Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 27 Jun 2012

Kassel (medio). Wie beurteilt Bischof Martin Hein die Finanzkrise in Europa und welche Rolle sollte die evangelische Kirche in dieser Zeit spielen? Wie steht es um die politische Kultur in unserem Land und wo muss die Politik dringend handeln? Was sagt er zu neuen basisorientierten Beteiligungsformen und zum Betreuungsgeld? In einem Interview mit der landeskirchlichen Medienagentur «medio!» hat Bischof Hein kurz vor seinem Sommerurlaub zu vielen aktuellen Fragen Stellung genommen. Er gibt Tipps für den Documenta-Besuch in Kassel und sagt Klärendes zum Verhältnis von Documenta und evangelischer Kirche. Schließlich verrät er, wie er selbst am besten entspannen kann und wohin es ihn im Urlaub zieht.

Das Interview führte medio-Redaktionsleiter Pfarrer Christian Fischer am 20. Juni 2012 in Kassel. (28.06.2012)

Lesen Sie hier das Interview im Wortlaut:

Fischer: Herr Bischof, Deutschland ist in diesen Tagen im Europameisterschaftsfieber. Sie selbst sind ein begeisterter Fußballfan. Was fasziniert die Menschen eigentlich so an diesem Spiel?

Bischof Hein: Wenn man nicht selbst Fußball spielt, sondern sich Fußball anschaut, dann ist es besonders das Erlebnis von Gemeinschaft. Das sehen wir zurzeit auf den Fanmeilen, aber auch beim «Public Viewing» in den Kirchengemeinden.

Beim Fußball als solchem fasziniert, dass man nie weiß, wie ein Spiel ausgeht, und dass man trotz aller Strategie und Taktik erfährt, wie stark im Spiel der Zufall regiert. Denn nicht jeder Pass kommt so an, wie sich ein Spieler das wünscht: Der Gegner fängt den Ball ab – oder der Ball geht ins Aus. Diese Unwägbarkeiten, die stärker sind als jede Taktik, machen den Fußball so spannend. Wenn das alles nur strategisch ablaufen würde, wäre das todlangweilig. Der Fußball lebt im Grunde von den Erfolglosigkeiten, die innerhalb eines Spieles stattfinden, und von den rasanten und gekonnten Spielzügen, die einstudiert sind.

Fischer: Der Fußball begeistert zurzeit die Menschen und lenkt so auch ab von manchem Krisenszenario. Beispiel: Finanzkrise in Europa. Viele Menschen haben Angst vor den Auswirkungen. Sie auch?

Bischof Hein: Ich habe keine unmittelbare Angst, weil ich glaube, dass sich auch das Desaster, das sich möglicherweise abzeichnet, beherrschen lässt. Angst ist immer ein schlechter Ratgeber in politischen Zusammenhängen.

Fischer: Sie sagen Desaster, was meinen Sie damit?

Bischof Hein: Ich sehe am Horizont, dass über Griechenland hinaus auch andere Länder ins Strudeln geraten und es darauf ankommt, rechtzeitig den Schutzschirm aufzuspannen. Eine nationalistische Tendenz, die sagt: «Nun lass die doch einfach alleine weiter machen», ist in einem vereinten Europa und angesichts der Exportwirtschaft Deutschlands nicht sinnvoll.

Fischer: Gibt es denn auch einen Hoffnungsstreifen am Horizont?

Bischof Hein: Schwer zu sagen. Ausschließlich die bisherigen Ausgaben einzuschränken, wird in den betroffenen Ländern kaum möglich sein. Man kann sich zu Tode sparen und am Schluss hat man nichts erreicht. Ich glaube schon, dass ein abgestimmtes europäisches Handeln dazu führen kann, die Krise zu «strecken» und dass es gelingt, Zeit zu gewinnen – und damit auch Vertrauen in den Euro. Darum geht es in erster Linie.

 

Im Wortlaut:

Lesen Sie hier das komplette medio-Sommerinterview mit Bischof Martin Hein im Wortlaut: