Segneten die Gottesdienstbesucher im Gottesdienst zum 100-jährigen Bestehen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.: Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck (l.) und Bischof Prof. Dr. Martin Hein (r.). (Foto: medio.tv/Schauderna)

Segneten die Gottesdienstbesucher im Gottesdienst zum 100-jährigen Bestehen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.: Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck (l.) und Bischof Prof. Dr. Martin Hein (r.). (Foto: medio.tv/Schauderna)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 24 Jun 2019

Mit einem multireligiösen Friedensgottesdienst in der Kasseler Martinskirche endeten die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.. Zuvor hatte der Volksbund zu einer Woche der Begegnung mit zahlreichen Veranstaltungen in Kassel eingeladen. An dem Gottesdienst am 23.06. nahm auch der Schirmherr des Volksbundes, Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier, teil. Gestaltet wurde die multireligiöse Feier vom Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck, Katholischer Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr und Bischof von Essen, Imam Shaban Memeti, Imam des Islamisch-Albanischen Kulturzentrums in Kassel, und Esther Haß, Stellv. Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Kassel, teilte der Volksbund mit.

«Gottes Wille ist es nicht, dass wir Kriege führen» 

Die Predigt von Bischof Prof. Dr. Martin Hein stellte die Frage, welche die Menschen wohl schon kurz nach dem Ersten Weltkrieg dazu bewogen haben, den Volksbund zu gründen: «Hätten wir aus diesem Geschehen nicht lernen müssen? Doch es kam anders – noch schlimmer, noch heftiger, noch sinnloser. Als hätte ein Weltkrieg nicht ausgereicht, uns zur Vernunft zu bringen.» Hein machte deutlich, dass es nicht Gottes Wille sei, dass wir Menschen Kriege führten. «Wir haben uns sehr selbstkritisch und ehrlich zu fragen, was wir konkret dazu beitragen, dass ein umfassender Frieden verhindert wird. Das bedeutet politisch: Wie ist das mit den deutschen Rüstungsexporten? Eine schwierige Frage – gerade in Kassel. Wir kommen um die Antwort angesichts der Kriegstoten in der Welt nicht herum!», so der Bischof weiter.

Damit legte Hein einen Fingerzeig auf die aktuellen Krisen und Kriege unser Tage und verband ihn mit dem abschließenden Wunsch: «Beten wir darum noch inständiger zu Gott für alle, die politische Verantwortung über Krieg und Frieden tragen, beten wir für diejenigen, über deren Schicksal entschieden wird, für alle, die in Angst und Sorge um ihr Leben sind – und beten wir für uns selbst, dass Gott uns zu «Friedensstiftern» macht. Seien wir gewiss: Gott hört uns! Gerechtigkeit und Frieden werden sich küssen!» 

«Eine instrumentalisierte Religion ist keine Religion mehr»

Der Kasseler Imam Shaban Memeti betonte den Wunsch der Menschen nach einem friedlichen und gerechten Leben. Sie sollten sich nicht von  finsteren oder menschenverachtenden Ideologien beeinflussen lassen sollten: «Ich meine damit auch diejenigen, die Religion instrumentalisieren, um politische Ziele zu erzwingen. Aber eine instrumentalisierte Religion ist keine Religion mehr, sie ist nur eine finstere Ideologie wie andere finstere extreme Ideologien, die nur Zerstörung, Verbrechen und Hass zwischen den Menschen bringen und diese dürfen auf keinen Fall das Prädikat Islam, Christentum, Judentum oder anderer Religionen tragen.»

«Schalom heißt mehr als Frieden»

Auch Esther Haß von der jüdischen Gemeinde Kassel sprach vom Frieden (Schalom), der im Jüdischen eine umfangreiche und vielschichtige Bedeutung habe: «Schalom als Begriff darf nicht nur als die Abwesenheit oder als Gegensatz von Krieg verstanden werden; eher als eine lebensfördernde «Geordnetheit» der Welt. Und das gilt im politischen, rechtlichen, kultischen, sozialen und kreatürlichen Kontext. So steht Schalom - Frieden in der Begriffshierarchie höher als Wahrheit.» Doch Schalom komme nicht von selbst, man müsse sich aktiv um ihn bemühen. Denn Schalom beinhaltete auch Zufriedenheit und den Weg dorthin.

«Es geht um Versöhnung»

Der katholische Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck berichtete dann über die Bedeutung persönlicher Trauerorte, also von Gräbern, insbesondere von Kriegsgräbern: «Es geht um Versöhnung und um Frieden, oftmals aber auch um ein Aushalten dessen, was nicht mehr in Worte zu fassen ist und stumm macht. Auch die Verzweiflung gehört an Gräber, auch der Schrei nach dem «Warum» eines Sterbens und Todes. Erst recht gilt das an den Kriegsgräbern.» Zugleich seien auch Kriegsgräber auf gewissse Weise auch «Orte der Hoffnung und Sehnsucht, damit aber auch ein Ort, der den Blick nicht nur auf die Vergangenheit und die Gegenwart, sondern auch auf eine hoffnungsvolle Zukunft richtet. Der Name für diese Zukunft ist für uns Frieden.» 

Zum Abschluss des Gottesdienstes erninnerten die Beteiligten mit seinem Eintrag ins Kondolenzbuch an das menschliche Wirken des Kasseler Regierungspräsidenten, Dr. Walter Lübcke. Die Trauerfeier für den ermordeten Politiker hatte erst vor wenigen Tagen am selben Ort stattgefunden. (24.06.2019)

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Lesen Sie hier die Predigt von Bischof Martin Hein im Wortlaut:

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