastoralen Arbeit und Ausbildung grundgelegt ist. Dafür organisieren sie verpflichtende Fortbildungen für alle Hauptamtlichen zum Thema Klimakrise.

Dazu der EKKW-Klimaschutzmanager:

«Die Evangelischen Foren und die Evangelische Akademie haben regelmäßig Angebote zur Überwindung der Klimakrise. Über Zwangsfortbildungen kann man geteilter Meinung sein…»
 

12. Die Kirchenleitungen fördern verstärkt Schöpfungsverantwortung in Liturgie und Spiritualität. Zusätzlich beteiligen sich die Kirchen an dem Bemühen, pastorale Antworten auf die große Sorge und Zukunftsangst vieler Menschen zu bieten und schaffen seelsorgerische Angebote für interessierte Aktivist*innen.

Dazu der EKKW-Klimaschutzmanager:

«In Liturgie und Spiritualität geschieht das durch die Beteiligung an 'Klimapilgerwegen' und 'Tagen der Schöpfung'. Da ich selbst Theologe bis, gehört es zu meinem Aufgabengebiet, pastorale Antworten auf die Sorgen und Ängste der Menschen aufzugreifen. Bei den Auseinandersetzungen um den Dannenröder Forst beispielweise waren auch Seelsorgende aus der EKKW vor Ort.»

(Die Stellungnahme von Klimaschutzmanager Pfarrer Stefan Weiß haben wir am 24. September veröffentlicht.

(24.09.2021)

Linktipp:

Die Forderungen finden Sie auf der Internetseite der Christians-For-Future-Bewegung:

christians4future.org

Linktipp:

Wenn Sie wissen wollen, wie es weitergeht mit dem Klimaschutz in der EKKW:

ekkw.de/service/umweltfragen(...)