Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 28 Mär 2014

Präses Kirchenrat Rudolf Schulze stellte sich den Fragen von Radioredakteur Torsten Scheuermann am 28.03.2014 in Kassel.

Scheuermann:
Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck setzt jetzt ein Klimaschutzkonzept um. Das ist schon länger vorgestellt worden, wird aber jetzt umgesetzt. Was bedeutet das für die Kirchengemeinden?

Präses Kirchenrat Schulze:
Unsere Kirchengemeinden engagieren sich ja seit vielen Jahren für die Bewahrung der Schöpfung. Deshalb wollen wir jetzt in der Landessynode ein Klimaschutzkonzept beschließen, das auf allen kirchlichen Ebenen vorsieht, den CO2-Ausstoß angesichts des dramatischen Klimawandels zu reduzieren. Für die einzelne Kirchengemeinde wird sich dies besonders im baulichen Bereich niederschlagen. Es geht darum, die Gebäude, die eine Kirchengemeinde unterhält, energetisch zu verbessern, so dass der Energieverbrauch signifikant sinkt. Das wird natürlich auch mit erheblichen Investitionen in den nächsten Jahren zusammen hängen. Deshalb können wir das nur als langfristige Aufgabe betrachten. Wir streben eine Renovierungsquote an, die in den nächsten Jahren eingehalten werden soll, durch die eine deutliche Verbesserung der energetischen Versorgung eintritt.

Scheuermann:
Ebenfalls auf der Synode wurde ein Leitfaden zur Inklusion vorgestellt. Wie stellt sich die Kirche dem Thema Inklusion?

Präses Kirchenrat Schulze:
Das Thema Inklusion ist unser ureigenstes Thema. Das ist biblisch gut begründet. In der Schöpfungsgeschichte wird uns gesagt: der Mensch ist ein Ebenbild Gottes. Und zwar jeder Mensch, mit seinen Stärken, Schwächen, mit seinen möglichen Beeinträchtigungen, ist in ein geliebtes Geschöpf Gottes. Als solches Geschöpf Gottes haben wir ihn ernst zu nehmen, unabhängig von seiner Leistungsfähigkeit, Gesundheit, seinem Erscheinungsbild usw. Deshalb müssen wir alles tun, um die gesellschaftlichen Hindernisse, die Menschen mit Behinderungen entgegen wirken, zu verringern oder zu vermeiden. Da ist jede einzelne Kirchengemeinde gefordert. Deshalb haben wir einen Leitfaden und eine Entschließung zur Inklusion verabschiedet, in der wir uns selbst verpflichten und in den Mittelpunkt die Frage rücken: was können wir denn selber tun? Da geht es zum Beispiel auch um die Frage, wie wir unsere Gebäude barrierefreier gestalten. Da sind Investitionen gefragt, damit Rollstuhlfahrer die Gebäude gut erreichen können. Aber wir sind natürlich auch gefragt im Bereich unserer diakonischen Einrichtungen. Wie können Menschen, die beeinträchtigt sind, weil sie Menschen mit Behinderungen sind oder weil sie aufgrund ihres hohen Alters Schwächen haben, trotzdem am Gemeinschaftsleben teilhaben? In erster Linie geht es bei der Frage der Inklusion um eine Bewusstseinsveränderung. Es gilt ernst zu nehmen, dass jeder Mensch mit seiner Unterschiedlichkeit zur Gemeinschaft gehört und nicht als ein Besonderer betrachtet wird, der von außen her erst in die Gemeinschaft integriert werden müsste. Nein, die Vielfalt der Unterschiedlichen ist der Normalfall.

Scheuermann:
Welches Thema der Frühjahrssynode hat Ihrer Meinung nach die größte Brisanz?

Präses Kirchenrat Schulze:
Ich weiß nicht, ob es die größte Brisanz hat, aber den größten Neuigkeitswert für die Synodalen hatte die neue Tendenz des Personalberichts der Prälatin, weil hier im Prinzip zwei neue Fragen aufgetaucht sind. Zum einen nämlich, ob wir die Reduzierung der Pfarrstellen weiterhin so voran treiben wie wir es uns angesichts der finanziellen Rahmenbedingungen und der demografischen Entwicklung vorgenommen hatten? Oder führt das nicht am Ende dazu, dass wir die Pfarrstellen so ausdünnen, das die entscheidenden Schlüsselpersonen für das kirchliche Leben, und das sind nun mal unsere Pfarrerinnen und Pfarrer, fehlen und wir dadurch den Menschen in unseren Gemeinden nicht mehr gerecht werden können. Und die andere Frage, die uns gegenwärtig Sorgen macht, das ist die Frage der Nachwuchsgewinnung. Wir haben eine doch bedeutende Verminderung der Theologiestudierenden, so dass wir große Sorgen haben, ob wir in 20 Jahren überhaupt noch genügen Pfarrerinnen und Pfarrer haben werden, weil im Moment zu wenig Nachwuchs an den Universitäten ist.

Scheuermann:
Was folgt daraus für Sie?

Präses Kirchenrat Schulze:
Wir müssen unbedingt für das Theologiestudium werben. Aber noch entscheidender ist, dass wir den Beruf der Pfarrerin oder des Pfarrers attraktiv gestalten. Wenn Leute wissen, dass sie sich auf einen schönen Beruf mit attraktiven Konditionen freuen können, dann sind sie auch bereit, das lange Studium auf sich zu nehmen. Das hat aber zur Folge, dass wir gegenüber der heutigen Praxis Pfarrer und Pfarrerinnen von nicht originären Aufgaben des Pfarramtes entlasten, so dass man sie stärker einsetzen kann mit ihren spezifisch seelsorgerlichen und theologischen Qualitäten. Auch das steigert die Attraktivität dieses Dienstes.

Scheuermann:
Vielen Dank für das Gespräch.

(28.03.2014)