Vizepräsident Dr. Volker Knöppel bei der Vorstellung seines Finanzberichts. (Bildschirmfoto aus dem Livetream auf Youtube)

Vizepräsident Dr. Volker Knöppel bei der Vorstellung seines Finanzberichts. (Bildschirmfoto aus dem Livetream auf Youtube)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 25 Jan 2021

Kassel (medio). Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) ist im Vergleich zu anderen Landeskirchen bisher relativ glimpflich durch die Corona-Krise gekommen, was die Finanzlage betrifft, heißt es in einer Mitteilung der Pressestelle. So sanken die Kirchensteuereinnahmen der EKKW 2020 im Vergleich zum Vorjahr trotz der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nur um 0,29 Prozent, bilanzierte Dr. Volker Knöppel, Vizepräsident der EKKW bei der Vorstellung seines Finanzberichts während der digitalen Landessynode am Sonntag. Sein Dank galt allen Gemeindegliedern für die entrichtete Kirchensteuer angesichts der wirtschaftlich schwierigen Zeiten.«Durch den Beitrag jedes einzelnen Gemeindegliedes ist es uns überhaupt erst möglich, den Auftrag unserer Kirche und die damit verbundenen vielfältigen Aufgaben zu erfüllen.»

Auswirkungen der Krise kommen später

Finanzdezernent Knöppel vermutet jedoch, «dass uns die Auswirkungen der Corona-Pandemie finanziell mit etwas zeitlicher Verzögerung treffen werden». Denn erstmals seit 2010 seien die Einnahmen aus der Kirchenlohnsteuer im Vergleich zum Vorjahr nominal gesunken. Sie ist mit über 80 Prozent vom Gesamtaufkommen die Haupteinnahmenquelle der Landeskirche. Ursache dafür sei der coronabedingte hohe Grad an Kurzarbeit, denn die staatliche Ersatzleistung ist steuerfrei, erklärte Knöppel. Hinzu komme der Anstieg der Arbeitslosenzahlen. 

Wiederbesetzungssperre und Investitionsstopp

Weil 2020 keine Synodaltagungen stattfinden konnten, war der Rat der Landeskirche quasi als «Notgesetzgeber» gefragt. Erste Vorkehrungen zur Haushaltssicherung 2020 traf der Rat bereits im Sommer 2020, schildert der Vizepräsident. Beschlossen wurden die grundsätzliche Wiederbesetzungssperre für alle freiwerdenden Mitarbeitendenstellen von sechs Monaten sowie ein Investitionsstopp für eine Großbaumaßnahme. 

«Die Kirchensteuerschätzung 2021 der EKKW geht von einem Minus von fünf Prozent aus», so Knöppel. Dies lasse auf einen Kirchensteuerrückgang von zehn Millionen Euro im laufenden Jahr gegenüber 2019 schließen. Die Reservemittel der Kirche – sie beliefen sich im Dezember 2019 auf rund 26 Millionen Euro – werden im laufenden Jahr deutlich minimiert und 2022 womöglich aufgebraucht sein, fürchtet Knöppel. Auch für das laufende Jahr habe der Rat Haushaltssicherungsmaßnahmen beschlossen:

  • Wiederbesetzungssperre für alle freiwerdenden Mitarbeitendenstellen von sechs Monaten ohne Ausnahmen
  • Stellenvakanz von durchschnittlich mindestens 10 theologischen Stellen im Jahr 2021
  • Haushaltssperre von 10 Prozent für alle Haushaltsansätze; Ausnahme: Ausgaben, die auf Rechtsverpflichtungen beruhen
  • Reduzierung der kirchengemeindlichen Baubeihilfen um 10 Prozent
  • Grundsätzliches Moratorium für neue Projekte; Ausnahme: Vollständige Refinanzierung der Kosten für neue Projekte durch Einsparungen im landeskirchlichen Haushalt

Tarif- und Besoldungserhöhungen auf dem Prüfstand

Sollte das Jahreskirchensteueraufkommen im Vergleich zum Vorjahr um über zehn Prozent absinken, werde geprüft, die Tariferhöhungen für alle Mitarbeitenden sowie die Besoldungserhöhungen für die Kirchenbeamt*innen und Pfarrer*innen und Versorgungsempfänger*innen auszusetzen. «Künftig müssen wir lernen, noch sorgsamer mit den Ressourcen umzugehen und den Mitteleinsatz stärker zu priorisieren», appellierte Köppel und ergänzte: «Ich bin sehr davon überzeugt, dass uns ein lebendiges kirchliches Leben auch unter diesen Rahmenbedingungen gelingt.»

Neue Finanzverfassung stärkt Eigenverantwortung

Nicht nur die aktuelle Finanzsituation stand auf der Tagesordnung der Synode, auch das Kirchengesetz über die Finanzverfassung der EKKW wurde vorgestellt. Es nimmt die finanzielle Ausstattung der Kirchgengemeinden und -kreise in den Blick. Bislang wurden diese überwiegend mit zweckgebundenen Budgets ausgestattet, die auf verschiedenen Kriterien (Gemeindegliederzahlen, Anzahl Gemeindepfarrstellen und Hauptgottesdienste im Monat, Personalstellen, kirchliche Gebäude) basierten. Künftig gibt es einen einheitlichen Grundbetrag für die Kirchengemeinden. Die Trennung zwischen dem gemeindlichen und landeskirchlichen Teil des Haushalts soll ab 2022 aufgelöst werden. Die Kirchenkreise erhalten rund 12 Millionen Bauunterhaltungsmittel statt bisher 6,3 Millionen Euro. 

Das neue Finanzzuweisungsgesetz setzt auf transparente Mittelverteilung sowie auf Freiheit und Flexibilität bei der Mittelverwendung, heißt es in der Gesetzesvorlage. Es soll die Eigenverantwortung stärken und Verwaltungsverfahren verschlanken. Dass die mit dem neuen Gesetz verbundenen Freiheiten auch deutlich mehr Verantwortung fordern, bemerkten Mitglieder der Landessynode während der Diskussion. Das Meinungsbild ergab: Eine deutliche Mehrheit votierte für das Gesetz. Auf dieser Grundlage wird nun der Rat der Landeskirche eine gesetzesvertretende Verordnung erlassen. (31.01.2021)
 

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Lesen Sie hier den Finanzbericht von Vizepräsident Dr. Knöppel im Wortlaut:

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